Kulturelle Demokratie - Musik als Mittel zum sozialen Wandel 22. Mai 2024 Von Charlotte Daun „It’s about coming and having a lovely time”, schrieb Stella Duffy, eine britische Theatermacherin, über eines ihrer Community Arts-Projekte. Dasselbe gilt für „Community Soundscape”, mein Musik-Projekt, das noch bis Mitte Juni in der Citykirche Elberfeld stattfindet. Die Idee dahinter ist jedoch viel größer: Es geht um kulturelle Demokratie. Das bedeutet, Teilhabe an künstlerisch-kreativen Prozessen zu ermöglichen, und zwar unabhängig von Vorwissen, Herkunft und Kontostand. Ich bin überzeugt, dass Projekte aus dem Community Arts-Bereich das Potenzial haben, einen positiven gesellschaftlichen Wandel herbeizuführen. Charlotte Daun – Foto: Jürgen Steiner Auf den ersten Blick wirken die Mittel dafür vielleicht etwas reduziert: Bodypercussion und die eigene Stimme, Glockenspiele und Klanghölzer, ein paar Gitarren und Trommeln. Und das, was die Teilnehmenden mitbringen: hier eine Trompete, dort eine Geige. Wie soll das schon die Welt verbessern? Doch wer in die einzelnen Sessions hereinzoomt, sieht, dass es um Respekt und Wertschätzung geht, um Sichtbarkeit und Selbstwirksamkeit, um Zuhören und Selbersprechen – alles hohe demokratische Ideale. Und um Musik geht es natürlich auch. Musik als Ausdrucksform und Musik als Mittel, um miteinander in Kontakt zu kommen. Hier und da leite ich mal ein Lied an, doch die meiste Musik entsteht im gemeinschaftlichen Prozess. Das ist zugegebenermaßen zwischendurch ziemlich chaotisch – aber am Ende verlassen alle mit einem großen Lächeln den Raum. Die Runde der Teilnehmenden besteht sowohl aus Menschen mit musikalischer Ausbildung als auch aus solchen, die sich noch nie vorher an ein Instrument gewagt haben. Und beides ist wertvoll. Menschen ohne Musik-Erfahrung kommen vielleicht gerade, weil sie noch keine musikalische Ausbildung haben, auf Ideen, auf die andere nicht kommen würden. Es geht ausnahmsweise mal nicht um Leistung und Bewertung. Aber ist das Kunst? Es kommt darauf an. Nehmen wir einen Kunstbegriff an, der das Kunstwerk als intentional geschaffenes Werk begreift, dann ja. So ändert sich auch die Rolle der Kunstschaffenden; jede Person, die an dem Prozess teilhat, wird zum Künstler beziehungsweise zur Künstlerin. In anderen Bereichen ist uns das oft völlig klar: Wenn ich Abendessen koche, bin ich die Köchin. Und wenn ich einen Marathon laufe, bin ich die Läuferin. In beiden Fällen ist klar, dass es sich um Fragen des „Tuns“ und nicht um solche des „Seins“ handelt. Nur bei Kunst haben wir oft einen Knoten im Kopf. Bei „Community Soundscape“ zählt, dass ich teilen kann, was ich mit auf meinen Weg bekommen habe und woran ich glaube: Die Freude an kreativen musikalischen Prozessen. „Community Soundscape“ ist ein Projekt, in dem ich diesen Weg ausprobiere und in dem ich meine persönliche Einstellung zu Musik, meinen Wunsch, mehr Liebe und Wertschätzung in die Welt zu bringen und mein lange anstudiertes Know-how umsetzen kann. „Community Soundscape“ ist Teil des Kulturcampus der Bergischen Universität, der mich mit seiner Struktur unterstützt. Die Citykirche Elberfeld stellt mir ihre Räumlichkeiten zur Verfügung. Das Kulturbüro der Stadt Wuppertal unterstützt das Projekt mit einer Kleinförderung, um die Produktionskosten zu decken. Das ist sehr wertvoll, auch wenn meine eigene Arbeit noch ehrenamtlich läuft. Wer möchte, kann gerne noch bis zum 11. Juni dienstags um 17 Uhr in der Citykirche vorbeikommen. Feedback: kolumne@fnwk.de vorheriger Artikel Was bleibt nächster Artikel Was erwarten Sie von der Kunst? 352