Die Kunst des Reisens besteht aus herzlichen kleinen Spontantreffen Von Tine Lowisch Was würden Sie tun, wenn eine international gefeierte Tanzkompagnie aus Taiwan, die sie im vergangenen Jahr erst kennengelernt haben, sich bei Ihnen meldet, mit dem Wunsch innerhalb der nächsten Stunden mal eben kurz Wuppertal zu besuchen? Der Starchoreograf Huang Yi, der Mann, der auf der ganzen Welt mit seinem Roboter KUKA tanzt und sein Team kamen zu uns, weil er lieber auf den Spuren seines Idols Pina Bausch wandeln wollte, als sich die Landeshauptstadt, in der er am Abend einen Auftritt hatte, anzusehen. Eine unserer leichtesten Übungen. Christian Koch, Projektgeschäftsführer des Pina-Bausch-Zentrums, ermöglichte dem Reisetross um Starchoreograph Huang Yi Einblicke in das Wuppertaler Schauspielhaus. Foto: Ralf Silberkuhl Mit fordernden Ausgangslagen haben wir mittlerweile Erfahrung: Wir, wie so oft ohne Budget jetzt aber auch noch ohne Schwebebahn hatten unsere liebe Not in so kurzer Zeit ein passendes Programm zusammenzustellen. Die Tänzer waren mit einem extrem knappen Zeitfenster von nur drei Stunden vor Ort, da sie am Nachmittag zurück in Düsseldorf sein wollten, um abends an dem Festival Hi- Robot im Tanzhaus NRW teilzunehmen. Die Planungsphase für uns, eine maßgeschneiderte Tour auszuarbeiten: kurz. Die Lösung: eine dreistündige Städterundfahrt der besonderen Art. Unser Freund Christian Koch, der Projektgeschäftsführer des Pina-Bausch-Zentrums, ermöglichte einen spektakulär kurzfristig anberaumten, exklusiven Besuch im Wuppertaler Schauspielhaus. Danach ging es per Schwebebahnersatzverkehr über Vohwinkel mit dem elektroangetriebenen O-Bus nach Solingen-Gräfrath, um am Central das Café Müller im Original zu besichtigen. Pina Bausch wuchs dort auf. 1978 entwarf sie, inspiriert von diesem Café das gleichnamige, weltbekannte Tanzstück Café Müller. Die von uns kurzerhand als Sehenswürdigkeit eingestufte Brachfläche in direkter Nachbarschaft, auf der einst Pina Bauschs Geburtshaus stand, betrachtete man gemeinsam sehr nachdenklich. Auf dem Rückweg ging es am 5-Nischenprojekt entlang zur Kunststation im Bahnhof Vohwinkel. So konnten wir unseren Besuchern den Second-Hand-Laden in der Schalterhalle zeigen, in dem Pina Bausch, die Requisiten für ihre ersten Tanzstücke fand. Die Besuchergruppe aus Taiwan war restlos begeistert von dieser Tour und versprach recht bald wiederzukommen. Hätten wir nur eine Stunde mehr gehabt, wir wären mit unserem ÖPNV-Tagesticket noch zu unserem grünen Zoo gefahren. Um Luft zu holen. Und um Pina, das sechs Jahre alte Elefantenmädchen zu besuchen. Alternatives Stadtmarketing in Übergangszeiten…mit hoch zufriedenen Gästen. Denn tatsächlich ist es für jeden Besucher in einer fremden Stadt immer wieder das schönste und beste Erlebnis, sich nicht als Tourist zu fühlen und in Kontakt mit den Menschen vor Ort zu kommen. Und mit diesen echten Menschen dann ungeschminkte Erlebnisse zu teilen, die nicht im Reiseführer stehen. By the way: Eine überraschende Episode ergab sich, als just in dem Moment, als das Schauspielhaus für uns aufgeschlossen wurde ein wirklich sehr gut aussehender junger Mann aus Manchester mit Aufsehen erregender, analoger Kamera in der Hand unsere Herzen öffnete. Er war, um die Premiere des Pina Bausch Stücks Arien am Donnerstag im Opernhaus zu erleben nach Wuppertal gereist und nun sehr glücklich diesen zufälligen Einblick ins Schauspielhaus zu erhalten. Am Abend schaute sich dieses, wie meine Tochter bemerkte, top gebuchte, englische Male Model mit uns zusammen das fantastisch poetische, digital unterstützte Tanzstück Huang Yi & KUKA in Düsseldorf an. Dafür dürfen wir ihn jetzt jederzeit in seiner Stadt besuchen, auch spontan - als Familie. Im Anschluss. vorheriger Artikel Künstler arbeiten mit Vergnügen lebenslänglich 5557 Weitere Informationen WZ KolumneDiese Kolumne in der Westdeutschen 'Zeitung