Gemeinsam erleben und weiter weben Über kreative Funken in der Stadt // 31. Mai 2023 Von Uta Atzpodien „Von Böden, die klingen und Pflanzen, die tanzen“ oder gar „Zellgeflüster“: Eigentümlich lebendig und anregend klingen die Buchtitel der Biologin und Autorin Florianne Köchlin, die Gartenaktivist Michael Felstau zur #Krautschau unseres Insel Kulturgartens brachte, am letzten Freitag auf den Platz hinter dem Café Ada. Hier erforschten wir die Stadtnatur: Mit der Flora Incognita-App auf dem Smartphone entdeckte Regisseur Roland Brus die „Hängepolster Glockenblume“. Schon mal gesehen und auch erkannt? Schillernd entsteht ein Mitwelt-Wissen, das vielen von uns abhanden gekommen scheint. Es ist, als ob das „Zellgeflüster“ der Pflanzen auch unseren Austausch beflügeln kann. Kommunikation und sinnliche Präsenz machen vielseitige Kunst- und Kultur-Aktionen erfahrbar: In der fabelhaften Sound-of-the-City-Reihe „Animal Life“ geschah dies in den letzten Tagen an verschiedenen Orten der Stadt. Das sinnlich erfahrbare Tier-Mensch-Zusammenspiel regte poetisch mit Musik und interdisziplinär unsere Wahrnehmung füreinander an: Vor dem Abschieds-Abflug-Tanz in den Zoosälen faszinierten beim Schwarm-Konzert Projektionen von Gregor Eisenmann, die von der Tierwelt inspiriert waren. Uta Atzpodien - Foto: Ralf Silberkuhl Das neu aufblühende Miteinander verwurzelt und webt sich seit vielen Jahren: Torsten Krug hat bereits letzte Woche verliebt-euphorisch vom börsen-Jubiläum erzählt, von der so inspirierenden Dickicht-Performance vor dem Loch und vom farbenreichen Tanzspektakel unter der Schwebebahn in Sonnborn. Als Fortsetzung zeugten auch die Wundertal-Dancer Days vom Geschick des Tanztheater-Leiters Boris Chamatz, über Community-Arbeit Menschen zum Mittanzen zu begeistern. Derzeit flackern so viele weitere kreativ-gemeinschaftliche Funken: Seien es die kürzlich neu eröffnete Galerie Kunstkomplex oder auch der Ölberg Hub, beides in der Marienstraße, die OAA-Performance „Still Stehen“ von Piet Biniek auf dem Laurentiusplatz oder auch die entstehenden Wiesenwerke in der Wiesenstraße. Immer neue kreative Inseln gesellen sich zu den so vielfältigen Projekten: Alle sie geben als pulsierend-menschelnde Akupunktur der Stadtentwicklung einen frischen Puls. Dass das auch der Buga31 gut tun wird, wissen nicht nur Kunstschaffende, sondern auch Stadtmacher und Unternehmerinnen. Mit Mut für weitere Experimente: Kunst und Kultur sind elementar für eine ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeitsstrategie unserer Stadt. Genau diese Potentiale vielseitig zu erleben und über sie zu debattieren, dazu laden im Osten der Stadt der „Tag des Guten Lebens“ am kommenden Sonntag und die Interventionale Eins ein, der verheißungsvolle Kongress zur Performativen Kunst im öffentlichen Raum, am 19. und 20. Juni in der Färberei. „Hört uns zu!“ heißt der Dokumentarfilm Mirza Odabasis zum Anschlag in Solingen und zeigt uns dieser Tage eindringlich, was im Weben eines zukunftsfähigen Miteinander nicht fehlen darf und wie wichtig forschendes Gedenken und Zuhören für eine lebendige Kultur sind: „Diese Reise ist lange nicht zu Ende“, so erinnert Odabasis an die im letzten Jahr verstorbene Mevlüde Genç, an ihre berührenden Gesten der Vergebung und Menschlichkeit. Im Zentrum für Verfolgte Künste ruft jetzt „Solingen ’93 - Unutturmayacağız! Niemals vergessen!“ auf, sich mit eigens für die Ausstellung geschaffenen Porträts der Künstlerin Sandra del Pilar an die fünf ermordeten Menschen der Familie Genç zu erinnern. Denn auch der Zugang zur Trauer macht das nachhaltige Potential unserer so notwendigen Kunst- und Kulturinseln aus. Ideen, Feedback gerne an: kolumne@fnwk.de vorheriger Artikel So tanz‘ ich schon seit tausend Jahr 2333