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Ja, warum eigentlich Wuppertal?

Mehr als vom Können kommt die Kunst vom Fragen // 10. Mai 2023

Heute früh war vor dem Fenster wieder die Hölle los, so sagen die einen; die anderen meinen, es sei der Himmel auf Erden: Der alte Apfelbaum steht in Vollblüte und war einige trockene Stunden lang von sich laut grölend die Hucke vollsaufenden Hummeln aller Art umschwärmt, während unter ihm die Koboldhorden aus der nahen Grundschule das Leben eroberten und gleich daneben auf den Steinbecker Gütergleisen das Rangieren schwerster Waggonketten geübt wurde. Das ganze Szenario bebte zwischen Chaos und Biedermeier, während ich in einem hauptstädtischen Zeitungsartikel über die Thrillerserie „Zwei Seiten des Abgrunds“ die passende Zeile las: „Bleibt die Frage: Warum Wuppertal?“

Max Christian Graeff - Foto: C. Paravicini
Max Christian Graeff - Foto: C. Paravicini

Während die einen nie in die Verlegenheit kommen, sich diese symbolische Frage zu stellen, hätten andere durchaus Möglichkeiten, sich den Polaritäten unseres heimischen Großlaboratoriums zu entziehen und Lebensorte zu wählen, in denen man die großen Lebensfragen nicht an goldene Holzkisten verschwendet. Die meisten von ihnen bleiben trotzdem hier – oder gerade deshalb, weil der Abgrund eben viele Seiten hat. Der täglich überreich gemästeten Gewissheit, dass unser modernes Dasein wider besseres Wissen weitgehend gegen Fortschritte von Vernunft und Menschlichkeit agiert, steht in dieser Stadt eine außerordentlich differenzierte Kultur des Hinterfragens gegenüber, die zwar Probleme kaum konkret lösen kann, dabei jedoch die Hoffnung nährt, ohne die – in aller Verschiedenheit – niemand leben kann. Auf den Logenplätzen der Begeisterungsevents ist diese freilich weniger zu finden, denn dort verkauft man in der Regel Bestätigung für jene, die sich ihres Lebens sicher sind. Es sind die Orte am Rande des Konsums, an denen sich das Publikum mit so unlösbaren wie weiterführenden Fragen im Momentum der Kunst zu einer flüchtigen Gemeinschaft der Hoffenden zusammenfindet: Clubs, Galerien, Schulen, Theater, Vereine – zu viele wären hier zu nennen; Sie alle kennen diese Orte, auch wenn sie meistens nicht hingehen, und ihr Nutzen für das, was altmodisch „Gemeinwohl“ heißt, ist unschätzbar groß. In ihnen werden ohne Parolen, Versprechungen und Antworten, sondern durch Diskurse, Partizipation und ergebnisoffenes Denken die Bedingungen unseres längst nicht mehr ungefährdeten demokratischen Zusammenlebens ausgehandelt. Diese Orte der ruhelosen Ungewissheit sind die eigentlichen Reaktoren unserer Laborstadt und das Gegengewicht zum galoppierenden Irrsinn aus Verblödung, Hass und Eigennutz, der den quantitativ überwiegenden Teil der Konsumkultur ausmacht.

Kürzlich war ich als Schreiber auf einem Festival in ferner Idylle: Das üppige Programm bestand aus außerordentlichen Konzerten, aus aller Welt ins feiernde Dorf eingeladen. Ich erfuhr, dass der gesamte Kulturetat aus Lotteriegeldern kommt, die ganze Verhandlungsmasse von Kunst und Kultur auf dem Glücksspiel basiert. Was dort im riskanten Balanceakt des Überflusses funktioniert, können wir uns hier nicht leisten: Die Förderung der Kunst, von Fortschritt, Bildung, Wohlstand und einem wandelbaren Begriff von Menschlichkeit ist gerade im unberechenbaren globalen Krisenszenario ein Fundament für das Funktionieren unserer Stadt. Es ist instabil, unbequem und wird von vielen Interessen aufs Spiel gesetzt. Aber wir können noch auf ihm leben und können, nein: müssen uns täglich fragen, warum. Auch darum Wuppertal: Seitlich des Abgrunds wird hier am Dilemma gearbeitet, dass die Schwarte kracht. Es rumpelt, schreit und summt, denn nur Fragen verändern die Welt.

Anregeungen und Kritik unter: kolumne@fnwk.de

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