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Kultur mit Allen

Von Lukas Hegemann

Direkt an meinem ersten Arbeitstag bin ich in die Diskussion über die Aufstellung der Wuppertaler Kulturszene geraten. Auf dem vierten Jour Fixe des Freies Netz Werks Kultur erläuterte der Projektgeschäftsführer des Pina BauschZentrums, Christian Koch, die Pläne zum Betrieb des Zentrums. Schnell ging es um die Beteiligungsmöglichkeiten der freien Szene, um Teilhabe, Sichtbarkeit und Wertschätzung der Kulturschaffenden, um die Möglichkeit eines weiteren Neuanfangs in einer Stadt, die sich gerade an vielen Stellen neu erfindet.

Lukas Hegemann von der Börse
Lukas Hegemann - Foto: Heike Müller

"die börse" macht seit 44 Jahren Soziokultur in Wuppertal. Sie ist eines der ältesten dieser Zentren in Deutschland, gegründet in einer Atmosphäre, die auch einen Neuaufbruch in der Kulturpolitik forderte. Die Kultur sollte sich öffnen: „Kultur für alle!“ hieß der Schlachtruf, mit dem zahlreiche Initiativen ihr Recht auf neue Räume und Teilhabe einforderten. Räume und Mittel für die Kulturen, die von der „Hochkultur“ geflissentlich übergangen wurden.

Dort konnten Konzerte von Jazz bis Punk stattfinden, unkonventionelle Künstler und Künstlerinnen ausstellen und über den Zusammenhang von Gesellschaft und Kultur gestritten werden. Lesungen aller Art und die „Poetry Slammer“ fanden in der Soziokultur eine Heimat. Die meisten Zentren wurden von den Kommunen gefördert, auch die börse. Allerdings blieb die Förderung niedrig, war Gegenstand politischer Diskussionen und Verhandlungsmasse in den Haushaltsdebatten, denn es blieb ein freiwilliger Zuschuss, der von der bürgerlichen Seite oft eher als "Ruhigstellungsmaßnahme" für die "Schmuddelkinder" der Kultur denn als Investition in eine Gesellschafts-Kultur verstanden wurde.
Auch dass die Zentren lange Zeit mit Tanzveranstaltungen gutes Geld machen konnten — das freilich in die Veranstaltungen gesteckt wurde, die sich nicht gerechnet haben — wurde ihnen gerne negativ ausgelegt. Und so erwirtschaftet die börse den größten Teil ihres Etats selbst.

Trotzdem schaffte es die börse, sich zu etablieren. Erfindungsreichtum, neue Nutzer und Nutzerinnen und vor allen Dingen die Zusammenarbeit mit allen denkbaren Vereinen und Institutionen der Stadtgesellschaft halfen bei einer Professionalisierung, die für jüngere Generationen von Kulturschaffenden schon fast wie eine Musealisierung wirkt. Fast jede und jeder kennt die börse, wie wir bei der letzten Abwehr einer angedrohten Zuschusskürzung 2010 erfahren durften. Häufigstes Statement: „börse? Klar, Wackeltreff. Und Euch gibt es noch?“. Dabei haben wir 2016 mit mehr als 350 Veranstaltungen und 465 Kursen ein Programm geboten, das von etwa 52 000 Nutzer und Nutzerinnen besucht wurde. Als Ort für Neues werden wir kaum noch wahrgenommen. Seit 1973 hat sich in Wuppertal viel getan, gerade in den vergangenen Jahren sind an der Nordbahntrasse einige Kulturorte entstanden, denen jetzt Innovationskraft zu geschrieben wird.

Mit unserem sehr breiten Kulturbegriff stehen wir nicht mehr alleine da. Und das freut uns. Denn wir stehen immer auch für einen weiteren Begriff: Kommunikation. Wir freuen uns über alle, die in Wuppertal über Kunst, Kultur und Gesellschaft reden und handeln und bauen gerne am gemeinsamen Netzwerk für eine lebenswerte Stadt. Dass sich mein persönlicher Neuanfang in der börse mit einer Aufbruchstimmung im Freien Netz Werk Kultur trifft, freut mich besonders, weil wir uns als Teil der freien Szene begreifen, weil diese Stimmung sich auf uns überträgt, weil wir uns auf die Projekte und Transformationen der nächsten Jahre freuen. Die Soziokultur hat sich stetig weiterentwickelt. Partizipation und Teilhabe stehen nach wie vor im Mittelpunkt: „Kultur mit allen!“ ist unser Motto.

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