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Ein Martin für alle: Plädoyer für den persönlichen Zugang zur Kunst

Kunst kann uns die Welt so zeigen, wie sie nicht ist, aber sein könnte // 3. Januar 2024

Von Peter Grabowski

Das allererste Mal in einem Kunstmuseum war ich mit 22. Ein Freund hatte mich mitgenommen, genauer gesagt hatte Martin mich überredet, ihn zu begleiten. Nur deshalb stand ich auf den Tag genau heute vor 34 Jahren im Kölner Museum Ludwig vor Salvador Dalis großformatigem Gemälde „Der Bahnhof von Perpignan“. Man kann das Bild kaum anders beschreiben, als eine im wahren Sinne des Wortes irre Kombination aus scheinbar zusammenhanglos platzierten Menschen, landwirtschaftlichen Gerätschaften, einer Lokomotive und dem gekreuzigten Christus. Nicht nur den Gottessohn bemerkt man in Dalis gekonntem Spiel mit Licht und Schatten erst nach längerem Hinsehen, aber umso nachdrücklicher. Ich war wie vom Donner gerührt. In diesem Moment habe ich verstanden, was Kunst kann und vielleicht nur sie: Uns die Welt so zeigen, wie sie eben nicht ist, aber sein könnte.

Peter Grabowski - Foto: Sabina Sabovic
Peter Grabowski - Foto: Sabina Sabovic

Dieser Augenblick hat nicht weniger als mein Leben verändert. Das klingt übertrieben und auch etwas kitschig, ich weiß das, aber es ist wahr: Plötzlich hatte ich – der Sohn einer Verkäuferin und eines Drehers, der bis dahin weder im Theater noch in einem klassischen Konzert gewesen war, geschweige denn in einem Kunstmuseum – Zugang zu einem neuen und ganz eigenen Kosmos bekommen. In den Jahren seither habe ich vieles im Leben erst durch die Kunst wirklich verstanden: Literatur und Malerei, Schauspiel und Film haben mir Einsichten verschafft, die ich ohne sie vermutlich nicht hätte. Heute habe ich sogar beruflich mit Kunst zu tun und berichte als Journalist deutschlandweit über Kulturpolitik. Ob all das auch ohne meinen Freund Martin passiert wäre, der mich an diesem kalten, sonnigen Januartag 1990 mit ins Museum geschleppt hat?

Mehr als 80 Prozent der Erwachsenen hierzulande befürworten in Umfragen die staatliche Finanzierung von Kultureinrichtungen. Doch nur halb so viele sagen, dass sie die Theater, Museen und Bibliotheken auch selbst nutzen. Zwei Gründe werden dafür besonders häufig genannt: „Zu teuer“ und „Keine Zeit“. Doch das ist nicht mal die halbe Wahrheit. In allen tiefer gehenden Studien sagen viele der Befragten nämlich irgendwann so oder so ähnlich: „Das ist halt nichts für mich“.

Dafür gibt es verschiedenste Gründe. Den einen ist „Kunst“ irgendwie zu intellektuell (soll heißen: abgehoben und anstrengend), für andere sind die sogenannten Kulturtempel elitär wirkende Orte mit undurchschaubaren Verhaltensregeln. Darüber hinaus pflegen und verkörpern viele Museen, Theater und Orchester einen sehr westeuropäischen Kulturbegriff, während große Teile der Bevölkerung ganz anders geprägt sind. Mehr als 40 Prozent der Wuppertalerinnen und Wuppertaler haben eine Zuwanderungsgeschichte. Ihre Interessen und Bedürfnisse kommen in unseren klassischen Kultureinrichtungen so gut wie nicht vor. Leider gilt das genauso für die jüngeren Generationen.

Was also vielen statt Zeit oder Geld tatsächlich fehlt, ist der persönliche Zugang zur Kunst. Erst wenn sich das ändert, wird die große Mehrheit der Bevölkerung, die eine staatliche Finanzierung von Kultureinrichtungen für richtig hält, auch endlich selbst den Weg dorthin finden. Dazu wird es nicht reichen, nur die Türen zu öffnen: Vor allem die Museen, Bühnen und Orchester müssen viel aktiver als bisher auf die Menschen zugehen, damit alle in den Genuss des Geschenkes kommen können, das die Kunst für das eigene Leben ist. Leider hat nun mal nicht jede und jeder einen Martin.

Feedback bitte an: kolumne@fnwk.de

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