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Sind wir schon bereit für Neues?

Über Nachhaltigkeit in der Kultur // 10. November 2021

Seit ein paar Wochen pflegen meine Frau und ich ein Ritual, dem wir bisher nur im Urlaub Raum gaben: Wir beginnen jeden Tag damit, dass wir zusammen im Bett eine Kanne Kaffee trinken und über alles sprechen, was uns aus der Nacht in den Sinn kommt. Wir genießen diese wie geschenkte halbe Stunde sehr – kleine Inseln der Reflexion oder auch für Albernheiten. Manchmal geben sie mir das Gefühl, die Zeit verlangsamen zu können.

Torsten Krug - Foto: Andreas Fischer
Torsten Krug - Foto: Andreas Fischer

Ich wähle diesen persönlichen Einstieg, weil ich mich frage, ob nur ich mich nach einer Art kollektiven Sabbatjahrs sehne. Thomas Ostermeier, Leiter der Schaubühne in Berlin, hatte zu Beginn des zweiten Lockdowns im November letzten Jahres vorgeschlagen, wir sollten alle Theater schließen und dafür den Sommer zu einem Theaterfest machen. Möglicherweise hatte er recht. Stattdessen haben wir alle gehofft und verschoben, renoviert und verschoben, gestreamt und verschoben. Mit einem Sabbatjahr, einem „Reset“, wie ich es mir gelegentlich erträume, hatte das nichts zu tun, im Gegenteil: Viele (nicht nur) in unserer Branche scheinen ausgelaugt, müde. Bei aller Wucht, mit der das Kulturleben im Augenblick – trotz identischer, gar höherer Infektionszahlen als im letzten Winter – wieder hochgefahren wird, fehlen mir Kraft und Freiräume für ein neues Denken, eine angemessene Reaktion auf unsere erstaunliche Zeit und unser aller Zukunftsperspektive.

Die Maschine läuft auf Hochtouren. Ein Feuerwerk an Veranstaltungen wird nachholend abgefeuert und ringt um Aufmerksamkeit. Möglicherweise müssen wir da erst einmal durch. – Und, verstehen Sie mich nicht falsch: Natürlich ist es ein Segen, wieder Kultur veranstalten und erleben zu dürfen! In besagtem Winter 2020/21 hat sich in Berlin der Verein „Weiterspielen productions“ gegründet. Er vermittelt „Neuproduktionen im Sinne der Nachhaltigkeit“: Theaterabende, die an ihren renommierten Premierenhäusern alles erreicht haben und „abgespielt“ sind, werden zu mobilen Varianten umgearbeitet und in Originalbesetzung auf Reisen geschickt, oftmals mit nur „gesprochenem Bühnenbild“. Re- und Upcycling von Theaterereignissen! Einerseits rührt mich dieser Gedanke. Kenne ich doch selbst das Gefühl von Vergänglichkeit, das jede Theaterarbeit grundiert. Andererseits stimmt er mich nachdenklich. Ist doch die Vergänglichkeit unser aller Stachel, der uns anspornt, wenn er uns nicht den Atem raubt, der uns Sinn gibt, wenn er uns nicht verzweifeln lässt.

Das Digitale, das uns durch die Pandemiezeiten bringt und uns sicher auch manchen Innovationsschub beschert, mag die Lust nach (digitaler) Ewigkeit geweckt haben, dem Sprung ins große Archiv. Ideelle Nachhaltigkeit von Kultur bedeutet für mich jedoch gerade nicht ewige Verfügbarkeit, sondern ein Ereignis, das sich eingräbt, mir etwas gibt, was ich in die Nacht mitnehme und am Morgen möglicherweise weiterdenken möchte.

Doch vielleicht ist das alles zu hoch gegriffen. – Knapp 14 Millionen Menschen haben sich vergangenen Samstag vor dem Fernseher versammelt, um an einem Recycling der Show „Wetten, dass …?“ teilzuhaben, in Originalbesetzung. 14 Millionen! Das sind fast so viele wie Impfverweigerer in Deutschland. Gelobt wurde in den meisten Kritiken, dass es genauso war wie früher. Lediglich die Altherren-Sprüche fielen wohl erstmalig auf. Wir suchen nach Vertrautem. Vielleicht sind wir alle noch nicht so weit.

Anregungen und Kritik: kolumne@fnwk.de

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