Die Zukunft Wuppertals gestalten 11. August 2021 Von Bettina Paust Was genau ist eigentlich ein Kulturbüro? Formal betrachtet ist das Kulturbüro eine Verwaltungseinheit im Kulturressort der Stadt, ein Bereich innerhalb der Stadtverwaltung mit einem breiten Aufgabenfeld. In Wuppertal ist das Kulturbüro Anlaufstelle, Förderer, Vernetzer und Veranstalter sowie Think Tank für die Freie Kulturszene. Bettina Paust - Foto: © privat Während eine Kulturinstitution, wie z. B. das Von der Heydt-Museum oder die Wuppertaler Bühnen, einen klar umrissenen, spartenbezogenen Auftrag und feste Strukturen hat, ist der freie Kultursektor deutlich vielfältiger aufgestellt. Er ist ein großes Gebilde aus freischaffenden Künstlerinnen und Künstler, aus privaten Kultureinrichtungen und Vereinen, die nicht auf eine Sparte begrenzt sind. Das bedeutet, dass sich das weite Spektrum der Künste in der Freien Szene widerspiegelt: Es gibt Theater, Musik, Bildende Kunst, Tanz, Performance, Literatur, Design ... Daher ist es nicht überraschend, dass auch die Bedeutung der Freien Szene vielseitig ist. Neben der künstlerischen ist es auch besonders die gesellschaftliche Relevanz, die für die Gegenwart und für die Zukunftsgestaltung Wuppertals von eminenter Bedeutung sind. Dabei hat sich die Freie Szene als besonders krisenstark bewiesen. Vor allem in den vergangenen eineinhalb Jahren, also während der Corona-Pandemie, hat sie sich mit starken Ideen behaupten können – und das, obwohl die meisten Künstlerinnen und Künstler von den Lockdown-Regelungen wie Auftritts- und Ausstellungsbeschränkungen besonders hart betroffen waren. Am Anfang der Corona-Krise hat die Politik systemrelevante Gruppen ausgerufen. Die Künstlerinnen und Künstler sowie die Kultureinrichtungen gehörten jedoch nicht dazu. Dabei wird schon seit den 1970er Jahren Kulturpolitik als Gesellschaftspolitik verstanden, begründet in dem Verständnis, dass Kunst und Kultur für das Gelingen und die Fortentwicklung gesellschaftlichen Zusammenlebens unverzichtbar sind. Keine Gesellschaft sollte daher heute mehr behaupten, Kunst und Kultur seien nicht systemrelevant. In besonderem Maße gilt die Systemrelevanz für die Aktivitäten der Freien Szene und damit auch für den freien Kultursektor in Wuppertal. Denn durch seine Angebote und Aktivitäten werden breite Bevölkerungsschichten erreicht und gesellschaftlich relevante Themen und Fragestellungen aufgegriffen: Fragestellungen, die das Leben und Zusammenleben betreffen – in einem Land, einer Stadt, einem Viertel. Und das nicht beschränkt auf die Gegenwart. Wenn wir also von der Freien Szene in Wuppertal sprechen, so reden wir von einer künstlerischen Dynamik, die in ihrer Gesamtheit ein zentrales Pfund für die Stadt darstellt: Ganz oben steht das humanistisch geprägte gesellschaftliche Miteinander. Gleichfalls fördert sie durch vielfältige Aktivitäten das kulturelle Alleinstellungsmerkmal der Stadt. Davon profitiert auf lange Sicht auch die Wirtschaft. Denn die kulturelle Attraktivität einer Stadt hat Auswirkungen auf ihre Wahrnehmung nach Außen – und natürlich auch auf das Selbstverständnis einer Stadtgesellschaft. Kurzum: Die Freie Szene sollte auf der Agenda der Bevölkerung und der Politik ganz oben stehen, dies auch mit einem langfristigen Blick auf die Zukunft der Stadt. Daraus ist für das Kulturbüro ganz klar abzuleiten, dass es neben der Aufgabe des Verwaltens von Kultur unbedingt den Faktor des Gestaltens und Impulsgebens zu stärken gilt. Denn: Kunst und Kultur sind in ihrer ganzen Breite kein Luxus, sondern überlebenswichtig. Anregungen und Kritik: kolumne@fnwk.de 2587