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Zugehörigkeit ist lauter als Vernunft

Der Versuch, die Grenzen des Wissens zu überwinden // 5. November 2025

Von Kati Trempler

„Es entsteht eine neue Offenheit für vermeintlich einfache Wahrheiten“, sagte Uwe Schneidewind in seiner inspirierenden Abschiedsvorlesung und untermalte darin, warum gerade eine wissenschaftsorientierte Politik in diesen Zeiten eine Herausforderung darstellt. In einer komplexer und unsicherer gewordenen Welt suchen Menschen nach Halt, Zugehörigkeit, nach jenen, die fühlen und denken wie sie selbst. Solche Gemeinschaften, oft als „Blasen“ bezeichnet, geben Sicherheit. Doch sie haben eine Kehrseite.

Kati Trempler - Foto © Line Beckmann
Kati Trempler - Foto © Line Beckmann

In diesen Blasen zählt nicht mehr der zwanglose Zwang des besseren Arguments, sondern die Loyalität zur Gruppe. Die Funktion der Gruppe ist nicht die Erzeugung von Wahrheit und Erkenntnis, sondern die Herstellung von Verbindung. Wer dazugehören will, darf nicht zweifeln. Wer fragt, riskiert Ausschluss. In der Psychologie bezeichnet man diesen Mechanismus als „Ingroup-Phänomen“. Innerhalb der Gruppe gibt es die Tendenz, nur jene Informationen anzunehmen, die in deren Weltbild passen. Wir alle betreiben das, mehr oder weniger.

Auch ich lese lieber Texte, die mich interessieren und zu meinen bestehenden Überzeugungen passen, als solche, die unhandlich und schwer verständlich sind. So entstehen Echokammern, in denen wir uns sicher fühlen – und zugleich voneinander entfernen. Das bedeutete aber auch, dass wir mit Verstand und Argumenten nicht weiterkommen, wenn es doch um das Gefühl der Zugehörigkeit geht.

Im Buch „Heimat“ von Hannah Lühmann wird der perfide Mechanismus der Gruppenbildung dargestellt. Darin findet eine junge, schwangere Frau – von ihrem Mann verlassen, Mutter zweier Kinder – Halt in einer Gruppe rechtsextrem orientierter „Tradwives“. Diese Blase bietet ihr Zugehörigkeit und Sicherheit, so sehr, dass sie selbst die verstörendsten Aussagen ihrer vermeintlich neuen Freundinnen hinnimmt. Es ist ein beklemmendes und kaum aushaltbares Beispiel dafür, wie stark die Sehnsucht nach Gemeinschaft sein kann – stärker manchmal als der Wunsch nach Wahrheit und Umsetzung der eigenen Werte. Verzweiflung könnte man auch dazu sagen (den Begriff der Blase finde ich im Übrigen sehr unpassend, denn Blasen platzen früher oder später, völlig im Gegensatz zu rechten Ideologien).

Bei meinen eigenen Tätigkeiten beschäftigt mich die Frage der Teilhabe sehr häufig. Im neu gegründeten Forum Wupperbogen, das Teil des Pina Bausch Zentrums werden soll, ist es das Ziel, ein Gremium zu finden, dass die diverse Stadtgesellschaft abbildet. Dieses Gremium soll entscheiden, welche Veranstaltungen im künftigen Pina Bausch Zentrum stattfinden. Seit Mai diskutieren wir die Frage, wie es gelingen kann, Menschen aus den unterschiedlichsten Gruppen für die Arbeit im Forum Wupperbogen zu begeistern. Wie können wir sie dafür gewinnen, sich auf einen gemeinsamen kulturellen Raum einzulassen?

Dieselbe Frage stellen wir uns in der Färberei: Wie öffnen wir unseren neuen Raum so, dass das Quartier hineinströmen kann – nicht als Gäste, sondern als Mitgestaltende? Wie können die Gruppen, in denen wir denken, ineinander übergehen und sich neu sortieren?

Eine Antwort habe ich noch nicht. Aber wir versuchen es zunächst mit einer Suppenausgabe – immer montags in der Färberei. Gleiches im INSEL Kulturgarten – bei Weben für Morgen am 16.11. gibt es „Himmel und Erd(e)“ unter dem Motto: „Verbindende Stimmenvielfalt“.

Denn wo Worte manchmal scheitern, hilft gemeinsames Essen erstaunlich gut. Und wenn man den Mund voll hat, kann man auch grad mal zuhören, ohne direkt zu widersprechen.

Feedback gerne an ➜ kolumne@fnwk.de

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Dr. Kati Trempler // 1. Vorsitzende
Dr. Uta Atzpodien // 2. Vorsitzende
Beide sind einzeln vertretungsbefugt und bilden
laut § 26 BGB den Vorstand des Vereins.

Gisela Kettner // Vorstand
Lars Emrich // Vorstand

Vereinsregister –
Amtsgericht Wuppertal: VR 30873
Finanzamt Wuppertal-Elberfeld: 132/5901/5166

 


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