Es wird einmal...
Was bedeutet Arbeit, jetzt und in Zukunft?
Kompass für Transformationspotenziale in Wuppertal
Dokumentation ENGELS2020 // Das offizielle Engels-Porträt
Von Aenne Lowisch // Kulturarbeit als politisches und gesellschaftliches Aktionsfeld / 20. November 2024
Kunst & Kultur in Wuppertal im Radio vom 11. Oktober 2024
Netzwerktreffen zur künstlerisch-kulturellen Bildung 4. November 2023 // Barcamp im BOB Campus
Dokumentation zu dem World Café / Jour Fixe in der Färberei
Jetzt ansehen // Der Film im Under Construction Festival / Pina Bausch Zentrum 2020
Die Wuppertaler Digitalkünstler Frank N und Zara Gayk arbeiten mit KI – selbstverständlich und problemlos
Von Monika Werner-Staude
Die einen sprechen von Segen, die anderen von Fluch, die einen stellen alles infrage und sehen das Ende der Kreativität, die anderen preisen die grenzenlosen Möglichkeiten. KI, künstliche Intelligenz, erweitert auf jeden Fall unseren Kunstbegriff. Jetzt und in Zukunft, schwer zu fassen und ganz konkret. Zwei Wuppertaler, die schlicht und einfach mit ihr arbeiten, digitale Kunst erschaffen, sind Zara Gayk und Frank N. Beispiele dafür haben sie unlängst im KuKuNa-Atelier des Internationalen Begegnungszentrums (IBZ) an der Hünefeldstraße präsentiert (WZ berichtete). Während sie von einer Revolution spricht, die der durch die Digitalisierung gleichkommt, hält er KI lediglich für ein weiteres Werkzeug.
Was macht KI in der Bildenden Kunst?
Zara Gayk: Es gibt zwei Ansätze: über Spracheingabe Bilder zu generieren und Sprach- und andere Modelle zu trainieren, eine eigene KI, neuronale Netzwerke zu bauen. KI ist eine Blackbox, man weiß nie genau, wohin sie läuft. Einzelne Punkte verbinden sich zu Netzwerken, wenn sich die Parameter verändern, weiß man nicht, wohin sie ausschlagen. Es entstehen berechnete und zufällig wirkende Ergebnisse, die aus einer komplexen mathematischen, statistischen Funktionalität entstehen.
Wie wenden Sie KI an?
Zara Gayk: Ich nutze sie für Werbung in der Fotovorlagenbearbeitung und kreativen Grafikfindung. Außerdem interessiert mich die Möglichkeit, durch Sprachmodelle wie ChatGPT in Echtzeit Erzählungen zu gestalten. Wir entwickeln da gerade ein Projekt bei Tanzrauschen. Ich selbst erzeuge mit KI interaktive Bilderwelten, indem ich Prompts (Anweisungen/Eingaben, um eine bestimmte Antwort oder Aktion der KI zu initiieren, Red.) in ein Aufnahmegerät eingebe beziehungsweise spreche oder mit Hilfe von generativen Computerprogrammen verarbeiten lasse, um zu bestimmten Ergebnissen zu gelangen. Das geht auch live, in Echtzeit. Die Antwort kann eine Szene, sprachliche Ausgabe oder etwas anderes sein. Es entsteht ein Gespräch wie mit einem Menschen, der eben mit einer Riesendatenmenge operieren kann.
Wie verändert sich dadurch Ihr Arbeiten?
Zara Gayk: Ich muss mehr reflektieren und präziser sein. Ich erfahre eine Erweiterung, meine Kreativität bereichert das nicht. Ich muss mehr planen. Die Idee, KI könnte mich ersetzen, halte ich für Irrsinn. Im Gegenteil: Ich werde immer wieder von Ergebnissen überrascht, wenn ich nachschaue, ob eine Antwort mit meiner Erwartung übereinstimmt. Natürlich ist KI ein Werkzeug, über dessen Folgen man nachdenken muss in gesellschaftlicher, politischer und anderer Hinsicht, Stichwort Fake.
Frank N: KI hat meine Arbeit prinzipiell nicht wirklich verändert. Die Grundlage meiner Arbeiten sind Ideen und die stammen weiterhin immer von mir! Für die Umsetzung meiner Ideen benötige ich Werkzeuge. Eine Kamera ist beispielsweise nichts anderes als ein Werkzeug. In der Postproduktion kommt Photoshop oft zum Einsatz, aber auch viele andere Programme. KI-Applikationen sind letztlich ja auch nur Software. In diesem Sinne könnte man sagen, meine Toolbox hat sich erweitert und dadurch natürlich auch diverse Möglichkeiten.
Aber KI ist ein besonders gutes Werkzeug.
Frank N: Persönlich habe ich den Übergang von Analog zu Digital als wesentlicher empfunden. Das war wirklich eine Zäsur, damals hatte sich in meinem Workflow tatsächlich extrem viel verändert, teils radikal. KI empfinde ich mehr als eine Erweiterung. Zugegeben, eine mit mannigfaltigen Möglichkeiten, wo wir auch noch überhaupt nicht wissen, wo es enden wird, denn die Entwicklungen gehen ja weiter.
Zara Gayk: KI ist schon eine Revolution, weil sie so viel verändern wird, was wir uns noch gar nicht vorstellen können. Es geht darum, dass ich mit einer Arbeit eine Idee verbinde, und ich zeige dann das Ergebnis.
Wie steht es denn um das Urheberrecht, wenn KI eingesetzt wird?
Zara Gayk: Das ist geklärt. Das, was ich mit KI mache, liegt bei mir. Ich bestimme über Prompts, das ist ein kreativer Prozess.
Frank N: In dem Moment, in dem KI irgendwann komplett autark funktionieren sollte, wird es noch mal spannend. Denn dann wird sie ernsthaft zum Konkurrenten und dann müsste man die Frage des Urheberrechtes vermutlich noch mal ganz neu betrachten.
Kann KI gefälschte Kunst herstellen?
Zara Gayk: Wenn sich eine KI ganz viele Rembrandts anschaut, um einen zu fertigen, ist der doch digital. Am Ende muss noch jemand malen. Da kommt also keine echte Kunst raus.
Frank N: Das sehe ich anders, man denke nur an Holger Bär mit seinen Malmaschinen. Man müsste nur eine entsprechende Malmaschine konstruieren und das Endprodukt könnte sehr wohl auch ein Bild in Öl oder Acryl sein. Aber die Frage ist, glaube ich, grundsätzlich eine andere. Was bedeutet „gefälschte Kunst“ überhaupt? Wann ist ein Werk ein Gefälschtes? Mit der der Konzeptkunst zugeordneten Appropriation Art gibt es gar eine eigene Stilrichtung in der Kunst, die sich mit vorgefundenem Kunstwerken und ästhetischem Material beschäftigt und auseinandersetzt. Die Grenzen, ab wann da etwas als Plagiat oder Fälschung bewertet wird, sind fließend und oft werden sie nur juristisch geklärt. Andy Warhol würde vermutlich heutzutage mehr Zeit im Gerichtssaal verbringen, als in seiner Factory …
Also kann jeder Künstler sein, auch KI?
Frank N: Im Prinzip Ja. Aber auch hier stellt sich wieder eine Definitionsfrage. In Thailand gibt es malende Elefanten. Im Wuppertaler Zoo hatte man dem Schimpansen Epula mal eine eigene Ausstellung beschert. Sind seine als abstrakt, expressiv betitelten Bilder Kunst? Oder kann Kunst nur Kunst sein, wenn sie durch Menschenhand entstanden ist? Wenn die Antwort Nein heißt, dann kann wahrscheinlich auch KI zum Künstler werden.
Zara Gayk: Es geht um den Prozess, wenn man sich ernsthaft kümmert, kann man, kann jeder Kunst anstoßen. Das Besondere sind die Lernprozesse, die ich nicht lenken kann und deren Ergebnisse ich als Mensch bewerte und dann in den Entwicklungsprozess zurück spiegle. Das gefährdet nicht den Beruf des Künstlers, sondern eröffnet mir eine besondere Form einer Reflektion, die wie in einem Dialog funktioniert.
Sind alle künstlerischen Sparten gleich von KI betroffen?
Zara Gayk: Ja alle – auch in der Literatur. Es gibt nicht nur von KI gefertigte Bilder, sondern auch von KI geschriebene Bücher. Ein spannender Aspekt ist, dass KI Texte verständlicher machen kann.
Hat KI keine Schwächen?
Frank N: Doch, KI hat auf jeden Fall Schwächen, zumindest noch – das sieht man ja schon bei den Übersetzungsprogrammen, speziell wenn es um Sprachen jenseits von Englisch geht.
Zara Gayk: Oder bei speziellen Fachgebieten, die KI nicht per se verstehen kann. Es sei denn, spezielle Sprachmodelle lernen den Sinnzusammenhang in einer Fachsprache, wozu es menschlicher Experten bedarf, etwa im juristischen Bereich. Ein Kritikpunkt an KI wäre der, dass durch sie eine neue Form von Kolonialismus entstehen kann. Denn für das Kategorisieren werden Menschen in Indien, Thailand, afrikanischen Staaten zu Niedriglöhnen eingesetzt. Eigentlich kann KI noch viel zu wenig, ich hoffe, dass sich die Möglichkeiten erweitern: Je sauberer die Daten, desto sauberer das Ergebnis. Eine Aufgabe wäre vielleicht auch, KI nachvollziehbarer zu machen, warum sie wie zu welchen Entscheidungen kommt.
Wenn Sie KI in der Kunst einsetzen, wie erkennen Sie, ob Ihre Arbeit fertig ist?
Frank N: Ein Kunstwerk ist eh nie fertig. Man könnte immer weitermachen. Das ist ein fließender Prozess, der nur durch die Entscheidung beendet wird, aufzuhören. Das heißt aber nicht, dass das Werk dann wirklich fertig ist.
Zara Gayk: Ich arbeite viel in Serien, da gibt es oft Zwischenergebnisse, die ich in klassischen Kompositionen verarbeite.
)) Quelle // Westdeutsche Zeitung / 12. September 2024
Die Veranstaltungsreihe #Weben für Morgen widmet sich dem Thema in der Klimakrise
Von Selina Hunze
Weben, das ist im herkömmlichen Sinne eine Technik, in der mit Fäden ein Flächengebilde entsteht. Es ist eine Kunst, die eng mit der Wuppertaler Geschichte verbunden ist. Das Organisationsteam von #Weben für Morgen fasst den Begriff weiter. Sie wollen über drei Tage, gefüllt mit verschiedenen Veranstaltungen, kein Tuch, sondern ein Netzwerk weben und gemeinschaftlich für eine nachhaltigere Zukunft der Kultur arbeiten. „Weben ist eine Komplexität. Es gibt kein Anfang und kein Ende“, so Organisator Michael Felstau. Es bilde sich ein tragfähiges Netz, das unterschiedliche Perspektiven zusammenbringt, damit am Ende lösungsorientierte Ideen entstehen. „Es ist wichtig, die Sorgen ernst zu nehmen und die Ängste kreativ und künstlerisch zu verarbeiten. Auf diese Weise erhalten Menschen Energien und den Mut, Lösungen für die Zukunft zu entwickeln“, erklärt Astrid Müller, Projektreferentin des Hauptfördergebers Stiftung Umwelt und Entwicklung.
Das Ziel ist deutlich, der Umsetzung steht nichts mehr im Wege. Ein wichtiges Werkzeug sind die sogenannten Inseln des Mitmachens am 22. März von 16 bis 20 Uhr auf der Insel. Jeder ist dazu eingeladen, Themen wie Gärten, Materialkreisläufe und Mobilität hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit zu behandeln. Felstau legt ein Beispiel mit seinem Spezialgebiet, den Gärten, vor. Er möchte mittels Pflanzen und Vorschlägen an der Station aufzeigen, wie die Aufenthaltsqualität um Kulturorte verbessert werden kann. Für Menschen, aber auch für nicht-menschliche Spezies. Möglichkeiten dafür wären Dach- und Fassadenbegrünung, naturnahe Bepflanzung und insektenfreundliche Beleuchtung. „Ich will ganz konkret aufzeigen, welche Möglichkeiten wir haben, zu entsiegeln, mehr Grün zu schaffen und so weiter“, stellt Felstau fest. Das ist der Zweck der Veranstaltungen: ein Dialog zwischen Kunst und Kunstschaffenden in der Nachhaltigkeitswirtschaft als Anstoß für konkrete Pläne.
„Wir brauchen eine große Veränderung, eine Transformation“, so Organisatorin Uta Atzpodien. Doch zuvor müsse das Vorwissen der Stadt zusammengebracht werden, ganz ohne verkopfte Denkarbeit. „Man hat nicht nur Zettel, auf denen was steht oder wo man was hinschreiben soll, sondern man darf auch wirklich was Praktisches machen“, erläutert Organisatorin Franziska Hartmann. Pflanzen und Materialien fühlen, anschauen und anfassen, zu überlegen, wie die Materialien wiederverwendet werden können, wie sie die Umwelt transformieren, das rege die Ideen an. An der Station zum Catering wird zum Beispiel gekocht, damit klimaschonendes Essen hautnah zubereitet wird. Zu viel möchte Atzpodien jedoch nicht verraten, der Rest solle eine Überraschung bleiben. Sie gibt nur den Hinweis: „Es ist nicht nur eine abstrakte Idee, sondern wir werden auch sinnlich Erfahrbares dabeihaben.“
Das Tanztheater Heißzeit von Choreograf Jan Möllmer mit Tänzerin Léonor Clary führt am 21. März um 19.30 Uhr auf der Insel die Dringlichkeit des Klimawandels, den Hitzekollaps, in einer 50-minütigen Performance vor Augen. Seit der ersten Aufführung im vergangenen November sei viel passiert, sagt Möllmer. Genau wie in der Umwelt, seien auch in der Performance neue Bilder entstanden. Einen Tag später tanzt Sophia Otto im gestrickten Kleid von Annika Kompart. Sieben Stunden hat Kompart an sieben öffentlichen Orten gestrickt, und innerhalb von sieben Stunden wird sich das Kleid in der Performance wieder auflösen, seine Fäden im Raum verteilen, während das nächste Kleid im Hintergrund entsteht. Ein Zyklus, der sich auch im Menschsein widerspiegelt, sinniert Kompart. Den Abschluss der Reihe bildet das Klimafrühstück am 23. März im Unverpacktladen, wo das Wissen in geladener Runde für ein nachhaltiges Bündnis zusammengetragen wird.
Die Deklaration „Culture4Climate“ hat Kulturdezernent Nocke schon unterschrieben. Nun ist es an der Zeit für die versprochene Veränderung. Ideen dafür werden geschmiedet, und es liegt in der Hand eines jeden Kulturschaffenden, sie umzusetzen. Am Ende der Veranstaltungsreihe soll ein metaphorisches Netz gewebt worden sein. Voll von Kontakten, Anregungen, Vorschlägen und Ideen. Ein Netz, das sich über die Kultur Wuppertals legt und sie im neuen, nachhaltigen Glanz zukünftig erstrahlen lässt.
)) Quelle // Westdeutsche Zeitung / 20. März 2024
Freie Szene trifft Politik und Stadtspitze
Der Schock sitzt nach wie vor tief. Bis heute können die betroffenen Vertreter der freien Kulturszene in der Stadt nicht verstehen, warum der Rat im Frühjahr nicht die Fördergeldsumme bewilligt hat, die zuvor der Kulturausschuss einstimmig beschlossen hatte, um Kultureinrichtungen zu unterstützen. Die Kulturpolitiker wiederum frustriert die Machtlosigkeit im Rat und in den eigenen Fraktionen. Entsprechend schwierig und komplex gestaltete sich das Gespräch, das am Dienstagabend beim Insel Verein im Café Ada geführt wurde, um Klärung und Besserung zu erreichen. Das Gespräch war zentraler Punkt des OB-Jahrestreffens mit der Freien Szene.
Eigentlich ist die Tendenz positiv, der städtische Etat für die institutionelle Förderung steigt seit 2019, von damals gut 116 000 Euro auf gut 205 000 Euro in 2022. Auch für 2024 will Kulturdezernent Matthias Nocke einen weiteren Anstieg in die Planungen einbringen. Und Kulturbüroleiterin Bettina Paust macht darauf aufmerksam, dass immerhin aus acht geförderten Einrichtungen in 2019 nunmehr 14 geworden sind.
Rätsel wirft nach wie vor die Förderung für 2023 auf. Damals waren Bedarfe angemeldet worden, die in neun Fällen höher lagen als im Vorjahr oder neu beantragt wurden. Der geplatzte Doppelhaushalt 2022/23 hatte zu Verzögerungen bei der Vergabe geführt. Der Kulturausschuss hatte Anfang März die institutionellen Fördermittel für das laufende Jahr beschlossen und in einem Ergänzungsantrag Empfehlungen mit zusätzlichen konkreten Summen aufgelistet. Als der Rat anschließend den Haushalt beriet, fanden sich diese freilich nur zum Teil in den Beschlüssen wieder (WZ berichtete).
Beim Treffen mit dem Oberbürgermeister am Dienstag nun wollten die Betroffenen wissen, wer wie entscheidet (Maik Ollhoff, Kunst- und Kulturzentrum Loch). Matthias Nocke erklärte, dass ihre Anträge über Gespräche in Kulturbüro, Kämmerei sowie mit den Kulturpolitikern des Rates modifiziert werden und in einen Verwaltungsentwurf münden, der dann im Kulturausschuss besprochen wird. Dass dabei vor allem beantragtes Personal unter den Tisch fällt, wie Zara Gayk (Insel- und Tanzrauschen-Verein) anmerkte, bestätigte Nocke indirekt. Er begründete dies damit, dass feste Stellen zwar für eine Angebotsverbesserung der Einrichtungen nötig seien, dennoch mit Vorsicht behandelt werden müssten, weil sie Verpflichtungen nach sich zögen. Ein „echtes Problem“, das dazu führt, dass die Einrichtungen vor allem mit ehrenamtlichen Kräften arbeiten, die sich selbst ausbeuten. Gayk: „Wir können nicht von unserer Arbeit leben.“ Das anerkannte auch Rolf Köster, Vorsitzender des Kulturausschusses, und bemängelte den geringen Stellenwert der Kultur in der Stadt, „wir haben nur eine kleine Lobby“. Eine Machtlosigkeit, die nicht allen einleuchten wollte, zumal die Kultur auch wichtiger Wirtschaftsfaktor sei (Uta Atzpodien, Vorstand des Freien Netzwerks Kultur).
Dass Freie Szene und Kulturpolitiker auf einer Seite kämpfen, versuchte OB Uwe Schneidewind zu vermitteln. Er verwies auf die Komplexität der Haushaltsverhandlungen, die für Außenstehende nicht nachvollziehbare („erratische“) Entscheidungsfindung in den Fraktionen, in denen die verschiedenen Bereiche mit ihren finanziellen Bedürfnissen übereingebracht werden müssen. Sein Rat: „Lasst und lieber im Doppelpass spielen.“
Bettina Paust schließlich lenkte den Blick nach vorn. Die Kulturbüroleiterin schlug vor, künftig regelmäßig im Kulturausschuss Themen der Freien Szene zu behandeln, zu überlegen, wie die Kulturpolitiker in ihren Fraktionen gestärkt werden können. Und sie kündigte an, dass die Kriterien der institutionellen Förderung gemeinsam mit Politik und Freier Szene überarbeitet werden sollen, um diese nachvollziehbar zu machen.
Fortsetzung folgt.
)) Quelle // Westdeutsche Zeitung / 19. Oktober 2023
Kunststation feierte Geburtstag und Abschied mit einer Didgeridoo-Performance
Von Alina Komorek
Wer sich am Freitagabend in der Kunststation im Vohwinkeler Bahnhof eingefunden hatte, war vielleicht physisch in Wuppertal, hat sich vielleicht körperlich in der Kunststation in dem Bahnhof aus den 1840er-Jahren umgesehen. Doch während die Besucherinnen und Besucher dem Didgeridoo-Spiel von Marvin Dillmann lauschten, wanderten ihre Gedanken vermutlich bis ans andere Ende der Welt, nach Australien, und weiter, in Sphären aus Klang, Naturgeräuschen und Rhythmus. Mit dieser besonderen Performance endete die Zeit der Kunststation: Eckehard und Tine Lowisch werden den Schlüssel abgeben und die Räume frei machen für Projekte der Buga 2031.
Und so führte die letzte Veranstaltung in dem zehn Sommer währenden „nicht-kommerziellen Kunstraum für gegenwärtige und zukünftige Kunst“, wie Eckehard Lowisch die Kunststation nannte, eigentlich durch die ganze Welt: Marvin Dillmann begann seine Performance in dem großen hinteren Raum der Kunststation ganz außergewöhnlich: mit Stille. Dazu hob er ein Schild in die Luft, auf der eben „Stille“ geschrieben stand, mit einem dicken E am Ende.
Daraufhin wandte er sich seiner Technik zu, sphärische Klänge erfüllten den großen kühlen Raum. Daraufhin läutete er im wahrsten Sinne des Wortes die Performance ein: Indem er tibetische Zimbeln gegeneinander schlug, die er wegen ihres schönen Tons von seiner letzten Indienreise mitgebracht hatte. Der Musiker griff dann zum Didgeridoo, gleich drei in verschiedenen Größen und aus verschiedenen Materialien hatte er welche mitgebracht, und legte über die sphärischen Klänge die so ganz außergewöhnliche Musik des Didgeridoos. Er erweiterte den Grundton um Rhythmus und Laute, die er mit der Luft und dem Mund erzeugte, legte damit mehrere Schichten übereinander und ließ zwischen den Stücken die Stille wirken.
Wobei Stille in einem Bahnhof ja doch eine andere ist als vielleicht im australischen Outback: Stimmengemurmel von draußen legte sich wie eine weitere Dimension auf Stille und Musik, manchmal drang auch das Bellen eines Hundes herein, hin und wieder ratterte ein Zug über die Gleise nebenan.
Was einen Bahnhof aber ausmacht, war auch für die zehn Jahre, in denen es die Kunststation gab, genau das, was diesen Ort ausmachte: Hier kommen Menschen aus aller Welt an, manche sind auf der Durchreise, andere kehren heim, wieder andere brechen auf: Tine Lowisch blickte an dem Abend zurück auf das, was sie hier erlebt hat.
Vor allem der Sommer 2023 war ganz im Sinne der Kunststation: Denn als in diesem Jahr der Schienenersatzverkehr von Vohwinkel aus nach Düsseldorf fuhr, landeten hier besonders viele Menschen, die eigentlich nie die Kunststation betreten hätten und mit denen so Begegnungen möglich wurden: „Das ging über die übliche Frage nach einer Toilette hinaus“, sagte Lowisch vor der Didgeridoo-Performance zwischen den Werken ihres Mannes. Für die Zukunft wünschte sich das Ehepaar, dass die Räume für die Buga 2031 entsprechend ihrer Größe und Bedeutung genutzt werden – denn gerade mit dem Tunnel im Anschluss an die beiden kleineren Räume sei hier viel möglich.
Dies zeigte Marvin Dillmann, als er sein etwa 25-köpfiges Publikum mit in den Tunnel nahm: Das Echo des großen hölzernen Didgeridoos legte über die Schichten der Musik noch eine weitere Lage. Es klang fremd und bekannt zugleich in diesem Alltagsort Bahnhof, den das Publikum nun von einer ganz anderen Seite erlebte. Ein Bahnhof aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, in dem großformatige Skulpturen aus der Gegenwart stehen, zwischen denen ein Musiker auf einem Instrument spielt, das wohl schon vor 3000 Jahren gespielt wurde – die Gäste waren begeistert von dieser Reise durch die Welt, durch Sphären, durch Klang und Kunst.
Die Kunststation im Vohwinkeler Bahnhof schließt ihre Türen, die seit 2014 für jeden geöffnet waren, und macht Platz für die Bundesgartenschau 2031. Tine und Eckehard Lowisch freuen sich, nach der erfüllenden Zeit im Ehrenamt „auch mal wieder ein Wochenende in einer anderen Stadt verbringen zu können“.
)) Website der KUNSTSTATION Wuppertal
Abschlussparty als Zwischenstation: „Nur“ die Förderung der Tanz Station ist beendet
Dieser Abschied ist keiner, ist allenfalls eine Zwischenstation, das Ende einer Etappe. Die genau genommen zwei Jahre und ein paar Monate gedauert hat. Eine Zeit voller Ereignisse, Ideen, Kreativität und Projekte. Menschen wurden zusammengeführt und Energien freigesetzt. Die weiter wollen zur nächsten Station, weshalb das Wort Abschluss in der Partyeinladung Ende März allein die Förderzeit der Tanz Station Barmer Bahnhof durch das Programm Neustart und Kultur meinte. Und schon im Untertitel gemahnte, dass das Ende ein laufender Beginn (“The end is an ongoing beginning!“) sei. Mittendrin Thunseda Mercy und Pascal Merighi, Herz, Motor und Rückgrat der Station.
Der Start war denkbar schwierig, fand Anfang 2021, mitten in der Pandemie, statt. Einen „Tanzraum plus“ für multidisziplinäres, co-creatives Arbeiten wollten Thusnelda Mercy und Pascal Merighi bieten, eine Plattform für Vernetzung, Begegnung und Präsentation. Hatten diesen Raum in dem großen Saal des denkmalgeschützten Gebäudes des Barmer Bahnhofs gefunden, mit seinen hohen Decken und tiefen Fenstern, seiner besonderen Atmosphäre, der sofort die Fantasie in Bewegung setzte. Der „allergrößte Glücksfall“, erinnert Thusnelda. Ihnen zur Seite Projektmanagerin Angela Köneke, die „unsere Visionen erst ermöglicht hat“, zur unersetzlichen Organisationsstütze wurde. Wozu auch die Erschließung der Neustart Kultur-Förderung gehörte, die der Bund in der Pandemie auflegte.
Köneke ist eine von vielen wichtigen Helferinnen und Helfern, die hinzukommen sollten. Vom Tanztheater Pina Bausch, von den Wuppertaler Bühnen, aus der freien Szene. Die Kooperationen mit Künstlern und Einrichtungen wurden gesucht und gefunden. Ein anderer Helfer wurde Nico Trappmann, der in der Tanz Station filmte und so wichtige Dokumentationen schuf. Oder Larissa Plath, die die Öffentlichkeitsarbeit übernahm, und Kirsten Kurth, die bei Projekten assistiert.. 2022 wurde das Team durch Hosts erweitert, „willkommene Menschen, die andere willkommen heißen“. Tina Herrmann und Arian Stettler, klassisch ausgebildete Sängerin und Sänger, kamen dazu. Im Dezember schließlich Erasmus-Studentin Francisca Poças.
Zum Einarbeiten, Hineinwachsen blieb keine Zeit: Direkt im Februar nahte das erste große Projekt, „Soli Cuts“, das unter strengen Coronaauflagen bewerkstelligt wurde, mit Einzeldrehs, Abstand im großen „safe space“ im Bahnhof. Ersten Kontakten in die freie Szene und zur Stadt, ihren Orten. Zunächst digital, hinter Fenstern, später größer, „urban“, über die Stadtgrenze hinaus. Die „Bahnhofsinvasion“ im August 2021, „Feuerwerk des Co-create-Jahres“, holte die Einweihung nach, über Zoom-Meetings wurde die ganze Welt zugeschaltet, gezeigt, was geschaffen worden war. Zwei Tage lang wurde vor Ort gefeiert.
Wichtig wurden auch die verschiedenen Residenzformate, die Werkstattperformances (Tanz plus), Begegnungen mit anderen Kunstformen (Tanz meets) oder Begegnungen zweier Tanzgruppen (Tanz meets special) ermöglichten. 2021 wurden schon fünf, 2022 sechs eingerichtet. Als für alle offenes Format ist die Workshopreihe in Klein Technique mit Susan Klein gedacht, die bislang digital, hybrid und in Präsenz stattfand.
Anfang 2022 wurde das CoWerk 18 in der Alarichstraße in Betrieb genommen. „Wir hatten 50 Quadratmeter gesucht und bekamen 200 Quadratmeter in einer fantastischen ehemaligen Knopffabrik“, freut sich Thusnelda über „den weiteren Ort, der zu uns gekommen ist“. Der noch mehr Verbindungen mit Menschen ermöglichte, die nicht in der „Kunstbubble“ zu Hause sind. Mittlerweile haben 130 Kunstschaffende co-creativ mitgemacht, die nicht nur aus Wuppertal und der Region kamen – die Tanz Station strahlt nach außen. Erreicht Menschen wie Kenji Shinohe, der für eine Residenz kam, Lehrer in den open classes wurde, an immer weiteren Projekten mitwirkte und schließlich blieb. Mit „Moving Spaces“ trugen sie im letzten September schließlich Bewegung und den co-creativen Geist in Räume und Stadt. Und 2023 wurde mit der Uraufführung der Performance-Installation „Himmelskörper“ von Barbara Cleff und Nicolás Kretz eröffnet.
All das steht jetzt zwar nicht infrage, das Ende der insgesamt 29 Monate gewährten Neustart-Förderung kommt nicht überraschend, konnte aber noch nicht durch eine Anschlussförderung ersetzt werden. Seit 2022 erhält die Tanz Station institutionelle Förderung der Stadt – zunächst 7000 Euro, für 2023 sind es 24 000 Euro. Was bei der Deckung der laufenden Kosten hilft. Ansonsten arbeiten alle auf Honorar- und Stundenbasis, gibt es weitere Kooperationsideen und eine geplante mit der Kunstakademie Düsseldorf, mit dem Soundwalk, der im letzten Jahr zwischen CoWerk 18 und Barmer Bahnhof angelegt wurde und der immer noch begangen werden kann (QR-Code und Headset gibt es in der Tanz Station), soll etwas passieren. Und es gibt das Wissen, dass „viele Menschen uns spiegeln, dass wir weitermachen sollen – und das machen wir auch.“ Der Raum, um co-creativ zu werden, ist weiter für alle offen (und im Netz buchbar).
Gegründet wurde die Tanz Station im Barmer Bahnhof durch Thusnelda Mercy und Pascal Merighi, die seit 2014 ihre eigene Kompanie „merighi I mercy“ haben. Interessenten können sich melden unter presse@tanz-station.de oder mobil: 0173 7070640
)) Website der TANZ STATION Barmer Bahnhof )) Website der Kompanie Merighi | Mercy )) Facebook facebook.com tanzstationbarmerbahnhof )) Quelle: Westdeutsche Zeitung // 4. April 2023 / WZ+
Tine und Eckehard Lowisch über die Zukunft ihrer Arbeit im Bahnhof
Im Moment ist alles wieder offen. Könnte ihre Mission, die 2014 begann, weitergeführt werden. An Ort und Stelle, also im Bahnhof Vohwinkel, andernorts im Stadtteil oder ganz woanders. Im schwedischen Göteborg zum Beispiel, wo ein spezielles Projekt mit einer Festanstellung bis ans Lebensende gestartet wird. Durch sie selbst, Tine und Eckehard Lowisch oder durch andere, ihre Tochter zum Beispiel. Aenne Lowisch kurariert derzeit ihre erste Ausstellung in der elternlichen Kunststation. Sie ist bis zum 26. März terminiert – weil dann der Rat über die finanzielle Zukunft des Gebäudes entscheidet.
Wer in Wuppertal ein Künstlerpaar mit viel Idealismus sucht, kommt an Tine und Eckehard Lowisch nicht vorbei, die sich mit Haut und Haaren dem Vohwinkeler Bahnhof verschrieben haben. In der dortigen Kunststation bieten sie „nichtkommerziellen Projektraum für gegenwärtige künstlerische Positionen“ (so das Konzept). Mit Erfolg: Vohwinkel hat sich in der Kunstszene einen Namen verschafft. Soweit Zeilen, die im Februar 2018 die damals vierjährige Kunststation Vohwinkel vorstellten. Mittlerweile ist der zehnte Geburtstag nur noch ein knappes Jahr entfernt.Noch heute betonen die Lowischs, dass sie hier keine Galerie führen, sondern einen Projektraum bieten, der an den Bahnhof und den Stadtteil angebunden ist – durch Ausstellungen, Präsenz, Veranstaltungen. Erweitert durch ihr Fünf-Nischenprojekt, mit dem sie den Vorplatz auf eigenes Risiko bereicherten. Auch das eine Art Kunst am Bau, ziehen sie Parallelen zu einem Projekt, einem Kunstexperiment, das 2019 in Schweden geboren wurde.
Das Künstlerduo Goldin und Senneby hatte es für einen Bahnhofsneubau in Korsvägen vorgeschlagen. Danach soll ein Angestellter auf Lebenszeit ein Bruttogehalt von umgerechnet 2046 Euro (inklusive Steigerung, die sich an der Lohnentwicklung im öffentlichen Dienst orientiert) sowie Jahresurlaub und Rentenanspruch dafür erhalten, dass er sich in dem Bahnhof aufhält. Er darf bestimmen, was er dort macht/arbeitet. Das Projekt „Eternal Employment“ mit Jobgarantie auf Lebenszeit wurde damals von einer Fachjury unter dem Vorsitz der Direktorin der schwedischen Behörde für Kunst im öffentlichen Raum ausgewählt. Im nächsten Jahr, so Lowisch, könne man sich auf den Job bewerben. Ob sie selbst mitmachen, wie sie unlängst laut in dieser Zeitung überlegt hatte, lässt sie offen. Weist aber darauf hin, dass sie seit neun Jahren die Kunststation betreiben, also vor Ort sind, ohne dafür bezahlt zu werden. Während in „Schweden eine Bezahlung möglich ist“, stellt Eckehard Lowisch fest.
Derweil droht Unbill von ganz anderer Seite. Bislang hat die Deutsche Bahn für die Kunststation keine Miete verlangt, aber die Verträge zum 31. Dezember 2022 gekündigt. Ab 1. Mai könnte eine Miete von einem Euro pro Quadratmeter erhoben werden, was bei 203 Quadratmetern Kunststation 203 Euro ausmachen würde, erzählen die Lowischs. Schwerer ins Gewicht fallen die Nebenkosten, die berechnet wurden: 1500 Euro an Gebäude- sowie verbrauchsabhängige Nebenkosten (bei denen die Mieter sparen können). Selbst wenn der Rat am 27. März den vom Kulturausschuss empfohlenen Zuschuss zu den Nebenkosten in Höhe von 40 000 Euro bewilligt, müssen die noch unter den Parteien verteilt werden. „Wenn der Rat sein Okay nicht gibt, zeigen wir gerade unsere letzte Ausstellung“: Joshua Behrs „Kurz vor dem Boden der Tatsachen“. „Das wäre dann der letzte Eindruck, aber wenigstens ein guter Eindruck.“
Aufgeben wollen Lowischs dennoch nicht: Eine mobile Kunststation sei denkbar, die im Umfeld aktiv wird, schließlich will man weiter Kunstverständnis vermitteln. Und hat in der Corona-Pandemie gute Erfahrungen gesammelt, als man 2021 den Grünen Zoo als Bühne nutzte. Außerdem sei eine digitale Kunststation denkbar, mit virtuellen Ausstellungen, „sozusagen unser virtueller Fingerabdruck“. Ganz im Sinne Martin Kippenbergers, der jeden Künstler zum Menschen erklärt habe – in bewusster Verdrehung des Beuys’schen Credos, dass jeder Mensch ein Künstler sei. Und zwar ein Mensch, der irgendwann von seiner Kunst leben können will, so Tine Lowisch.
Schließlich sei auch denkbar, die Kunststation andernorts in Vohwinkel einzurichten – wenn die Finanzierung klappt. Leerstände an der Kaiserstraße gebe es genug. Einen haben die Lowischs auch schon etwas ins Auge gefasst. „Wir finden sicherlich Möglichkeiten, die Kunststation weiterzuführen. Die Kunststation wird es immer geben.“ Und, möchte man ergänzen, der Name Lowisch bleibt auf jeden Fall mit ihr verbunden.
)) Website der KUNSTSTATION Wuppertal )) Quelle: Westdeutsche Zeitung // 24. März 2023 / WZ+
Birgit Pardun stellt bei der BKG aus und verwandelt deren Räume in eine moderne Galerie
Die Aufforderung ist eindeutig und widerspricht zugleich dem, was sie erreicht: „Ignore me“ lautet der Satz, der sofort ins Auge springt, sobald Mensch den Raum betritt. Das Papier mit den leuchtendroten Versalien ist auf einem alten Fotoleuchttisch aufgebracht worden, der hochkant auf dem Boden steht – unübersehbar ist. Ein Wortspiel, ein Eyecatcher, eine Kritik an der modernen Reizüberflutung, ein Anreiz zum „Um-die-Ecke-denken“. Birgit Pardun hat das Kunstwerk gefertigt, stellt es den Besucherinnen und Besuchern ihrer Ausstellung in den Weg. Ihre Soloshow bei der Bergischen Kunstgenossenschaft (BKG) im Kolkmannhaus trägt keinen Titel, weil sie nicht ein, sondern viele Themen hat. Am 12. Februar wird die Schau eröffnet.
Birgit Pardun arbeitet seit 2018 als freischaffende Künstlerin. Ist vielen durch ihre Mitwirkung an der Barmer Küchenoper bekannt, nach dem in der Pandemie geborenen Projekt OAA (Out and About) gefragter denn je. 2021 gestaltete sie die Mauer des Helene-Weber-Platzes, absolvierte seither mehrere Einzel- und Gruppenausstellungen. In den letzten zwei bis drei Monaten hat sie wieder intensiv gearbeitet, auf dem Boden „körperlich und motorisch, mit Gewicht, Kraft und Energieaustausch“. Auf verschiedenen Materialien, oft auf Hartfaserplatten oder LKW-Planen, seltener auf Papier oder Leinwand, und diesmal auch auf ausgedienten Siebdruckrahmen. Meist mit Acryl, Wachsmalkreide, auch mal mit Tusche, Kohle, Graphit und Fett oder Leinöl. Meist bunt, immer wieder auch in gedeckten schwarzen und cremigweißen Tönen. Mit groben und großen Pinseln oder mit dem Stil des Pinsels, mit dem sie Konturen in die Fläche gräbt. Selbst auf den kleineren 40 mal 50 Zentimeter messenden Bildern. Stets figurativ, gern in kindlich anmutender Bildsprache, grell und wild, reduziert und zart.
Etwa 30 neue Arbeiten bringt sie bei der BKG miteinander ins Gespräch. So wie es in den Werken selbst immer wieder darum geht, wie Dinge und Menschen in Beziehung treten, in welchem Verhältnis sie zueinander stehen. Natürlich hängen die Bilder meist an der Wand, stehen aber auch auf dem Boden oder hängen von der Decke herunter. Wie die sieben Siebdruckrahmen, die einen Kranz in Augenhöhe bilden. Darauf abgebildet Körperausschnitte von Mensch oder Tier, feine Gesten – Seelenbilder, die den Spieltrieb wecken, weil man sie wie Percussioninstrumente nutzen, gegen sie trommeln kann. Sie spiele mit dem Raum, sagt Pardun. Will das Schlagwerk vielleicht für eine kleine Performance bei der Vernissage nutzen. Wie auch immer verwandelt sie die Zweizimmerflucht vis-à-vis der Schwebebahn in eine moderne Galerie.
Die Künstlerin macht selten Pläne oder Konzepte für ihre Kunst. Sie nutzt ihre Ideen, als Anfang, Initialzündung für etwas, das sich entwickelt. Beim Tun, beim Bearbeiten der Flächen, im Prozess. In der Improvisation, die sie nicht als spontanes „aus dem Bau was raushauen“ versteht, sondern als anstrengende und aufwühlende Arbeit, für die sie gutes Werkzeug, technische Fertigkeiten, Sensibilität, Empathie und vor allem ein sehr hohes Maß an Konzentration und Wachheit“ brauche. Sie übe, praktiziere, lasse sich auf einen Prozess ein, breche Muster auf, erforsche Dinge und tue so „manchmal das Gegenteil von dem, was ich im Sinn hatte“.
Bis zu zehn Werke entstehen gleichzeitig, in vielen sehr schnellen Schritten, die vielschichtige Bilder bauen, unzählige Male überarbeitet, mit alten Spuren, die durchscheinen und manchmal einer gewissen Räumlichkeit. Sie schäle ihre Bilder heraus, beschreibt die Künstlerin selbst, hole das Bild aus sich heraus – solange, bis es da sei. So auch bei den vier Collagenbildern, die sie aus zum Teil alten Papierstücken und Zetteln zu spannenden Kompositionen zusammengefügt hat, die eine Geschichte erzählen. Zusammengefasst im Namen des Bildes.
Bei dem großformatigen und bunten Bild „Man weiß nie, wie das Wetter wird“ gab ein Pinselschwung eine Arm- und Geisteshaltung vor, führte so zum Thema samt weiterem Verlauf der Bild-Bearbeitung. Der Name bietet eine Interpretation an. Eine von vielen möglichen. Wie beim Plakat zur Ausstellung, das von einer großen rotleuchtenden T-Form beherrscht wird, die Assoziationen an einen Fön, einen Atompliz oder an einen Hammer wecken kann oder zusammen mit den nur in der Nähe erkennbaren Stoßzähnen einen roten Elefantenkopf ergibt. Eine Einladung ans Sehen und Denken der Betrachter.
Die „Soloshow – Birgit Pardun – Neue Arbeiten“ wird vom 12. bis 26. Februar bei der BKG im Kolkmannhaus, Hofaue 55 (Innenhof) gezeigt.
Die Vernissage beginnt um 11 Uhr. Anne-Kathrin Reif hält eine Einführung. Öffnungszeiten: samstags und sonntags 14 bis 17 Uhr. Die Ausstellung ist die erste unter der Ägide des neuen Vorstands. Der will die BKG in der Stadt sichtbarer machen und jeden Monat eine Ausstellung präsentieren.
Auf Pardun folgt vom 12. bis 26. März Anke Büttner und vom 2. bis 23. April Frank N und Andreu Ginestet.
Mehr Informatuionen unter bkg-wuppertal.de/
)) Quelle: Westdeutsche Zeitung // 4. Februar 2022
Mit einer Werbekampagne weist das Freie Netzwerk Kultur auf 13 kreative Orte hin, die in Wuppertal Zeichen setzen
Von Martin Gehr
Elberfeld Wuppertal ist eine Stadt voller Brüche. Es gibt die Villen im Briller Viertel und die von Graffiti überzogenen Treppen der Innenstadt. Es gibt wuchtig-graue Fabrikgebäude, aber auch weitläufige Parkanlagen. Es gibt den Glamour des Opernhauses und den „Shabby Chic“ der Utopiastadt. Es gibt zehn offizielle Stadtbezirke, die auch nach über 40 Jahren oft immer noch ein Konglomerat statt einer Einheit bilden. Das Freie Netzwerk Kultur will das ändern. Seit Mittwoch bringt es mit einer Plakataktion das „Zukunftslabor Kunst & Stadt“ buchstäblich auf die Straße.
Stadtplan zeigt Klassiker und Neuentdeckungen
20 Plakate werden über das gesamte Stadtgebiet verteilt. Das erste Plakat wurde am Mittwoch an der Uellendahler Straße, unweit des Mirker Viertels, angebracht. Es ist „übermorgenrot“, wie Kommunikationsdesigner Jens Oliver Robbers es nennt, und zeigt in Zeichnungen 13 kreative Orte, darunter die Junior Uni, das Opernhaus, den Bahnhof Vohwinkel und die Alte Feuerwache.
Viele von ihnen sind längst Klassiker wie das Kulturzentrum die Börse oder das Café Ada. Doch man habe ganz bewusst Leuchttürme ausgesucht, erklärt Matthias Wanner vom Wuppertal Institut: „Es ging nicht darum, Orte vorzustellen, von denen man noch nie gehört hat. Es ging darum, auf etablierte Initiativen hinzuweisen, die auf der Ebene der Stadtentwicklung Impulse setzen. Diese Orte wollen wir aus einer neuen, spielerischen Perspektive zeigen und ihnen dadurch neue Aufmerksamkeit schenken.“ Es sei eine Wertschätzung den Engagierten gegenüber, die mit knappen Finanzmitteln etwas schaffen, das über den reinen Kultur- oder Kunstbetrieb hinausgeht.„Diese Initiativen schaffen es, aus althergebrachten, gewohnten Orten etwas Neues zu schaffen“, sagt Dramaturgin Uta Atzpodien. Dazu gehört die Utopiastadt im ehemaligen Mirker Bahnhof genauso wie Projekte, die bislang weniger Aufmerksamkeit erhalten haben. Etwa der Kulturkindergarten an der Juliusstraße, der mit Künstlern aus den Sparten Musik, Theater, Tanz, bildender Kunst sowie zur Lese- und Schreibkompetenz zusammenarbeitet.Oder der „Bob Campus“ im früheren Bünger Textilwerk in Oberbarmen, der gerade erst eröffnet wurde. Er verbindet eine Kita sowie die Max-Planck-Realschule mit Gewerbe- und Gemeinschaftsflächen und einem Nachbarschaftspark, der auf 4500 Quadratmetern entsteht.
Fortsetzung des Labors ist für den 19. September geplant
Das Plakat existiert auch als Poster und liegt an vielen Kulturorten der Stadt zur Mitnahme aus. „Wir arbeiten hier zwar mit einem analogen Medium“, sagt Atzpodien. Doch sei dieser Stadtplan nicht wie jeder andere, sondern Kunst, kombiniert mit Selbstironie. „Wir haben das Thema verwissenschaftlicht und persiflieren das Versuchslabor“, erklärt Wanner. Deshalb trage es auch den Namen „Versuchsanordnung I“. Zudem erfanden sie kuriose Maßeinheiten wie den „Alien-Faktor“ oder die „Gehört-Werdenz (GhWz)“.
Auf der Rückseite des Posters werden die Stationen ausführlich erläutert. Dort porträtiert das Netzwerk alle Orte, indem es die Betreiber nach ihrer Geschichte, ihren Herausforderungen und Wünschen gefragt hat. Bei einer Großstadt, die 350 000 Einwohner hat, könne das Plakat jedoch nur einen kleinen Ausschnitt der Kreativität darstellen, betont Robbers. Deshalb gibt es am Montag, 19. September, eine Fortsetzung des Projektes, aus der die „Versuchsanordnung II“ entstehen soll. Die Veranstaltung findet ab 18 Uhr im ehemaligen Schauspielhaus statt und ist für alle Besucher offen.
Das Projekt des Zukunftslabors entstand in einer Kooperation von Freiem Netzwerk Kultur und Wuppertal Institut. Unterstützt wurden sie dabei von der Kunststiftung NRW, der Jackstädtstiftung und dem Kulturbüro Wuppertal.
Das „Zukunftslabor Kunst & Stadt“ wurde im September 2020 erstmals vorgestellt. Aufgrund der Corona-Pandemie war es jedoch kaum möglich, die ausgewählten Orte zu besuchen. Mit der Plakataktion will das Team nun daran anknüpfen. Das Projekt erforscht nach Angaben des Freien Netzwerks Kultur „Transformationspotenziale“ in Wuppertal. Es präsentiert insgesamt 13 Orte, die durch ihr Engagement auffällige Impulse für Kunst, Stadtentwicklung und Nachhaltigkeit setzen. fnwk.de/zukunftslabor
)) Quelle: Westdeutsche Zeitung // 1. September 2022
Beim Jahrestreffen des Oberbürgermeisters mit der freien Kulturszene kamen die Probleme auf den Tisch
„Das Problem beim Dialog mit der Politik ist, dass zwar viele Kritikpunkte aufgenommen werden, letztlich aber nichts passiert“, sagt Fotograf Avan Weis aus Unterbarmen. „Das mag den Verwaltungsstrukturen geschuldet sein, die sie blockieren, liegt aber auch daran, dass sich die Politik oft in Diskussionsschleifen befindet, aus denen nichts entsteht.“
Um diesem Problem entgegenzuwirken, hatte Oberbürgermeister Uwe Schneidewind am Montag zum Jahrestreffen der freien Kulturszene geladen. In Zusammenarbeit mit dem Kulturbüro kamen mehr als 60 Wuppertaler Kulturschaffende in der „börse“ an der Wolkenburg zusammen, um sich auszutauschen. Diesmal allerdings nicht im „Frontalunterricht“ wie im März, sondern an vier Tischen, die jeweils einem Thema zugeordnet waren.
„Es gab den ausdrücklichen Wunsch, dass ein Dialog auf Augenhöhe stattfindet“, sagt Bettina Paust, Leiterin des Kulturbüros. So nahmen an jeder Gesprächsrunde unter der Moderation des Kulturbüros und einem Vertreter der freien Szene jeweils ein Dutzend Besucher teil. Im Viertelstundentakt wurde gewechselt, am Ende präsentierten die Organisatoren die Ergebnisse. Die Dynamik verblüffte zum Schluss auch Uwe Schneidewind: „Mich hat erstaunt, dass wir hier in so kurzer Zeit so viel Input bekommen haben. Das kenne ich aus der Verwaltung nicht.
“Konkret ging es um soziale Nachhaltigkeit, um Honorare und Altersarmut, Veranstaltungsräume, den Dialog mit der Politik sowie die Sichtbarkeit der freien Szene. Letzteres gehörte an diesem Abend zu den besonders stark diskutierten Themen. „In der Sichtbarkeit und der Vermarktung braucht die freie Szene eine Sprache, die für viele zugänglich ist und nicht nur für ein gut situiertes Bürgertum“, sagt Andreas M. Wiese, der an der Kunstakademie Düsseldorf studierte und als freischaffender Maler in Wuppertal lebt. „Wenn wir Informationen suchen, suchen wir sie heute zuerst im Internet.“ Eine Website müsse aber innovativ sein und nicht „das übliche Kunst-Blabla“ wiedergeben, um wahrgenommen zu werden. Der Kultur scheine die Verpflichtung auferlegt zu sein, „sich immer gestelzt und en vogue auszudrücken, um ernst genommen zu werden. Das ist nicht mein Film.“ Zudem müsse die Sichtbarkeit seitens der Stadt in ein übergreifendes Marketingkonzept eingebunden sein und die freie Szene gleichberechtigt neben Institutionen wie dem Von der-Heydt-Museum und dem Skulpturenpark Waldfrieden präsentieren.
Dauerbrenner war darüber hinaus die finanzielle Förderung. Violinistin Gunda Gottschalk diskutierte am Thementisch nicht nur über die Künstlersozialkasse, Versteuerung und das komplexe Verfahren von Förderanträgen, sondern auch über Mindesthonorar, die Musiker pro Konzert und pro Person zu akzeptieren bereit seien: Der Konsens betrug als Minimum 250 Euro, bei soziokulturellen Projekten pro Person pro Stunde sogar nur 35 Euro. Die Kulturszene gibt sich offenbar bescheiden und nimmt auch auf die Ansprüche ihrer Zuschauer Rücksicht: So reichten andere Vorschläge, die die Anziehungskraft der freien Szene fördern könnten, von freiem Eintritt für Geringverdiener bis zu einem „Neun-Euro-Kulturticket“ für Wuppertal in Anlehnung an das vergünstige Nahverkehrsticket.
„Das neue Format hat uns sehr zugesagt“, findet Ralf Budde, Geschäftsführer des Theaters in Cronenberg – auch wenn der Begriff der freien Kulturszene sehr relativ sei, weil er unterschiedliche Gewerke verbinde, die unterschiedliche Bedürfnisse und Arbeitsgrundlagen hätten – vom Maler bis zum Musical. „Jetzt müssen wir abwarten, ob der Austausch und die Impulse, die daraus hervorgehen, ein guter Startpunkt waren oder nur ein singuläres Ereignis.“
Kulturförderung? Ausnahmsweise. Der Hinweis beim Jahrestreffen der freien Kulturszene, dass die Finanzierung von Kultur eine freiwillige Aufgabe der Kommunen sei, zeigt die Verhältnisse. Bereits im Lockdown wurde der Kultur schmerzlich bewusst, „nicht systemrelevant“ zu sein. Das Jahrestreffen war ein Impuls, die Freie Szene wieder ans Licht zu bringen. Es gibt Menschen, die malen Bilder, die nicht im Von der Heydt-Museum hängen. Es gibt Menschen, die tanzen und nicht zum Pina Bausch-Ensemble gehören. Es gibt Menschen, die machen Musicals. Muss man das ernst nehmen? Ja, muss man. Kultur ist keine „schöne Nebensache“. Kultur ist für die Identität und das Leben einer Stadt genauso relevant wie alle anderen Gewerke, sei es Verkehrsplanung, Sicherheit oder Wirtschaft. Das gilt auch für die Freie Szene. Für viele Besucher ist der Unterschied zwischen städtischer und privater Kultur zunächst keine Frage der Qualität, sondern der Wahrnehmung. Die Frage taucht erst auf, wenn die Förderung nicht ausreicht, um diese Qualität konsequent zu liefern. Ein Problem ist aber auch die Bürokratie. OB Uwe Schneidewind sagte in seinem Fazit, er habe an diesem Abend in so kurzer Zeit so viel Input erhalten, wie er es in der Verwaltung selten erlebe. Vielleicht hilft es manchmal, etwas zu machen, statt es über Jahre zu zerreden. Denn manchmal sind kurze Wege keine Einbahnstraße.
Bettina Paust,
Leiterin des Kulturbüros, wirkte am Ende des Branchentreffens euphorisch: „Das war wirklich keine Laberrunde, sondern eine Materialsammlung, auf der man aufbauen kann.“ Zwar sei der Prozess auf Jahre angelegt, „aber das Fundament ist da“. Nun werden einzelne Themen aufgegriffen. Eine Fortsetzung ist in Planung.
)) Quelle: Westdeutsche Zeitung // 24. August 2022
Die Aktion macht auf die folgende Ausstellung in der Stadtsparkasse aufmerksam, die am 11. Mai eröffnet wird
Manchmal beginnt eine Ausstellung in mehreren Schritten. Was in Zeiten von Corona nicht ungewöhnlich ist, die dafür gesorgt haben, dass es lange gar keine Vernissagen mehr gab und dafür sorgen, dass diese auch heute noch anders als früher verlaufen. Die Pandemie war auch Auslöser für ein Format in Wuppertal, das Ende April 2020 auf den ersten Lockdown reagierte, indem es nach draußen ging. „OAA (Out and About) - Kunst geht raus“ hat mittlerweile mehrere Folgen und Wandlungen erlebt, ist zu einer Marke geworden. Geht nun wieder raus, um in der kommenden Woche einzukehren. Beides hängt mit der Stadtsparkasse zusammen und ihrem 200-jährigen Bestehen. Sozusagen „Von draußen nach drinnen“ und das im doppelten Sinne.
Im ersten Lockdown wurde das Projekt geboren
Frank N und Birgit Pardun haben bislang sieben Mal Kunst in Plakatgröße auf die Stellwände von Ströer gebracht, durften auch einmal den großen Bildschirm des Infoscreens des Unternehmens bespielen. Sie verwandelten so immer wieder die Stadt in eine temporäre Outdoor-Galerie. Mal machten nur vier Künstler und Künstlerinnen bei der Kunstaktion im öffentlichen Raum mit, mal deutlich über hundert.
In der Auflage, die am 6. Mai startete, sind es 19. Und wie immer war die Vorbereitungszeit extrem kurz. Was weniger an der Idee liegt, die alt ist, sagt Frank N, als an der Entscheidung, diese im Rahmen des runden Geburtstages zu realisieren. Die Finanzierung übernimmt deshalb die Stadtsparkasse, Birgit Pardun und Frank N organisieren, bereiten die Bilddateien auf, Ströer stellt wieder kostenlos seine Plakatwände zur Verfügung.
40 sind es diesmal an der Zahl. Damit sich die Plakate nicht im Stadtgebiet verlieren, werden sie in Elberfeld zentriert gehängt – oberhalb der Schwimmoper, am Ostersbaum, Arrenberg, an der Uellendahler Straße. Eine thematische Vorgabe gibt es nicht, einige Kunstschaffende hängen mehrere Bilder. 20 neue und 20 Bilder, die schon mal zu sehen waren. Frank N: „Ich habe die Künstler kurzfristig angeschrieben und auch einen recht guten Rücklauf erlebt.“ Platzbegrenzung und zeitliche Befristung halfen bei der Auswahl.
Alle Plakate sind mit dem Hinweis auf die 142. Ausstellung der Serie „Kunst in der Stadtsparkasse“ versehen. Ein Format, das seit über 50 Jahren ebenfalls dem Gedanken folgt, Kunst dahin zu bringen, wo die Menschen sind – in diesem Fall den Besuchern des Geldinstituts. Die erste „Kunst in der Sparkasse“, die nicht ans Kundencenter am Islandufer einlädt. „Wenn Sie die Ausstellung sehen, werden Sie sofort verstehen, warum sich die Organisatoren für diesen Ort entschieden haben“, machen die Sparkassen-Eventmanager Jürgen Harmke Frank Ifang neugierig.
„Von draußen nach drinnen“, die „quasi“-Retrospektive, startet dann am 11. Mai in der Glashalle der Sparkasse am Johannisberg oberhalb der Bundesstraße. Geplant sind eine große LED-Wand, auf der die Plakate in einer Diashow in Endlosschleife gezeigt werden – schließlich gilt es Arbeiten von 127 Kunstschaffenden zu zeigen. 15 Bannerkombinationen sollen zudem von den Balkonen der Halle herabhängen und jeweils drei Einzelbilder zeigen. Während diese Schau für mehrere Wochen (bis 23. Juni) geplant ist, läuft die Zeit für die 40 Plakate in der Regel nach zehn Tagen ab – es sei denn, es gibt keine Anschlussbuchung für die Fläche.
„Kunst in der Sparkasse“ erstmals in der großen Glashalle
„Ich freue mich, wieder Kunst in der Stadt zu sehen, auch als Appetitmacher für das, was dann in der Stadtsparkasse kommt“, sagt Birgit Pardun zu dieser weiteren Auflage von OAA, bevor das Format den Wechsel vollzieht. Auch Frank N unterstreicht: „Das bringt OAA von 2020 wieder in die Köpfe der Leute und hat Sinn im Hinblick auf die Anschlussschau.“ Weil es deren Titel „Von draußen nach drinnen“ noch transparenter und einfacher nachvollziehbar mache.
Das Buch „OAA - Kunst in Zeiten von Corona“ (18 Euro) dokumentiert Projekt und Geschichte. outandabout-kunstgehtraus.jimdofree.com/ Bei der Plakataktion ab 6. Mai wirken mit: Michael Alles, Piet Biniek, Peter Caspary, Rita Caspary, Werner Dickel, Olaf Faustmann, Krzystof Juretko, Martina Kaufmann, Peter Klaassen, Andreas Komotzki, Christiane Mamok, Petra Mohr, Frank N, Birgit Pardun, Ines Pröve, Jorog Schäfer, Daniel Schmitt, Katja Wickert, Andreas M. Wiese.
)) Quelle: Westdeutsche Zeitung // 7. Mai 2022
Ausstellung „plan e“ ist noch bis zum 24. Juni im Foyer des Wuppertal Instituts zu sehen
Von Martin Hagemeyer
Der Schriftsteller Henry David Thoreau (1817 bis 1862) ist bekannt dafür, dass er einst in die nordamerikanische Wildnis in eine einsame Hütte zog. Seine Überzeugung damals: Der Mensch ist untrennbar mit der Natur verbunden – oder er sollte es sein. Daran erinnert ein wenig die aktuelle Ausstellung „plan e“, die jetzt zur „Midissage“ lud: Beide suchen den sinnlichen Kontakt zur Wildnis.
Mit Kunst zum Klimaschutz: Die Schau zur gleichnamigen Aktionsreihe, die jetzt öffentlich vorgestellt wurde, will auf ungewöhnliche Art für die Natur und ihre Bewahrung werben - mit Malerei und anderen künstlerischen Zugängen. Fast noch ungewöhnlicher: Partner und Aussteller ist kein Museum, sondern eine Adresse der Wissenschaft - das Wuppertal Institut.
Zusammen mit Mansa Sabaghian, Uta Atzpodien und Gisela Kettner hat Michael Felstau diese „partizipative Kunst- und Mitweltaktion“ konzipiert. Einst Student der Philosophie, Theologie und Literatur, war sein Hintergrund zunächst akademisch - bis er beschloss, sich der Natur und ihrem Schutz praktisch und kreativ zu widmen. Heute engagiert er sich abseits des aktuellen Projekts regelmäßig bei der IG „Wuppertals urbane Gärten“. „Denken und Handeln sind heute allzu oft getrennt“, stellt Felstau fest - was wohl auch als Grundgedanke von „plan e“ gelten kann. Aus Felstau spricht die Dringlichkeit, die Klimawende zu forcieren: „Uns läuft die Zeit davon.“
Gemälde, weitere Kunstwerke und Dokumentarisches sind hier im Foyer nun zu sehen. Zum Letzteren gehören Banner, die das Format „wERDschätzung“ im Bild fixierten, eine Daueraktion des Künstlers Freifrank (bürgerlich Frank Fischer): Am „Tag des guten Lebens“ am 20. Juni 2021 hatte er auf dem Platz der Republik den Grundstoff Erde auf besondere Art in Szene gesetzt und zum Wahrnehmen ermuntert. Ein Foto davon zeigt kreisrund eine Erdmasse aus der Vogelperspektive, mit „Strahlen“ inszeniert wie eine Sonne: Wie das Gestirn ist doch Erde eine Grundlage der Existenz. Auf einem weiteren geht die Klimaaktivistin Yvonne Grabowski in Direktkontakt – und lässt den braunen Lebensstoff durch ihre Finger rieseln.
Kunstwerke, die von der Architektur Irans inspiriert sind Mansa Sabaghian zeigt Kunstwerke, die von der Architektur ihrer Heimat Iran inspiriert sind. Sie sucht eine Übertragung des dort häufigen Gewölbesystems „Muqarna“ in die Interaktion zwischen Menschen – ein Film im Foyer gibt dazu Einblick. An der Wand hängen filigrane, ornamentale Variationen zu dieser Tradition. Daneben Gemälde aus Gisela Kettners Reihe „Erd-Bilder“: Unter Verwendung echter Erdarten entstanden hier Landschaftspanoramen von stiller und durchaus konkreter Schönheit.
Dass die Ausstellung gerade hier zu sehen ist, überrascht letztlich nur auf den ersten Blick. Das „Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie“ ist eine weithin anerkannte Forschungseinrichtung, die immer die Vermittlung ihres Fachwissens im Blick hat – zum Klimawandel informiert es die Öffentlichkeit und berät die Politik. Sich kreative Zugänge zu öffnen, mag auch für engagierte Wissenschaft zwar nicht selbstverständlich sein. Doch nicht zuletzt Uwe Schneidewind, sein einstiger Direktor vor Antritt als Oberbürgermeister, hatte mit seinem Konzept und Buch „Zukunftskunst“ den universellen Ansatz betont und für einen umfassenden Wandel mit enger Einbeziehung von Kunst und Kultur plädiert. Nur einleuchtend daher, die heutige Schau hier zu zeigen – als eindrücklichen Appell mit Mitteln der Ästhetik.
Das Projekt versteht sich nicht nur als Ausstellung, sondern als „partizipative Kunst- und Mitweltaktion“: Zum Mitmachen gab es etwa einen Tanzworkshop mitten im Wald mit der Künstlerin Julia Ferrer. Zu sehen ist die Schau noch bis zum 24. Juni montags bis donnerstags 9 bis 16, freitags bis 15 Uhr) im Foyer des Wuppertal Instituts, Döppersberg 19. Eintritt: frei.
)) Quelle: Westdeutsche Zeitung // 30. April 2022
Die Lowischs und ihre Pläne für die Kunststation im Bahnhof Vohwinkel
Manche Dinge entwickeln eine positive Eigendynamik, auch wenn sie eher einen Fehlstart hinlegen. Für Eckehard Lowisch ist dieses Ding seine Beschäftigung mit Friedrich Engels, die er zum Jubiläumsjahr 2020 aufnahm. Mittlerweile wurde daraus eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit der eigenen Arbeit als Bildhauer im digitalen Zeitalter. Direkt am Anfang geriet „When Robots make Art – Der Junge Engels“ in die Pandemie. Was das Projekt veränderte und die Arbeit in der Kunststation im Vohwinkeler Bahnhof lahmlegte, die Lowisch zusammen mit seiner Frau Tine leitet. Zwei Jahre später suchen beide einen neuen Weg, um digital wie analog Kunst und Menschen zusammenzubringen. Gemäß ihrem Motto: „Die Kunst muss weiter gehen.“
Als der erste Corona-Lockdown im März 2020 kam, war er zunächst fast willkommene Pause zum Atemholen nach zahlreichen Projekten. Zugleich ein Schock, weil er das Engels-Projekt stoppte, das Teil von Ausstellungen im Haus der Jugend und Barmer Rathaus werden sollte. Also schickte Eckehard Lowisch seine Engelsfigur auf Reise, baute sie an vier Orten in der Stadt flashmobartig auf und stellte die aus 56 Marmortafeln bausatzartig zusammengesetzte Skulptur schließlich in einem der beiden Innenhöfe des alten Schauspielhauses auf.
Engels-Figur steht nun in einem Innenhof des Schauspielhauses
Bei einem Tag der offenen Tür am 21. Mai auf dem Campus Freudenberg sollen Figur und damit verbundenes Gedankengut in diesem Jahr noch einmal sichtbar werden. „Im Engels-Jahr ging es immer nur um die Figur, mir aber geht es um die Themen, um Arbeit 4.0, um die Beeinflussung der Kunstarbeit durch die Digitalisierung.“ Ob diese Kunstarbeit gefährdet oder neue Arbeit schafft – so wie zu Engels Zeiten die Industrialisierung die soziale Frage nach sich zog. Weshalb Engels‘ Klassiker über „Die Lage der arbeitenden Klasse in England“ von 1845 noch heute in der Kunststation ausliegt. Lowisch wiederum nutzt mittlerweile die digitalen Möglichkeiten – vom virtuellen Modell bis zum 3D-Drucker – als weiteres Werkzeug. Er arbeitet weniger physisch, greift seltener zum Meißel und mehr zur Tastatur. Er hat so auch die Website der Kunststation und des Engelsprojekts und eine Präsenz in den Sozialen Medien aufgebaut. Nutzt auch bei seiner Engelsfigur digitale Fertigungshilfen. Um sie in sechs Größen (eine siebte soll am 21. Mai entstehen), als Kettenanhänger und meist aus Gips, Stein, Zinn (den ihm Wuppertaler vorbeibringen) oder Metall herzustellen. Hinzu kommen Einzelstücke aus Schokolade, Messing oder Wachs. Seit Oktober gibt es die Figur im Taschenformat und vier Farben als Souvenir im Tourismus-Pavillon der Stadt am Döppersberg. Und ein Zinn-Engels ist offizieller Preis beim monatlichen Slamwettbewerb in der Börse. Bei einer Stahl-Firma in Engelskirchen schließlich entsteht gerade eine Figur aus Stahl.
In der Kunststation kamen auch in der Pandemie hin und wieder Besucher (wenn es erlaubt war), fand eine kurze Engels-Präsentation statt. Im September 2021 reiste der Oberbürgermeister zum Sommergespräch an, man entwickelte Ideen einer Teilnahme an einer Buga, deren Pläne bekanntlich in Vohwinkel gleich zwei Entwicklungsareale Bereiche (Lokschuppen und Tescher Wiese) vorsehen. Tine Lowisch: „Wir sehen uns als Pförtner, denn die Besucher steigen hier am Bahnhof in die Buga ein.“ Außerdem stehe der Bahnhof für die Zukunft der Mobilität, so Eckehard Lowisch, da hier Bahn und Rad (durch die Nordbahntrasse) angeboten werden.Zuvor aber wollen die Lowischs einfach weiter machen, nicht wie vor der Corona-Pandemie, als von April bis September Aktionen geplant wurden, nicht mit langfristigen Plänen, sondern mit der Reflexion über die eigene Aufgabe. Weshalb Sichtbarkeit angestrebt wird im Trägerverein und für die Kunden der Bahn. Im Rahmen eines NRW-Stipendiats will Lowisch demnächst sich und seine Arbeit in einer Art gläsernem Atelier präsentieren. „Der Künstler ist wieder anwesend“ soll Bildhauertechniken an Schüler und Studierende vermitteln. Am konkreten Konzept arbeitet er gerade. „Die Frage ist ja auch, ob die Menschen wieder kommen“, denkt der Künstler nach.Eine Ausstellung steht dennoch fest: Im Mai wird in der Kunststation der Gewinner des Bergischen Kulturpreises präsentiert.
Tine und Eckehard Lowischs Kunststation gibt es seit 2014. Sie umfasst 200 Quadratmeter Ausstellungsfläche mit rund vier Meter hohen Wänden und einen Tunnel.
)) Website: Kunststation Wuppertal
)) Das Projekt „When Robots make Art“ im Netz: der-junge-engels.de
)) Quelle: Westdeutsche Zeitung // 16. April 2022
„OAA #7 – Vom Sein und von dem, was sein könnte“ – ein Angebot an Kunstschaffende unter den ukrainischen Flüchtlingen
Die Idee überzeugt: Menschen können über kreative Arbeit schlimme Erfahrungen verarbeiten, zugleich aus einer passiven Situation herausfinden. Das sieht auch Frank N so und erinnerte sich nun daran, als der Krieg in der Ukraine, ausgerechnet an Altweiber, losbrach. „Ich wusste sofort, da werden viele Flüchtlinge kommen“, erzählt der Foto- und Filmkünstler und Mit-Initiator von „Out and about – Kunst geht raus“, „und erfahrungsgemäß sind da auch Künstlerinnen und Künstler dabei“. Menschen, die traumatisiert sind ähnlich denen, die er im Jugoslawienkrieg in den 1990er Jahren erlebte, als er im Ada mitwirkte. Nun will er gezielt bis zu zehn von ihnen in das neue Projekt „OAA #7 – Vom Sein und von dem, was sein könnte“ einbinden. Denn „Integration und Kooperation stecken nun mal in den Genen von OAA“, sagt er.
2021 führte die Kunstausstellung „normal“ Frank N und Daniel Lorberg zusammen. In der Alten Glaserei stellten von August bis Oktober sieben Kunstschaffende aus. Schon damals dachten Frank N und der Diplom-Kaufmann Lorberg, der zum Direktorium des „Solar Decathlon“ gehört, eine Fortsetzung auf dem Gelände an der Nordbahntrasse an. Kunst sollte in den internationalen universitären Architektur-Wettbewerb integriert werden, der vom 10. bis 26. Juni dieses Jahres in Wuppertal mit solar versorgten Modellhäusern zeigen will, dass klimafreundliches Bauen architektonisch ansprechend, bezahlbar und sozial verträglich sein kann. „Wir wollen auf dem Gelände zwischen Kulturkindergarten und Brücke Uellendahler Straße Container mit Kunst bespielen, die zwischen die Architektur-Modelle gestellt werden“, erklärt Frank N und schlägt nun den Bogen zu Kunstschaffenden, die aus dem Kriegsgeschehen in der Ukraine nach Wuppertal fliehen: „Ich will etwas tun, ihnen etwas anbieten.“ Drei bis zehn bildende Künstlerinnen und Künstler können drei der insgesamt vier geplanten Container nutzen, um dort Kunst zu präsentieren im Rahmen einer Ausstellung oder Performance.
An dieser Stelle der Geschichte kommt Manuela Richard vom Internationalen Begegnungszentrum (IBZ) des Caritasverbandes Wuppertal-Solingen ins Spiel. Die Soziologin im Fachdienst für Integration und Migration kann Kontakte herstellen, denn die Flüchtlinge geben bei ihrer Ankunft in der Stadt nicht ihren Beruf an. Die Caritas beherbergt seit zweieinhalb Wochen in ihrer Unterkunft an der Vogelsangstraße 120 Flüchtlinge aus der Ukraine, hat im Kollegium Menschen, die dolmetschen können, hat bereits ein Konzert in der Unterkunft veranstaltet und weiß, dass das Interesse an Kultur vorhanden ist. „Wir kümmern uns nun auch um Kunst-Workshops und weitere Konzerte auf ehrenamtlicher Basis“, so Richard. Und man übersetzt einen Aufruf von Frank N. „Es geht darum, die Menschen schnell auf bessere Gedanken zu bringen, damit sie das Schreckliche verarbeiten können, das sie erlebt haben. Künstler reflektieren in ihrer Kunst, was um sie herum ist“, betont Frank N und sucht aktiv nach Atelierräumen oder Platz in Atelierräumen (“ich selbst kann leider nur einen Computer zur Verfügung stellen“), nach weiteren Kooperationspartnern, Sponsoren oder Förderung und Multiplikatoren seines Angebots
Daniel Lorberg wiederum unterstützt die Einbindung ukrainischer Kunstschaffender in die Kooperation mit OAA während des Solar Decathlon, kann sich auch vorstellen, ihnen für die Erstellung ihrer Kunst Platz in der Alten Glaserei, in der Cotton Factory oder andernorts anzubieten. „Das kommt ja darauf an, was sie machen wollen.“ Ein Bildhauer stelle andere Platz-Anforderungen als ein Maler. „Wir schauen, dass sie ein vernünftiges Arbeitsfeld erhalten.“ Und während des Wettbewerbs vernünftige Präsentationsmöglichkeiten – in Containern oder Zelten, je nachdem, was sie brauchen. Musikerinnen und Musiker aus der Ukraine wiederum können sicherlich beim Musikprogramm des Solar Decathlon mitwirken, das er gerade mit Horst Wegener erarbeitet. „Sie sind uns auf jeden Fall alle herzlich willkommen.“
Derweil öffnet sich der Solidarfonds „EinTopf“, der in der Pandemie als Nothilfe für Kulturschaffende entstanden ist. „Alle Künstler in Wuppertal können einen Antrag stellen, wir haben auch Leute, die übersetzen“, erklärt Johannes Schmidt vom Vorstand. Außerdem werde die Website gerade ins Englische und bald auch ins Ukrainische übersetzt.
Ukrainische Künstlerinnen und Künstler, die nach Wuppertal geflohen sind und sich für „OAA #7 – Vom Sein und von dem, was sein könnte“ interessieren, nehmen am besten über E-Mail, frank@noexitfilm.de, unter unter Telefon 0179 1007488 Kontakt auf. Den Eintopf erreichen sie über eine Email an team@eintopfwuppertal.de
)) Quelle – Westdeutsche Zeitung // 25. März 2022
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Das Freie Netzwerk Kultur hat zum Jour Fixe in der Färberei eingeladen
Ein Hauch von „Reise nach Jerusalem“ wehte in der Färberei, als das Freie Netzwerk Kultur zum Worldcafé lud. Das Format meint Gruppenarbeit zu verschiedenen Themen, nach jeder Runde wechselt jeder an einen anderen Tisch. Eine einleuchtende Variante zum Kernanliegen der Reihe, denn für Austausch steht der Jour fixe schon immer.
Zur 22. Ausgabe öffnete nun das Soziokulturzentrum in Oberbarmen seine Türen. Rund 30 freie Kulturschaffende fanden sich ein. Wer da war, sah es sicher wie Uta Atzpodien, Netzwerk-Frau der ersten Stunde: „Einfach mal wieder zusammenkommen.“Was kann das Netzwerk leisten? Die fünf Themengruppen plus einer offenen widmeten sich verschiedenen Facetten dieser Frage.
Finanzielle Hilfen, Beiträge zu Nachhaltigkeit, Diversität oder Inklusion sowie Einbringen im geplanten Tanzzentrum waren gesetzt. Wer wo teilnahm, entschied sich nach Zufallsprinzip mit bunten Kärtchen – wer beim Eintritt ein blaues zog, kam zunächst zum Tanzzentrums-Tisch, den die bildende Künstlerin Zara Gayk moderierte.Auf diesem Feld nun fand sich Kritik: Die Teilnehmenden zogen ein skeptisches Fazit zur künftigen Ausrichtung des Zentrums, was die vorgesehene Partizipation betrifft. Zur Erinnerung: Im Konzept des Förderprojekts waren von Anfang an vier Säulen vorgesehen, von denen der so genannte Wupperbogen für breite öffentliche Beteiligung stehen sollte. Inzwischen gibt es mit Bettina Milz eine neue Leitung, und die Gruppe befürchtete: Dieses Handlungsfeld rund um Bürger oder freie Szene spiele dort in dieser Form anscheinend „keine Rolle“.Gruppen, die unterrepräsentiert zu sein drohen: Das war Schwerpunkt beim Stichwort Diversität. Da sah man Handlungsbedarf, und zwar in zweierlei Hinsicht: aufseiten der Auftretenden und sonstigen Kunstaktiven, aber auch beim Publikum. Was also könne das Netzwerk hier tun? Eine Anregung am Ende war, die Zielgruppen schon in der Jugend abzuholen und für frühe Einbeziehung zu sorgen.
Auch beim Thema Inklusion ging es um Künstler und Publikum im Vergleich – aber mit anderem Befund: „In manchen Theatern ist zwar der Zuschauerraum barrierefrei“, bemerkte Uwe Schinkel von der Glanzstoff-Akademie der inklusiven Künste. „In den Backstagebereich können Künstler im Rollstuhl aber nicht gelangen.“ Weiter sah er auf der eigenen Homepage Verbesserungsbedarf in puncto Lesbarkeit – eine Barriere der visuellen Art.Während Andreas von Hören spontan die Leitung der freien Runde übernommen hatte, moderierten Julia Wessel und Andreas Wiese das Thema Geld. Als Funktionen des Freien Netzwerks kam nicht nur heraus, dass manche Förderanträge nur vom Verein gestellt werden könnten. Man erhoffte sich auch Service von Organisation bis Beratung, für deren Übernahme besonders Maler Wiese sich dankbar zeigte: „Ich selbst greife lieber zum Pinsel.“
Bei einer so bunten Zusammensetzung, wie die freie Szene sie bei den Netzwerktreffen bietet, war an den Tischen kein Mangel an Ideen und reger Beteiligung. Beispiel Nachhaltigkeit: Wen der Farb-Zufall dorthin verschlug, konnte das Thema ganz unterschiedlich angehen. So Daniela Raimund von der gastgebenden Färberei, die dazu spontan die Dauerhaftigkeit in der Kulturarbeit zählte; ihren Vorwurf an nur befristete Förderung benannte sie am Tisch prägnant: „Projektitis“.Lukas Hegemann sah dort den Bezug dagegen ökologisch: Der Chef der Börse hatte vor einer Weile unter dem Titel „Landpartien“ Fahrradtouren zu Biohöfen veranstaltet, kombiniert mit Musik und Lesung – und war sogar selbst in die Pedale gestiegen.
)) Quelle – Westdeutsche Zeitung // 10. März 2022
Neues Projekt von „Out and about“ bringt Botschaften auf Plakatwände in Elberfeld
Eigentlich gehe es um das Denken, das Nachdenken, sagt Frank N. Er blickt dabei auf ein Plakat, das in großen Lettern fordert: „Think positive, be negative“. Seit Freitag hängt sein Spruch an einer Wand an der Ecke Eckernförder Straße / Uellendahler Straße in Elberfeld. Eines von insgesamt fünf Plakaten im Stadtteil. Hingucker, Stolperstein, Angebot zum Innehalten – in einer Zeit, in der eine Viruswelle die nächste ab-, ein Geschehnis das nächste auslöst, die Suche nach Sicherheiten der nach dem Ausgang aus einem Labyrinth gleicht. „#Nachdenkzettel“ ist das neueste Projekt von „Out and about“ (OAA), das in der Coronakrise begann Kunst nach draußen zu tragen, hinein ins Leben der Menschen.
Im ersten Lockdown im Frühjahr 2020 kamen sie zusammen, Frank N und Birgit Pardun, Kunstschaffende in Wuppertal und Initiatoren von OAA. Im Unternehmen Ströer, das mangels Kulturveranstaltungen freie Plakatwände zur Verfügung stellte, kam ein dritter Partner ins Boot. Gemeinsam setzte das Kernduo von OAA seither viele Projekte im Stadtgebiet auf die Schiene, mal mit über Hundert weiteren Künstlerinnen und Künstlern an Plakat-, mal mit Kooperationspartnern wie der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft Wuppertal an Hauswänden.Nun geht es erstmals um rein sprachliche Botschaften, die die Pandemie und ihre vielfältigen Folgen für die Gesellschaft thematisieren, ohne dies explizit zu benennen. Eine kleine, überschaubare Aktion mit nur fünf Akteurinnen und Akteuren, die spontane kurze Wortspielereien beisteuern. Alle sehr verschieden, so wie die Köpfe, die dahinter stehen, schwärmt Piet Biniek. In großen schwarzen Buchstaben wurden sie auf leuchtend gelbem, 2,50 mal 3,50 Meter großem Hintergrund aufgebracht. Die maximal kontrastierenden Farben, so Andreas Komotzki, sollen die Aufmerksamkeit der Menschen wecken, wenn diese vorübergehen oder - fahren zwischen Nordstadt, Luisenviertel, Elberfeld und Zoo.Birgit Pardun musste nicht lange suchen. Ihr „Gebt neun!“ verfremdet die in der Pandemie naheliegende Aufforderung, auf sich achtzugeben, indem sie diese um eine/einen mehr erweitert. „Jeder achtet auf sich, seine Gesundheit, sein Auto, sein Haus. Wir müssen aber gerade jetzt auf die Gesamtheit achten“, sagt sie zu ihrem Beitrag, der in der Schwebebahnhofstation Zoo hängt.„Müssen wir zum Sterben schön sein?“ fragt Piet Biniek, die als erklärter Schlingensief-Fan von der Idee sofort begeistert war. „Ich mag Bildstörungen, die in die Informationsflut brechen und zwingen innezuhalten.“ Sie habe sich viel mit dem Thema Schönheitswahn beschäftigt, der wie die Pandemie für eine gestörte Entwicklung der Gesellschaft stehe, negativer Auswuchs des Kapitalismus sei. Ihre Frage, die sie nun am Deweerth‘schen Garten stellt, soll nichts vorgeben, will anstoßen. Ergebnis offen.
Georg Janthurs „mu-ta-tis; mu-tan-dis“ steht an der Ottenbrucher Straße. Der aus dem mittelalterlichen Latein stammende Ausdruck gibt Rätsel auf, verlangt nach Übersetzung, führt zum näheren Hinschauen. Und tatsächlich liefert Janthur im Kleingedruckten gleich drei Übersetzungen, die mit Änderung, Abänderung, unabdingbarer Veränderung oder Anpassung an neue Umstände zu tun haben. Er selbst nutze den Spruch als Arbeitstitel eines Projekts, das er seit zwei Jahren verfolge, erklärt er. Im Kontext von Pandemie und Klimawandel liest er ihn als Ausdruck dafür, dass bestimmte Entwicklungen zu Reaktionen führen, die wiederum weitere Handlungen auslösen – „wie in einem Schneeballsystem, wie in einer schleichenden, unabdingbaren Entwicklung“.
Vier Worte bilden ein Bild, ein Wortbild, so wie vier Wände einen Raum ergeben, erzählt Andreas Komotzki, der sich seit vielen Jahren in seiner Kunst mit Landschaften beschäftigt. Diese fotografisch und sprachlich spiegelt. Sein „Sause, brause, Landschaft, Stille“ lädt an der Bahnhofstraße zu subjektiven Assoziationen ein, die Bilder aus der Erinnerung des Betrachters hervorholen. Spielerische Poesie, die den Alltag durchbricht.Für eine Dekade (also etwa zehn Tage) hängen die Nachdenkzettel nun. Das Denken dauert – hoffentlich – länger.
)) Quelle – Westdeutsche Zeitung // 5. Februar 2022
)) Infos im Netz – Alle fünf Plakate sind mit QR-Codes versehen, die weitere Informationen geben. Außerdem gibt es zum Projekt #Nachdenkzettel eine eigene Site im Netz: oaa-texte-2022.jimdofree.com Über „Out and about“ (OAA) und seine Geschichte, die im März 2020 begann: https://outandabout-kunstgehtraus.jimdofree.com.
3629 Euro für Wuppertaler in Not durch WZ-Adventsaktion
Bei der WZ-Adventsaktion konnten Künstler ihre Werke spenden und interessierte Leser diese dann ersteigern. Dabei kam einiges zusammen.
Mit Kunst Gutes tun – das konnten Leserinnen und -Leser bei der WZ-Adventsaktion, bei der Werke von Wuppertaler Künstlerinnen und Künstlern versteigert wurden. Die stolze Summe von 3629 Euro ist auf diese Weise zusammengekommen. 22 Kunstschaffende hatten ihre Gemälde, Zeichnungen, Fotografien und Skulpturen zur Verfügung gestellt. Das Geld, das so zusammen gekommen ist, geht an den Verein „Wuppertaler in Not“ (WIN). Die Organisation ist ein Zusammenschluss von Wuppertaler Medien, die unverschuldet in Not geratene Menschen kurzfristig und unbürokratisch unterstützt. Lothar Leuschen vom Vereinsvorstand nahm das Geld symbolisch für WIN in Empfang.
Wie in einem Adventskalender war im Dezember 2021 Tag für Tag ein Kunstwerk vorgestellt worden. Auf unserer Internetseite wz.de können die Arbeiten noch heute angeschaut werden. Mitgemacht haben Christian von Grumbkow, Zara Gayk, Peter Ryzek, Kerstin Johanna Kästner, Stephanie Eickmeyer, Julia Ferrer Vilchez, Piet Biniek, Andreas Komotzki, Brigit Pardun, Eckehard Lowisch, Frank N, Andreas Stock, Rita Caspary, Peter Caspary, Frank Olikosky, Annette Marks, Georg Janthur, Andreas Wiese, Andrea Raak, Renate Löbbecke, Anke Büttner und Susanne Meier zu Eissen-Rau. Ein herzliches Dankeschön!
)) Bildergalerie der WZ auf www.wz.de/64405459
)) Quelle – Westdeutsche Zeitung // 14. Januar 2022
Vielfältige Kunst für Wuppertaler in Not
Mit Kunst Gutes tun – das können WZ-Leserinnen und -Leser in diesem Jahr bei der WZ-Adventsaktion, bei der wir Werke von Wuppertaler Künstlerinnen und Künstlern versteigern.
Von Katharina Rüth
Die Gemälde, Zeichnungen, Fotografien oder Skulpturen werden demnächst hoffentlich in einem Wuppertaler Wohnzimmer oder an einem anderen schönen Ort zu finden sein, dort Menschen erfreuen, zum Nachdenken oder zur Diskussion anregen. Und außerdem dazu beitragen, Menschen in einer Notsituation zu helfen. Denn der Erlös der Versteigerung der Kunstwerke geht an „Wuppertaler in Not“. Die Organisation ist ein Zusammenschluss von Wuppertaler Medien, die unverschuldet in Not geratene Menschen kurzfristig und unbürokratisch unterstützt. Wer ein Kunstwerk unserer Aktion erwirbt, hilft mit.
Wie in einem Adventskalender stellen wir Ihnen jeden Tag ein Kunstwerk vor. Auf unserer Internetseite www.wz.de/64405459 sind alle bisher vorgestellten Werke zu sehen. Wer eines davon für sich selbst oder als Geschenk für andere möchte, kann mit einer Mail an die Redaktion an da.wuppertal@wz.de ein Gebot abgeben. Das Interesse ist groß, um so manches Kunstwerk gibt es große Konkurrenz.
Abstrakt oder konkret, verträumt oder witzig
Die Werke zeigen bereits eine große Bandbreite von abstrakt bis gegenständlich, von Zeichnung bis zur Skulptur – in meist kleinem Format. Da gibt es die abstrakten Landschaften „Contemplation 1“ und „Contemplation 2“ von Christian von Grumbkow, auf denen leuchtende Farben den Blick des Betrachters an den fernen Horizont ziehen. Mit schemenhafte Figuren in einer abstrakten Landschaft in Blau- und Grüntönen versucht Zara Gayk, in ihrem Werk „Kachina“, die geistigen Kräfte der Hopi in Arizona zu visualisieren, aber auch Raum für assoziative Entdeckungen zu eröffnen.
Auch der Maler Peter Ryzek hat mit seinem Bild „Schnee Umarmung“ mit bewegten weißen Linien und Flächen auf einem violetten Untergrund dem Betrachter viel Freiheit bei der Interpretation gelassen. Ebenso mag mit Assoziationen spielen, wer das zarte Gespinst „Frida“ betrachtet, dass Kerstin Johanna Kästner aus Edelstahldraht gehäkelt hat und das an einen Kokon erinnern könnte. „Draht ist Linie im Raum, wird durch meine Hand-Arbeit zur Figur“, erklärt die Künstlerin ihre Gedankengänge.
Mehr erkennbar ist auf Stephanie Eickmeyers monochrom blauem Ölbild „Blattmensch“, das dennoch die Fantasie anregt: Eine weibliche Figur steht vor einer Landschaft, hat statt einem Kopf ein Blatt. „Das Bild beschäftigt sich mit der Frage nach der Distanz und Nähe des Menschen zur Natur, und zur eigenen Natur“, erklärt die Künstlerin. Ihre Bilder seien meist vom Alltag inspiriert, durch das Aufeinandertreffen von äußerer und innerer Welt entstünden Poesie und Traumwelten.
Gut erkennbar sind die beiden Figuren, die Julia Ferrer Vilchez auf die kleine Leinwand gebannt hat: Eine dunkelhäutige und eine hellhäutige Person sitzen eng beieinander, wobei die hellhäutige einen Arm vielleicht beschützend, vielleicht einfach Nähe suchend um die andere legt. „We are just humans“ hat die Malerin ihr Bild genannt. Es „entstand 2020 geprägt von den Nachrichten aus dem Flüchtlingscamp in Moira“, erklärt sie. Der Titel drücke genau das aus, was ihr am Herzen liege.
Rätselhaft oder auch einfach nur schön mag die Fotografie „Rehlein am Strand“ von Fotografin, Tänzerin und Performerin Piet Biniek auf den Betrachter wirken: Erst auf den zweiten Blick wird der ungewöhnliche Ort deutlich: Das Kitz liegt nicht im Gras oder auf dem Waldboden, sondern am Strand vor einem strahlend blauen Himmel. Es war Bestandteil der Ausstellung „Normal“ im vergangenen September in der Alten Glaserei, angeregt durch die Corona-Pandemie, bei der sich mehrere Wuppertaler Künstler Gedanken darüber machten, was denn „normal“ ist. Das „Rehlein“ war auch Motiv des Ausstellungsplakats.
Ähnliche Assoziationen könnte der Titel „Von der Auflösung der Ordnung, von der Umkehrung der Zeichen“ auslösen. Doch das Bild des fallenden oder fliegenden Mannes stammt aus den frühen Nullerjahren, erläutert Künstler Andreas Komotzki. Damals „setzte ich mich mit der Loslösung von Bildern und Zeichen des Alltags aus ihrem gewohnten Bedeutungskontext auseinander“, erklärt er. Wem das Motiv bekannt vorkommt: Den fallenden Mann sieht man auch auf Verkehrsschildern, die vor Gefahren warnen.
Humor und ungewöhnliche Zusammenstellungen sind auch Bestandteil des Werks von Brigit Pardun. Sie stellt für die WZ-Adventsaktion die Zeichnung „Katzehai“ zur Verfügung, auf der ein großes Fischmaul eine Katze zu verschlingen droht, die die Gefahr nicht zu ahnen scheint. Typisch ist das zunächst scheinbar kindlich-witzige Motiv, das auf den zweiten Blick Unbehagen hervorruft – und vielfältige Gedanken dazu anregt.
Das Engelsjahr hat Bildhauer Eckehard Lowisch zum Anlass genommen, den Unternehmer, Philosophen und Revolutionär einmal ganz anders darzustellen, dabei gleichzeitig den Einfluss der Produktionsbedingungen auf den Wert von Kunst zu thematisieren. Seine Figur „Der junge Engels“ ist kein Abbild des berühmten Barmers, sondern eine Abwandlung einer Spielzeugfigur, maschinell erstellt. In verschiedenen Größen gibt es ihn, exklusiv für die WZ-Adventsaktion stellt er eine 20 Zentimeter hohe Version zur Verfügung. Das Besondere: Die Oberfläche ist auf außergewöhnliche Weise veredelt. Sie ist mit einer seltenen Gießsteinglasur confisiert, die aus einer Mixtur aus Steinstaub und Werkzeugabrieb besteht, der in Lowischs Atelier bei der Herstellung von Tony-Cragg-Marmorskulpturen angefallen ist.
)) Quelle – Westdeutsche Zeitung // 11. Dezember 2021
)) Schicken Sie eine Mail an da.wuppertal@wz.de / Das Höchstgebot erhält das Kunstwerk.
Im Rahmen des „Somma’21“-Festivals sind 13 Kulturschaffende zwischen Vögeln und Raubtieren aufgetreten
Von Daniel Diekhans
Die großen und kleinen Zoo-Besucher merkten schnell, dass am vergangenen Sonntag etwas Besonderes los war. Kaum hatten sie die Kasse passiert, kam ein Gesang zu ihnen herübergeweht, der definitiv nicht aus einem der Vogelhäuser stammte. Tatsächlich gehörte die volle Stimme Annette Konrad. Während die Künstlerin sonst mit ihrer „Swing Kabarett“-Band auftritt, sang sie jetzt solo unter freiem Himmel – quasi als Begrüßungsmusik – Evergreens der 20er bis 40er Jahre.
Damit war Konrad nur eine von 13 Kulturschaffenden, die das gesamte Zoo-Areal zu ihrer Bühne machten. Diesen Beitrag zum „Somma‘21“-Festival haben sich Eckehard und Tine Lowisch von der Kunststation in Vohwinkel ausgedacht. Es biete sich an, so die beiden Initiatoren, den „beliebten Klassiker“ Zoo-Besuch zu erweitern – „um experimentelle, künstlerische Formate“, die im Rahmen der Infrastruktur und dem Sicherheitskonzept des Zoos abliefen.
Entsprechend setzten Musiker und Tänzer auf kurze Performances, um die Tiere nicht zu stören. So wartete Solist Andreas Bär, der sich bei den Raubtiergehegen aufhielt, bis Konrad ihren Part gesungen hatte. Erst dann griff er zu seinem Saxophon und spielte – was hätte besser passen können? – eine Melodie aus dem „Dschungelbuch“-Film. Gerald Hacke und Nicola Hammer vertraten das Sinfonieorchester Wuppertal und musizierten gemeinsam am „Aralandia“, der größten Freiflug-Voliere für Papageien in Europa.
Thusnelda Mercy und Pascal Merighi von der Barmer „Tanzstation“ hatten ihren Pop Up-Auftritt in einem Waldstück zwischen den Gehegen. Da wurde eine Baumgruppe zur Kulisse für ausdrucksvolle Drehfiguren und Sprünge. Auf der Bühne der „Konzertmuschel“ konnte man Sänger und Schriftsteller Max Christian Graeff erleben – aber auch hier nur, wenn man den richtigen Moment erwischte. Denn feste Auftrittszeiten gab es nicht.
Dann gab es da noch Künstler, die die Gehwege zu ihrem Parcours machten. Zum Beispiel Lore Duwe, die eine Kittelschürze trug und sich als Putz- und Toilettenfrau vorstellte. Sie habe viel zu tun, erklärte die Schauspielerin, schließlich müsse sie noch den „ganzen Zoo abstauben“.
Besucherin Birgit Evers ließ sich von ihr gern in ein Gespräch verwickeln und hörte amüsiert zu, als Duwe die vielen Oberbürgermeister aufzählte, denen sie schon persönlich begegnet sei. Überhaupt fand Evers den Zoo als Kulturort „sehr interessant“. Als sie aus den Medien vom Programm erfuhr, hatte sie sich direkt für einen Besuch entschieden. Was für Evers, die eine Jahreskarte für den Zoo hat, eine echte Ausnahme ist: „Ich geh sonntags eigentlich nie hierhin.“
Damit Duwe ihre Rolle glaubhaft darstellen konnte, hatte ihr Eckehard Lowisch ein Toilettenhäuschen eingerichtet. Allerdings eines der besonderen Art – unter anderem mit von ihm gefertigten Duwe-Büsten. Mehr von Lowisch konnte man an der Emu-Wiese sehen. Ihm gefiel die Anlage so gut, dass er dafür aus Marmor und Kalkstein gleich mehrere Werke schuf – schwarz und weiß wie ein Zebra.
„Für mich ist das hier so idyllisch“, sagte der Künstler. „Das hat etwas von einem Skulpturenpark.“ Das Löwengehege wiederum hat Katharina Maderthaner und Christian Schreckenberger vom „Neuen Kunstraum Düsseldorf“ zu einer Open Air-Ausstellung inspiriert.
Die gezeigten Objekte, Skulpturen und Installationen, so ist die gemeinsame Hoffnung der Bildenden Künstler, sollen über den Tag der Veranstaltung hinaus im Zoo verbleiben – je nach ihrer jeweiligen Beschaffenheit und Ausformung und in Absprache mit den Vertragspartnern.
)) Im Netz – Kunststation Wuppertal / Der Zoo als Buehne
)) Quelle – Westdeutsche Zeitung // 6. September 2021
Kerstin Hamburg hatte das leerstehende Ladenlokal im Luisenviertel entdeckt - nun lädt Tanzrauschen hier zum Pop Me Up
Jahre lang war das leuchtendblaue Eckhaus im Luisenviertel eine beliebte Adresse für mediterrane Feinkost. Etwas Fischgeruch hängt noch in der Luft des großen ehemaligen Fachgeschäfts, das Schild mit aufgemalten Früchten und Gemüse über der Tür wurde nicht abgenommen und am Fenster lässt sich die Klebefolie mit der Aufschrift „Täglich frisch“ erahnen. Ansonsten aber leuchtet der Flachbau pinkfarben, ist der Raum fast leer, offen für Neues. Und ein Versprechen - das der Verein Tanzrauschen gibt: In den nächsten fünf Monaten können sich hier Menschen künstlerisch erproben.
Pop Up Stores sind in, bieten als Win-Win-Lösung dem einen vorübergehend eine Unterkunft, dem anderen eine Zwischennutzung, bis die Immobilie ihrer dauerhaften Bestimmung zugeführt wird. Sie ploppen spontan auf und schließen nach einer gewissen Zeit wieder. Im Fall des Flachbaus an der Ecke von Friedrich-Ebert- und Osterfelder Straße ist dies der Abriss im Januar. An Ort und Stelle soll danach ein Neubau entstehen. An einem Samstag Mitte Mai schlenderte Kerstin Hamburg vom Vorstand des partizipativen Tanzfilm-Vereins mit einer Freundin an dem Gebäude vorbei, das mitten im, auch überregional bekannten, Luisenviertel liegt. Sie las im Schaufenster das Plakat des Eigentümers, der Interessenten für eine Pop Up-Nutzung suchte. Und erkannte sofort: „Hier kann Tanzrauschen für ein halbes Jahr ein Gesicht bekommen und zugleich einer breiteren Bevölkerung bekannt werden.“ Auch die Menschen erreichen, die sich sonst eher wenig für kulturelle Themen interessieren. Hamburg: „Unser Ziel ist es, einen Ort zu kreieren, an dem sich das Einkaufspublikum, integrative/soziale Initiativen und Kulturschaffenden Wuppertals begegnen können – gezielt oder überraschend – ganz wie es kommt.“
Der Verein Tanzrauschen möchte ungezwungenes Aufeinandertreffen und damit gegenseitiges Sichtbarmachen anstoßen und ermöglichen von Kulturschaffenden und Integrations- und sozialen Betrieben, von regionalem Lauf- und Einkaufspublikum. . Es geht um (Aus-)Bildungsangebote, Angebote oder Ausstellungen der Produkte und Ergebnisse der Werkstätten sowie um offene Ateliers.
Tanzrauschen e.V., Sophienstraße 12, 42103 Wuppertal Telefon 202 / 47 82 98 65 E-Mail kerstin.hamburg@tanzrauschen.de
Zunächst versicherte sich die Kommunikationsdesignerin des Rückhalts im Tanzrauschen-Vorstand, dann wurde sie sich mit dem Vermieter einig, der sich offen für eine kreative Zwischennutzung zeigte und sogar die Farbe des Vereins auf die Hausfassade brachte. Zum 1. Juli mietete der Verein die 240 Quadratmeter große Fläche mit den teilweise gefliesten Wänden und den bespiegelten Säulen an. Putzte und schrubbte, strich die Wände, brachte die Elektrik auf Vordermann. Mittlerweile verteilen sich einige Sitzmöbel und eine Theke auf dem teils gefliesten, teils mit Teppichboden belegten Boden. „Wir wollen nur noch Tanzteppich verlegen, sonst nichts mehr verändern“, erklärt Hamburg, Denn das neue Angebot soll vor allem ein Freiraum für die reiche Kultur in der Stadt sein, die nach dem Lockdown auch hier sichtbar werden soll. Weshalb das Pop Up- ein Pop Me Up-Angebot sein soll, betont Hamburg.
Vieles wird noch organisiert, einiges ist schon eingetütet. So gab es am letzten Juli-Wochenende mit der Konzertperformance „Kinetisch-konstruktive Lounge“ der Kulturtechniker (wir berichteten) einen Auftakt nach Maß, der schon mal alle möglich Nutzungen zusammenbrachte, die im Pop Me Up-Raum möglich sein sollen. Die an den Wänden angebrachten Bilder des Wuppertaler Malers Christian Knust hängen noch, ebenso einige Leuchtobjekte von Astwerk. Sie sorgen, wie die offene Tür und die Plakate in den Schaufenstern, dafür, dass immer wieder Leute stehen bleiben, hineinschauen und hin und wieder auch reinkommen. „Schön wäre natürlich, wenn wir feste Öffnungszeiten hinbekämen“, denkt Hamburg in die Zukunft.
Zu der gehört eine Tänzerin, die hier etwas entwickeln will. Anfragen für ein freies Singen, oder für Formate, die Film, Musik und Tanz zusammenbringen und erproben wollen, liegen vor. Ab September sollen Workshops stattfinden mit Jugendlichen, Kindern und Senioren zu Themen wie Upcycling oder der Verarbeitung der Folgen des Lockdowns mit kreativen Mitteln. Betreut und unterstützt von Künstlern. Veranstaltet von Tanzrauschen oder anderen. Kerstin Hamburg denkt auch an Kooperationen mit integrativen Organisationen., die „auf einem „Markt der Möglichkeiten“, etwa zu Weihnachten, ihre Produkte anbieten können, so aus den Randgebieten in die Mitte der Stadt kommen“.
Konkretes Interesse an Kooperationen haben bereits Bergische Diakonie und der Verein Autismus Wuppertal bekundet. Und natürlich geht es um Tanz, die Bewegung im Raum, vielleicht auch um ein Tango Milango-Angebot, und um das Get together der Screen Dance Academy des Tanzrauschen Vereins nach getaner Arbeit. All das nicht in Konkurrenz, sondern gemeinsam mit der kulturellen Szene Wuppertals, als deren Teil sich Tanzrauschen begreift. „Wir wollen nach dem Lockdown hier gemeinsam kreativ sein und netzwerken.“
Und die Finanzierung? Hat Luft nach oben. Die Jackstädt-Stiftung gewährt eine Förderung, die künftigen Nutzer müssen einen Obulus leisten, dessen Höhe vom Erfolg bei der Spendenaquise abhängt.
)) Im Netz – www.tanzrauschen.de
)) Im Netz – www.facebook.com/tanzrauschenwuppertal
)) Quelle – Westdeutsche Zeitung // 6. August 2021
K4 Theater für Menschlichkeit am Neuenteich startet ein Dreivierteljahr später als geplant
Es war eine Achterbahnfahrt, sagt Mona Köhler. Auf der einen Seite war da die Freude über die Spielstätte und die Pläne, auf der anderen Seite die Perspektivlosigkeit, die sich einstellte, als ein Plan nach dem anderen nicht umgesetzt werden konnte. Und so fand der für den vergangenen Oktober geplante Start des „K4 Theaters für Menschlichkeit“ der vierköpfigen Familie Köhler erstmal nicht statt. Er wurde als spontaner Kaltstart Ende Juni mit „Der kleine Prinz“ nachgeholt. Mit großer Freude, sprachlos machender Rührung und toller Resonanz bei den rund 30 Zuschauern – mehr waren coronabedingt in den Räumen am Neuenteich, wo Jahrzehnte Müllers Marionetten-Theater zuhause gewesen war, nicht erlaubt. Kris Köhler: „Wir wollten auf jeden Fall spielen, sobald wir irgendwie grünes Licht bekamen. Und wenn es nur vor zehn Leuten gewesen wäre.“
Info // Mehr zum Thema
Mona und Kris Köhler sind Schauspieler und Pädagogen. 2014 gründeten sie die Akademie für Darstellende Kunst Westfalen, eine professionelle Schauspielschule für Kinder und Jugendliche. Mittlerweile besuchen in Dortmund hundert und in Bochum 50 Nachwuchsschauspieler samstags die Akademie, um Schauspiel-, Gesangs- und Tanzunterricht zu nehmen. In Wuppertal ist eine kleinere Klasse geplant, die am 28. August, 10 bis 13 Uhr, eröffnet werden soll. Die ersten Anmeldungen liegen schon vor. Infos: adkwestfalen.de.
Ein erstes, von der „Bundesförderung Demokratie leben“ unterstütztes Schulprojekt wurde im April mit 13 Schülern des Dörpfeld-Gymnasiums von 15 bis 18 Jahren gestartet, die eine Bühnencollage zu Menschenrechten entwickelten. Am „Tag des guten Lebens“ gaben sie eine Kostprobe, das Projekt wird nach den Sommerferien fortgesetzt.
Weitere Aufführungstermine für „Der kleine Prinz“: 15., 16., 17., 18., 22., 23., 24., 25. Juli. Karten für die Theateraufführungen im Netz: www.k4theater.de oder unter Telefon 0202/447766.
Als der Anruf der Weißenborns im Juni 2020 kam, waren die Schauspieler auf der Suche. Im Theater Kammerspielchen in Gräfrath konnten sie wegen der Pandemie nicht auftreten, ein eigenes Theater erschien als unerfüllbarer Wunsch. Da kam das Angebot, das Theater in Wuppertal von den angehenden Ruheständlern zu übernehmen, gerade richtig. Eine schnelle Entscheidung und ein Konzept waren gefordert. „Wir haben überlegt, was wir gemacht haben und was uns wichtig ist, und was uns von den anderen unterscheidet“, erzählt Mona Köhler, wie der Name „Theater der Menschlichkeit“ zustande kam. Er erweitert ihr Projekt „Stimme der Menschlichkeit“, weist darauf hin, dass die Köhlers Unterhaltung mit nachhaltigem Engagement verbinden, „das integrative, interkulturelle und intergenerative Zusammenleben“ fördern und eine an „humanistischen Werten orientierte Lebensweise“ stärken wollen.
Das spiegelt sich auch im Programm wider, das die Bandbreite ihres Repertoires präsentieren und nun endlich aufgeführt werden soll. Vier Stücke stehen auf dem Spielplan, der erstmal bis Ende 2021 festgezurrt wurde und bewusst ohne das im Kammerspielchen erprobte Repertoire auskommt. Antoine de Saint-Exupérys Klassiker haben die Köhlers an den Anfang gesetzt, weil die ganze Familie mitmachen kann (neben Mona und Kris sind dies die Töchter Lina und Elli), weil es ein Familienstück ist und damit nahtlos an die Theatertradition der Vorgänger anknüpft und weil seine Botschaft passt. „Wir haben eine Eröffnungsszene geschrieben, die diese Botschaft ins Hier und Jetzt überführt.“ Dabei geht es um Freundschaft, auch auf Distanz, die Erkenntnis, was wirklich wichtig ist, und die Sehnsucht nach einem Ende der Isolation. Im Juli (siehe Kasten) stehen weitere Aufführungstermine an.
Im August und September folgt der Krimiklassiker „Die Falle“ von Robert Thomas, der die Krimödie Hamburg nach Wuppertal führt und eine interessante Kooperation begründen soll, weil die Köhlers in den beiden Hauptrollen mitwirken. Stück Nummer drei ist im September und Oktober die gesellschaftskritische, mehrfach verfilmte Komödie „Der Vorname“ von Alexandre de La Patellière, der eine ernste Botschaft unterhaltsam verpackt. Die Köhlers wollen die Aufführung mit einer Austellung und Begleitmaterial unterfüttern, das nicht verpflichtendes Angebot sein soll. „Wahrheit 1,5“ ist ein Politthriller über Klima- und Umweltschutz – weshalb das im Pariser Abkommen festgelegte Klimaziel von 1,5 Grad Celsius globaler Erwärmung im Titel steht. Er steht im November auf dem Programm. Das Stück entstand in Zusammenarbeit mit dem Journalisten Stefan Klein und wird durch den Fonds Darstellende Künste gefördert.
Ansonsten gab es für das junge Theater mangels Vorjahresvergeichszahlen weder Unterstützung durch den Neustart Kultur noch Überbrückungshilfen. „Wir haben nur Hilfen über Stipendien für Einzelkünstler bekommen, die an Projekte geknüpft sind“, berichtet Kris Köhler. Als das Geld für die Kostüme bei „Der kleine Prinz“ ausging, sprang das Kulturbüro ein. Außerdem kommt ihnen der Vermieter bei der Miete entgegen und hat der Familienbetrieb keine Ausgaben für Angestellte. Auch der Umbau – von der zu schaffenden Künstler-Garderobe, über die Umgestaltung des Foyers, die umfangreiche Neugestaltung der Bühne bis hin zur Technikkabine – wurde weitgehend selbst und mit Unterstützung von Freunden bewerkstelligt. Handwerker waren in der Coronakrise schwer zu bekommen.
So ganz angekommen sind die Köhlers noch nicht in Wuppertal, nicht nur weil sie wegen der Kinder vorerst in Wetter wohnen bleiben, damit sie dort die Schule besuchen können. Virtuelle Meetings mit der freien Szene ersetzen den persönlichen Kontakt nicht. Umso größer ist die Hoffnung, dass sie jetzt endlich vor Publikum spielen und so Menschen kennenlernen können.
)) Im Netz – K4 | Theater für Menschlichkeit
)) Quelle – Westdeutsche Zeitung // 14. Juli 2021
Das Filmprojekt „Arbeit.Mensch.Utopia“ wandert durch die Stadt und lässt unterschiedlichste Menschen zu Wort kommen
Planschen und Spaß haben: Das sind wohl die Haupttätigkeiten, an die man bei Schwimmbädern denkt. An Berufen fällt einem der Bademeister ein, Putzpersonal oder Verwaltung schon seltener. Wo steckt Arbeit, was macht sie aus, wann erfüllt sie uns? Solchen Fragen widmete sich das Projekt „Arbeit. Mensch. Utopia“ mit Filmdrehs im Freibad Neuenhof - groß und doch konkret.
Ganz verschiedenen Menschen gehörte für eine halbe Stunde ein professionelles Filmset, damit sie ihre Sicht auf Arbeit schildern konnten. Die Aktion ging hervor aus Plänen zum hier einst anvisierten Opernformat „Sound of the City“; unter anderem in der Oper soll der heute entstehende Film auch gezeigt werden. Kooperiert wird mit der „Mobilen Oase Oberbarmen“ des Kommunikationszentrums Färberei in Oberbarmen.
Und von hier stammte nun im Wortsinn der Dreh- und Angelpunkt des Tages: Gefilmt wurde im Bauwagen der „Oase“, der sonst auf dem Peter-Hansen-Platz vor der Färberei steht. Außer wenn eben seine Mobilität gefragt ist - für Aktionen irgendwo in der Stadt. Außen zeigte der Wagen eine andere Art Umrüstung, die viel zum Thema sagte: Ein eigens gestaltetes Transparent war voller Symbole für verschiedenste Arbeitsformen. Eine Hand hielt dort ein Reagenzglas, eine zweite eine Zange und eine wurde von einer kleinen umklammert - Branchen wie Forschung, Handwerk, Betreuung waren unschwer herauszulesen.
Die technische Leitung hat Kim Münster, die als Filmemacherin seit Jahren im Tal bekannt ist. Uta Atzpodien ist gleichfalls umtriebige Kulturfrau und nicht zuletzt präsentes Gesicht des „Freien Netzwerks Kultur“. Bislang weniger im öffentlichen Fokus steht Anne Brüne, und dass sie übers Stichwort „Arbeit“ zum Team stößt, ist dabei vielleicht am interessantesten: Als „Beraterin für Unternehmenskultur“ kommt sie aus der Wirtschaft und will einmal die Perspektive wechseln. „Seit 16 Jahren schaue ich von innen, aus dem Tagesbetrieb auf Arbeit. Spannend finde ich bei dem Projekt: Hier erlebe ich Arbeit einmal als etwas, das Menschen ausmacht.“
Im ersten Drehteil gehört alle Aufmerksamkeit jeweils dem oder der Teilnehmerin: Kamera und Mikro laufen, und die Person erzählt. Zuweilen wird auch wiederholt: Es kommt vor, dass beim ersten Versuch etwas nicht recht gelang oder man eine Aussage lieber anders formulieren will. Einmal, ist zu hören, wurden Richtung Müllverbrennungsanlage lautstark Rohre bearbeitet. Man ist eben bei einem Dreh - und das nicht in einem gemauerten Studio, sondern mitten im Leben.
Der Aufbau ist erprobt vom Vorgängerprojekt „Mensch. Utopia“, wo man 2016 die „Zelte“ zum Filmen in den Quartieren Wichlinghausen und Arrenberg aufgeschlagen hatte. Der guten Erfahrung damals folgt man nun im „Neuenhof“: Auch hier wird jeder nach Abschluss seines Sprechbeitrags stumm gefilmt, während er seine frisch entstandene Tonaufnahme aus dem Off hört. Vom Vorgängerprojekt zeigt ein online verfügbares Video, wie das wirkt: Die eine lauscht unbewegten Gesichts, der andere schmunzelt leise oder lässt nachträgliche Zustimmung erkennen.
Ein Panorama heutiger Arbeit sollte im „Neuenhof“ entstehen - in möglichst vielen Facetten. Wie wichtig ein repräsentatives Spektrum den Macherinnen war, zeigt sich auch an der Teilnehmersuche. „Ältere Menschen sind eine Gruppe, die zeitweise wenig vertreten war“, erinnert sich Kim Münster, „eine weitere Gruppe sind Arbeitgeber.“ Ganz unterschiedliche Kategorien von Menschen also, die aus der ein oder anderen Warte ihre Sicht auf Arbeitsfragen haben. Auf spontan mitredende Badegäste zu warten kann naturgemäß keinen ausgewogenen Querschnitt sichern.
Auch deshalb konzentrierte sich der Samstagvormittag auf eigens angemeldeten Teilnehmer, deren Hintergrund jeweils gefragte Bezüge abdeckte. Nachmittags freute man sich auch auf Arbeitsexperten der eher zufälligen Sorte - mit dem Handtuch unterm Arm.
Akteure der „Oase“ finden sich am Drehtag auch mitten im Freibadtreiben. Fotografen auf dem Areal richteten ihr Objektiv natürlich nicht voyeurshaft auf unbeteiligte Badegäste, sondern auf ganz besondere „Besucher“: So trifft man auf eine fein gekleidete Frau, gehüllt in rote Bluse und schwarzes Kleid - und schon (jenseits von Bikini oder Badehose) überhaupt „gehüllt“ zu sein, ist an diesem Ort ja recht ungewöhnlich. Noch seltener: Sie singt - in heiterem Opernton und vom Trubel am Beckenrand sichtlich unbeeindruckt. Die Aufnahmen fließen mit in den Film ein, um das Umfeld des Drehs etwas anders zu beleuchten.
Hauptsache aber sind die Filmarbeiten. Eine der angemeldeten Teilnehmerinnen ist die Schülerin Baraa, die Uta Atzpodien von einer Schul-AG im Dörpfeld-Gymnasium kennt. Bevor es an die Aufnahme geht, folgt zunächst ein Vorgespräch, zu dem man einfach auf der Liegewiese Platz nimmt, und Atzpodien gibt plaudernd ein paar Denkanregungen.
Dann ist es so weit: Das Mädchen nimmt im Bauwagen Platz, Brüne postiert sich ihr gegenüber, Münster aktiviert die Kamera - Film ab. Zum Thema Arbeit hat sie den Vergleich mit ihrem Geburtsland gewählt und erzählt, nur leicht aufgeregt: „In Deutschland gibt es auf dem Arbeitsmarkt, so viele Möglichkeiten. In Syrien gibt es das so nicht.“
Für Uta Atzpodien steht die Performance auf dem Gelände für einen wichtigen äußeren Zugang zum Thema, während die Dreharbeiten auf Inneres zielten. Besonders wenn die Teilnehmer ihre eigenen Aussagen hören und dabei noch einmal reflektieren können: „Nur wenn wir innehalten, können wir uns auch weiter entwickeln.“ Der Tag soll Kreise ziehen und zur Vernetzung beitragen. Zum filmischen Ertrag von „Mensch. Utopia“ gab es ihr zufolge schon interessierte Anfragen.
)) Im Netz – Arbeit:Mensch:Utopia
)) Quelle – Westdeutsche Zeitung // 27. Juni 2021
Ist das Kunst oder kann das weg?
Ein neues Kapitel „Ist das Kunst oder kann das weg?“ wurde am Mittwochmorgen in der Wupper geschrieben: Das Kunstprojekt „OAA Lookdown“ mit seinen drei PVC-Planen löste einen Einsatz der Feuerwehr am Islandufer aus. Sie war alarmiert worden, um eine vermeintliche Umweltverschmutzung durch Plastikmüll im Gewässer zu beheben. Und rückte unverrichteter Dinge wieder ab. Ob die Kunst allerdings bis 4. Juni im Wasser bleibt, ist offen. Sie ist stark in Mitleidenschaft gezogen.
Am Freitag war alles noch in bester Ordnung: Birgit Pardun, Frank N und Georg Janthur befestigten ihre drei, auf Lkw-Planen aufgebrachten Kunstwerke im Flussbett ober- und unterhalb der Alexanderbrücke nahe der Schwebebahnhaltestelle Ohligsmühle. Kunst, die auf das Elend der Flüchtlinge im Mittelmeer aufmerksam machen will. Ihre Aktion sei von Wupperverband, Wuppertaler Stadtwerken, Bezirksregierung Düsseldorf und Fischerverband genehmigt worden, so Birgit Pardun. Wegen ihrer Wetterabhängigkeit war sie mehrere Male verschoben worden. Nicht bedacht hatten die Künstler, wie rasch Wasser und Steine im Flussbett den Kunstwerken zusetzen würden.
Info // Projekt „OAA Lookdown“
Nachdem der Anruf am Mittwoch eingegangen war, schickte das Ordnungsamt die Feuerwehr los, die mit zwei Fahrzeugen und Drehleiter anrückte und sich vor Ort und über der derzeit ziemlich lebhaften Wupper ein Bild machte. Derweil wurde mit Wupperverband und Unterer Wasserbehörde kommuniziert und auch überlegt, ob die gut 20 Quadratmeter großen Planen vielleicht Kunst seien. Als sich das schließlich bestätigte, so Ordnungsdezernent Matthias Nocke, rückte man wieder ab. Der Einsatz wurde als Übung eingeordnet.
„Wir waren auch etwas verblüfft“, sagt Ilona Weyer, stellvertretende Sprecherin des Wupperverbands, auf Anfrage der WZ. Denn das Projekt sei mit allen beteiligten Behörden abgesprochen gewesen. Die Künstler hätten sich zunächst an den Wupperverband gewandt, anschließend seien auch Bezirksregierung und Fischereigenossenschaft Mittlere Wupper einbezogen worden. „An dem Genehmigungsverfahren war auch die Stadt beteiligt“, sagt sie. Zuständig sei da die Untere Wasserbehörde. Sie verweist zudem auf die Internetseite der Kunstaktion, auf der die Künstler auf die Absprache mit den Behörden verweisen und sich für die freundliche Unterstützung unter anderem des städtischen Kulturbüros bedanken. Außerdem habe der Wupperverband darauf geachtet, dass bestimmte Auflagen erfüllt wurden. Unter anderem mussten die Planen fest und nah am Boden sowie in Fließrichtung des Wassers befestigt werden, damit sie sich nicht zusammenwickeln.
Die Künstler wiederum beobachten den Fortgang der Aktion täglich, wissen um die Verfassung der Planen. „Wir sehen aber keine Gefahr“, erklärt Birgit Pardun, außerdem habe man keine Nacht- und Nebelaktion gestartet, sondern öffentlich gehandelt. Man habe auch viel positives Feedback erfahren, etwa durch Wuppertaler, die einen Spaziergang zur Brücke unternommen hätten. „Wenn sich die Planen wirklich ablösen, holen wir sie eben wieder raus.“ Ansonsten aber sieht Pardun in ihrem Zustand eine Supermetapher für die Menschen, die im Wasser keine Chance haben so wie die Flüchtlinge: „Selbst die kleine Wupper setzt ihnen heftig zu.“ Das sei schon hochbrisant und veranschauliche die Situation im Mittelmeer extrem. Und Frank N ergänzt: „Für drei Lappen rückt die Feuerwehr aus, und im Mittelmeer ertrinken die Menschen.“
)) Im Netz – OAA – Out And About – Kunst geht raus
)) Quelle – Westdeutsche Zeitung // 27. Mai 2021
TANZFILMPROJEKT
Vor fast drei Jahren haben sie den großen Raum mit seinen hohen Decken und tiefen Fenstern für sich entdeckt. Sofort seine Energie, seine besondere Atmosphäre gespürt. In ihren Köpfen entstanden viele Bilder möglicher Nutzungen. Seit November schaffen Thusnelda Mercy und Pascal Merighi auch Fakten. Sie richten ihre Tanz Station im ersten Stock des Barmer Bahnhofs her, realisieren erste Projekte. Die natürlich von diesem Raum inspiriert sind und zugleich eine kreative Antwort auf die Beschränkungen der Corona-Pandemie. Die Kunst wird so zur Experimentierstube, die der Gesellschaft zeigt, wie sie mit immer wieder neuen Situationen umgehen kann.
Die schwarze Tür zwischen Packstation und Sparkassenautomaten fällt den Reisenden nicht auf, die durch die Empfangshalle des Barmer Bahnhofs eilen. Sie sehen nicht das feine, von der großen Bahnhofsuhr an der Gebäudefront inspirierte Logo, das neben der Tür hängt. Dahinter ein unscheinbares, helles Treppenhaus, das in den zwölf Meter langen, 7,5 Meter breiten und etwa fünf Meter hohen Saal mündet. Eine Küche und ein Coworkingspace komplettieren das Zuhause der Tanz Station. Thomas Leipoldt, Pächter des Kiosks im Bahnhof und Bruder von Christiane Rydl, Ehefrau des Wiener Kammersängers Kurt Rydl, dem Besitzer des Bahnhofs, hatte Thusnelda Mercy und Pascal Merighi den Raum vermittelt. Der Tanzpakt Reconnect von Diehl + Ritter unterstützt die beiden, so dass aus dem starken Anfangsgefühl, dass der Raum passt, ein realer, professionell ausgestatteter Tanz-Raum für multidisziplinäres, co-kreatives Arbeiten werden konnte.
Info // Projekt „Soli Cuts“
Mit dem Projekt „Soli Cuts“ (Solo-Improvisationen und Video Shortcuts) wollen sich die beiden ehemaligen Mitglieder des Pina Bausch-Tanztheaters, Mercy und Merighi, die längst ihre eigene Kompagnie (merighi mercy) haben, mit den Wuppertalern verbinden. Indem sie den freien Tänzerinnen und Tänzern einen Raum bieten, in dem diese sich kreativ bewegen und ausdrücken können. Konkret: Sie improvisieren einminütige Solotänze, die aufgenommen und zu einem Gesamtfilm (samt Kurzporträts) zusammengefügt werden. „Wir haben wenig vorgegeben: nur den Raum und fünf Farbstimmungen. Außerdem haben wir empfohlen, dunkle und helle Kleidung mitzubringen“, erklärt Mercy. Der Verein Tanzrauschen brachte als Projektpartner seine Tanzfilm-Expertise ein. Über 30 Tänzerinnen und Tänzer wurden eingeladen, 14 kamen. Zehn Tage im März wurde in zweistündigen Zeitfenstern getanzt und gedreht.
Gabriele Koch ist freischaffende Tänzerin und Choreografin in Wuppertal, Improvisation gehört zu ihrem Berufsalltag. Sie reize die spannende Frage, was ein Raum dem Körper sage, „ob ich mich auf ihn einlasse“, erzählt sie. Weshalb sie sich auch nicht extra auf „Soli Cuts“ vorbereitete. Bei dem Projekt beeindruckte sie die besondere Atmosphäre, die geschützte Welt in dem hohen Raum, hinter dem „auf den Bahngleisen die ganze Welt vorbeizieht. Diese Stille und glaubliche Lebendigkeit“. Pro Künstler wurden drei einminütige improvisierte Choreografien aufgenommen, eine ausgewählt. Anschließend folgte die aufwendige Postproduktion, die aus den insgesamt 16 Aufnahmen (auch Mercy und Merighi machen mit) einen etwa 19-minütigen Film schuf.
Am 6., 7. und 8. Mai wird dieser nun in Dauerschleife in einem Video-Parcours mit mehr als 30 Orten im Stadtgebiet gezeigt. „Wir gehen raus in die Stadt, zu den Menschen“, freut sich Mercy. Ob Juwelier oder Friseur oder Reiseunternehmer - „die Leute stellen gerne ihre Schaufenster zur Verfügung. Das Projekt ist nicht nur für die Tanz Station gut, sondern auch für die Läden“, erklärt Kerstin Hamburg, Vorsitzende von Tanzrauschen.
Interessierte können auf der Website nachschauen, wo der Film läuft. Sie können aber auch so losschlendern, das Angebot zeigt dann nicht nur Bewegung, sondern bringt auch in Bewegung. Merighi: „Der Film hat keinen Anfang und kein Ende und keinen Ton. Der Betrachter macht seinen eigenen Filmschnitt, indem er bestimmt, wann er einsteigt und wann er aussteigt.“
Im Sommer dann, so die Hoffnung, wandelt sich das Projekt, verlässt die digitale Isolation und wird ein analoges Gemeinschaftserlebnis: Indem die Tänzerinnen und Tänzer ihre Soli in Leerständen entwickeln - sich auch dort auf Raum, Atmosphäre und Farbe einlassen. Wenn die Corona-Schutzbestimmungen dies erlauben. Die Planungen sind deshalb noch in der Schwebe.
Genauso wie die Beschäftigung mit dem großen Raum im Bahnhof Barmen und seinen Geschichten, der faszinierenden Uhr an der Fassade. Die Bilder sind nicht mehr nur im Kopf.
Die Screen-Standorte von „Soli Cuts“: Cinema Berliner Straße, Schwarzbach-Galerie Schwarzbach, Kunstkiosk Wichlinghauser Straße, Café Joliso Barmer Bahnhof, Barmen Urban /ISG Barmen Werth, Haus der Jugend Barmen, Juwelier Bäumer & Co. (Werth), Juwelier Lorem Werth, Leerstand Werth 12, Mayersche Buchhandlung Werth, Megascreen 1, Alter Markt, Opernhaus, Sparkasse Werth, Megascreen 2, Wicküler Park, Atelier Fabian Freese Zimmerstraße, Buchhandlung Mackensen Laurentiusstraße, Café ADA/Insel e.V. Wiesenstraße, Enescom Friedrich-Ebert-Straße, EST EST EST Marienstraße, Glücksbuchladen friedrichstraße, Hauptbahnhof, Kundencenter am Wall, Park-Apotheke Friedrich-Ebert-Straße, ryżek galerie wort + bild Obergrünewalder Straße, Schauspielhaus Wuppertal, Tannenberg Apotheke Robert-Daum-Platz, Von der Heydt-Museum, Witte Flugdienst Friedrich-Ebert-Straße, Kunststation Bahnhof Vohwinkel, Naschkatzenparadies Bahnstraße, MST Frieling Lüttringhauser Straße
)) Im Netz – Kompanie merighi | mercy
)) Im Netz – Tanz Station
)) Im Netz – TANZRAUSCHEN // Soli-Cuts
)) Quelle – Westdeutsche Zeitung // 6. Mai 2021
ONLINE-TALK IN DER TANZ STATION
Von Elvira Wrosch
Kunst neben an- und abfahrenden Zügen, zwischen vorbei hastenden Reisenden und inmitten verweilender Passanten: Wie funktioniert das Kunst-Bahnhof-Konzept? Dieser Frage stellte sich das Leitungsduo der „Tanz Station – Barmer Bahnhof“ am Montagabend in einer einstündigen Zoom-Konferenz. Thusnelda Mercy und Pascal Merighi luden unter dem Motto „Tanz meets…“ zum Bahnhofsgespräch ein. Mit vor Ort war das Kuratorenehepaar Tine und Eckehard Lowisch von der Kunststation im Bahnhof Vohwinkel. Digital zugeschaltet nahm Marcus Körber, Kurator der Städtischen Galerie Wolfsburg im Kooperationsprojekt Kunststation im Hauptbahnhof Wolfsburg, teil. Moderiert wurde das Gespräch von der Wuppertaler Dramaturgin Uta Atzpodien.
Drei aktive Bahnhöfe und drei unterschiedliche Kunstprojekte trafen zum Erfahrungsaustausch aufeinander und ihre „Bahnhofsvorsteher“ präsentierten vielschichtige Konzepte mit Herzblut. Die „Tanz Station – Barmer Bahnhof“ ist der jüngste Kunstraum der drei. Erst Anfang des Jahres gründeten die beiden ehemaligen Mitglieder des Tanztheaters Wuppertal Pina Bausch diesen Ort des kreativen Austausches. Im denkmalgeschützten Barmer Bahnhof sollen in Kooperation mit der freien Tanzszene analoge und digitale kunstübergreifende Aktionen initiiert werden.
Während sich die „Tanz Station“ im ersten Stock des Bahnhofsgebäudes befindet, ist die Kunststation in Vohwinkel im Erdgeschoss ansässig. Bei freiem Eintritt und zwischen zwei Zügen kann dort bildende Kunst erlebt werden. Ziel ist es für Tine Lowisch, Menschen mit der Kunstvermittlung herauszufordern und zu interessieren. „Publikum ist Kulturgut, das man pflegen sollte.“ Als kleines Gastgeschenk zeigten Mercy und Merighi ein Kurzvideo, in dem die beiden den Bahnhof Vohwinkel tänzerisch vorstellten und mit ihren Bewegungen räumlich vereinnahmten. Damit unterstrichen sie ihre Idee des interdisziplinären Austauschs auf besondere Art.
Der am meisten frequentierte Kunstraum ist die Kunststation im Hauptbahnhof Wolfsburg mit täglich um die 20 000 Passanten. Im öffentlichen Eingangsbereich wird seit 2006 eine Wartenische mit Malerei, Fotografie oder dreidimensionalen Objekten bespielt. Ausgangspunkt waren die 2004/05 integrierten Bodenplatten des Künstlers Daniel Buren. Marcus Körber stellte das Projekt vor.
Dieses Bahnhofsgespräch war das erste einer neuen Reihe „und nur eines der vielen Formate, die umgesetzt werden sollen“, so Pascal Merighi.
)) Im Netz – Kunst Station
)) Kommentar zur Veranstaltung von Klaus Dilger auf dem TanzWeb Portal
)) Quelle – Westdeutsche Zeitung // 28. April 2021
Kunst und Kreativität beflügeln Kinder und junge Erwachsene. Rund vierzig Kulturschaffende kamen unter dem Titel „Workspace #ChanceKultur“ virtuell zur Diskussion zusammen
Fast vierzig Kulturschaffende kamen unter dem Titel „Workspace #ChanceKultur“ virtuell zusammen – für Austausch und Forderungen. Durch den Samstagvormittag führten Uta Atzpodien, Dramaturgin und Kulturnetzwerkerin, sowie Kris Köhler, der mit Gattin Mona im früheren „Müllers Marionettentheater“ das „Theater für Menschlichkeit“ betreibt.
Initiiert war der auf „Zoom“ verlegte Termin vom noch recht neuen Kulturrat Wuppertal. Technisch unterstützt wurde er durch die Arbeitsstelle „Kulturelle Bildung NRW“, deren Leiterin Brigitte Schorn ihn auch mitverfolgte. In zehn Arbeitsgruppen besprachen die Teilnehmer sich, verteilt auf zwei Abschnitte: Bestandsaufnahme und Rückblick sowie Zukunft und Ideen.
Motivierender Einstieg dabei: Sechs der Moderatoren formulierten vorab je eine „Vision“, die eingängig für den Wert kultureller Bildung warben. So bekannte Björn Krüger: „Meine Leidenschaft erfüllt mich jeden Tag mit freudigem Stolz.“ Seine Kritik: Nicht jeder habe die Möglichkeiten, sich als junger Mensch kreativ zu entfalten. Er forderte daher mehr Kooperationen der Kultur mit allen Schulformen, damit sie auch für alle erreichbar sei. Der Wunsch „Kultur für alle“: Bei praktisch jeder vorgestellten Vision war dieser Gedanke vertreten. So auch bei Andrea Raak, Künstlerin und Pädagogin, die feststellte, zwar gebe es im Tal durchaus ein breites Kulturangebot für Kinder, doch in manchem Quartier sei es „spärlich“. Zum Thema „Synergien der Kultur“ warb sie für Zusammenarbeit der Akteure und Sparten – und auch für gegenseitige Inspiration: „Nachmachen wird ein Kompliment sein.“ Bei Uwe Schinkel von „Glanzstoff“ lag ein speziellerer Akzent auf dem „für alle“: Bildet doch diese „Akademie der inklusiven Künste“ Menschen mit Behinderung zu Schauspielern aus. Sein Motto „Barrierefreiheit – oder geht es doch um mehr?“ mochte sich so lesen: Im Entfernen alltäglicher Hindernisse erschöpft die Arbeit für Gehandicapte sich nicht.
Andreas von Hören, Chef des Wuppertaler Medienprojekts, betonte die Fähigkeit von Kultur, Gestaltungskraft zu entlocken. Mit der Folgerung, Erwachsene sollten Macht abgeben – und gegenüber den jungen Ideen auch mal „Parteilichkeit aushalten“. Ähnlich setzte Tanzpädagogin Natica Gulich aufs „Bewertungsfreie“ und sprach von der Erfahrung, gerade dies lege bei Schülern oft erstaunliche Potenziale frei. Auch hier also der Rat, jungen Leuten Autonomie zuzutrauen – und auf Autorität zu verzichten.
Lars Emrich schließlich, Leiter des Kinder- und Jugendtheaters, nahm Bezug auf die eigene Biografie: Mit der Gelegenheit, schon früh Angebote nach Gusto zu nutzen, habe er „einfach Glück“ gehabt. Ermöglichen müsse die Politik das aber für jedes Kind. Seine „Vision“ schloss mit dem vielleicht prägnantesten Wunsch des Tages: „Kein Glücksspiel für wenige, sondern Glück für alle.“
Bei der Präsentation erwies sich unter anderem die finanzielle Ausstattung als Schwerpunktthema. Auch sonst gilt in der Kultur projektweises Fördern oft als Problem, und das Team um Emrich wünschte sich hier Regelmäßigkeit. Andere hatten sich mit der Frage beschäftigt, ob die Beiträge für Bildungs-Teilnehmer weiter gesenkt werden sollten. Musikerin Eva Högel: „Dagegen vorgebracht wurde bei uns, dass ein gewisser Preis auch Wertschätzung vermittelt.“ Kris Köhler später ähnlich: „Die Gebühren immer weiter senken können wir ja nicht.“ Statt Senken sei eher die Suche nach weiteren Fördertöpfen sinnvoll.
Auch der gesamtgesellschaftliche Nutzen kultureller Bildung hatte mehrere Gruppen interessiert. Dagmar Beilmann von der Börse bemerkte: „Sie bringt die Kommune weiter.“ Und für Högels Team ist Kulturbildung nicht zuletzt ein „Integrationsmotor“. Überhaupt hatte sich herauskristallisiert: Effekte fürs ganze Gemeinwesen – auch das kann ein Pfund sein, mit dem kulturelle Bildung wuchern sollte. Nur einleuchtend daher die Forderung, Kultur solle bekannt machen, was sie leistet; viel Augenmerk galt daher der Öffentlichkeitsarbeit. Denn Wuppertals Kulturszene ist außergewöhnlich aktiv, auch im überregionalen Vergleich – doch wahrgenommen wird das zu selten.
Info // Wettbewerb / Vielsagend für den Gesamteindruck des „Workspace“ war ein Urteil von Brigitte Schorn, Leiterin der Arbeitsstelle „Kulturelle Bildung NRW“. NRW-weit verspricht nämlich ein neuer „Ermöglichungswettbewerb“ Geld für kulturelle Bildung. Eine Wuppertaler Teilnahme sei dabei eine gute Idee. Schorn beeindruckt: „Ich sehe da große Chancen.“
)) Quelle – Westdeutsche Zeitung // 18. April 2021
Hände, die Lichter anzünden und Menschen zusammenführen
Wuppertaler Verein Tanzrauschen holt Multichannel-Videoinstallation „1001 Lights“ in deutsche Städte.
Es geht um einen Beitrag zu einem wichtigen Jubiläum, das 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland feiert. Ein Beitrag, der offen ist in alle Richtungen, der Raum zum Nachdenken schafft über das eigene Dasein. Und Judentum in Deutschland mal nicht mit Holocaust und Vernichtung verbindet. Sagt Kerstin Hamburg, Vorstandsvorsitzende von Tanzrauschen. Der Verein hat sich der Förderung der Tanzfilmkultur verschrieben.
Er startet in diesem Jahr mit einem neuen Projekt durch, das nicht nur atmosphärisch dicht und bedeutsam, sondern auch flexibel ist - und so bestens zur Zeit und ihren sich ständig ändernden Beschränkungen durch die Corona-Pandemie passt.
„1001 Lights“ wurde binnen eines Jahres durch Marlene Millar und Philip Szporer (Mouvement Perpétuel) Montréal, gefertigt. Das Projekt ist so konzipiert, dass die Besucher nach Belieben ein- und aussteigen können. Die Beleuchtung ist schwach und erinnert an den geschützten Raum, in dem die Schabbat-Kerzen angezündet werden, was eher an einen Ort des Innehaltens und der Besinnung mit diesen Spuren von Menschlichkeit erinnert.
Hände und immer wieder Hände. Sie folgen unbekannten Choreografien, vollführen tänzerische Bewegungen, bedecken Gesichter, klatschen, verwringen sich ineinander. Zünden Kerzen an. Erhellen die Dunkelheit oder schenken dem hellen Tag etwas Festliches.
All das festgehalten in einzelnen Aufnahmen, die nebeneinanderstehen, übereinander geblendet oder wie Pixel zu Mosaiken zusammengefügt werden. Dazu Stimmengewirr, flüsternd, beschwörend. Gebete, Rituale, Wünsche. Eine Soundcollage aus menschlichen Stimmen und sich entzündenden Streihhölzern. Frauen, die Kerzen anzünden und Tänzerinnen, die Hand-Choreografien vollführen.
„1001 Lights“ ist eine 15-minütige „multi-channel video projection installation“, die in Dauerschleife abgespielt wird - auf mehreren Monitoren, deren jeweilige Aufstellung Raum- oder Schaufenster-Erlebnis erlaubt. Die kanadischen Künstler Marlene Millar und Philip Szporer haben mit ihrer Montrealer Produktionsfirma Mouvement Perpétuel die Installation 2016 geschaffen. Seither tourt sie durch die Welt.
Als die Mutter des jüdisch-kanadischen Filmemachers starb, hinterließ sie ihm die Kerzenständer des Schabbat-Rituals. Jeden Freitagabend hatte sie kurz vor dem Sonnenuntergang die Schabbatkerzen angezündet - weniger aus religiösen und mehr aus traditionellen Gründen. „Ein Moment der Erneuerung und bedeutsame Meditation“, so Szporer. Mit „tänzerischem Element“, ergänzt Filmemacherin Marlene Millar, die mit Szporer seit Mitte der 1990er-Jahre zusammen arbeitet. Gemeinsam schufen sie „1001 Lights“, die das Ritual „hochemotional, anschaulich und aus einem choreografischen Blickwinkel“ heraus vermittelt, erklärt Kerstin Hamburg.
Die Wuppertalerin kennt Szporer und Millar schon einige Jahre. Als sie ihr das Projekt 2019 vorstellten, war sie direkt begeistert. “Ich finde es sehr sympathisch, weil es nicht streng und orthodox ist, sondern aus dem alltäglichen jüdischen Leben stammt.“ Es gehe um ein Ritual, den Übergang vom Alltag in die Pause vom Alltag, ins Wochenende, „und darum zu gucken, was uns Menschen miteinander verbindet“, erzählt sie.
Weil 2021 1700 Jahre jüdischen Lebens in Deutschland gedacht wird, stellt das Bundesministerium des Innern für Bau und Heimat rund 22 Millionen Euro für Projekte zur Verfügung, die mitfeiern wollen. Tanzrauschen bewarb sich mit der Idee, „1001 Lights“ auf eine Reise durch Deutschland zu schicken. Im Dezember suchte eine Jury aus, im März kam der positive Entscheid.Tanzrauschen kann loslegen, muss aber noch einen Eigenanteil stemmen, will nun Wuppertaler Unternehmen als Sponsoren gewinnen, die überregional auftreten.
Außerdem wirbt der Verein um Partner in maximal 20 Kommunen, die die Installation bis zum 31. Dezember zeigen wollen, auch mit Tanzrauschen ein Rahmenprogramm entwickeln können. Der Startschuss fällt, flankiert durch Beiträge aus der Bürgerschaft, in der Bremer Schwankhalle am 28. April Der einzige bislang feststehende Termin. „Es sei denn, in Wuppertal findet sich noch früher eine Location“, wirbt Hamburg um Bewerbungen oder Vorschläge. Gesucht werden Locations, die Bezug zu jüdischem Leben und Tradition haben und öffentlichkeitswirksam sind. In Städten wie Köln oder Aachen, Cottbus oder Hoyerswerda, München oder Berlin. Die Installation kann auf kleinen Monitoren oder großen Leinwänden, drinnen oder draußen und an mehreren Orten gleichzeitig gezeigt werden. Vorteil der digitalen Technik.>/p>
Das Projekt soll dem erzwungenen Rückzug der Menschen in der Coronakrise mit “Offenheit und einer Emotionalität, die jeder versteht“, entgegentreten, wünscht sich Hambug. Und dass viele Menschen das Angebot sehen können.
)) Quelle – Westdeutsche Zeitung // 11. April 2021
)) Im Netz – FESTJAHR #2021JLID Kalender zum Festjahr 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland
)) Im Netz – TANZRAUSCHEN Website
Das Freie Netzwerk Kultur fragte im Netz: „Quo vadis 2021?“ Im Fokus stand der Zustand der Branche angesichts der Pandemie
Von Kristina Hinz
Wie geht es weiter mit Kunst und Kultur? Wo stehen die einzelnen? Welche Pläne und Perspektiven gibt es? Mit diesen Fragen beschäftigten sich die Kunst- und Kulturschaffenden Wuppertals beim digitalen Zoom-Meeting am Donnerstag. Das Freie Netzwerk Kultur stellte dafür die Plattform bereit.
Freischaffende Musiker, Bildhauer, Veranstalter, Vereinsverantwortliche: Die Hintergründe der Teilnehmer sind unterschiedlich und ebenso ihr Umgang mit der Corona-Krise. Stattfinden kann wenig. „Wir sind der aktuellen Situation mehr als ausgeliefert“, sagte etwa Mira Sasse. Während die einen backen, einen Kopfstand erlernt haben und das erste Stück von Beethoven auf Klavier spielen können – im Privaten –, müssen sie im Beruflichen nach zwei Tagen die Ausstellung wieder schließen oder wiederholt Veranstaltungen absagen. Das führt zu Resignation.
„Wir sind gerade dabei, unsere Tour ein drittes Mal zu verschieben, was auch heißt, dass ich seit einem Jahr keine Showbühne mehr betreten habe. Und ich muss ehrlich zugeben, dass ich wusste, dass mich das belasten wird, doch es belastet mich weit mehr als ich das angenommen habe“, erzählte David J. Becher vom Vollplaybacktheater.
Von Lars Emrich, dem künstlerischen Leiter des Wuppertaler Kinder- und Jugendtheaters, gab es ähnliche Worte: „Ich komme mir vor, wie in einer übermäßigen Inszenierung von ‚Warten auf Godot‘. Es ist ein Warten auf das Ende einer Pandemie. Es ist zermürbend“, sagte er. „Das letzte Jahr war davon geprägt, zu verschieben, zu improvisieren und Alternativpläne zu erstellen, die sowieso wieder hinten rüber gekippt sind.“
Die Institution des Theaters müsse unter die Menschen gebracht werden. Dementsprechend tut er sich schwer mit digitalen Formaten. Kinder und Jugendliche sollten kein weiteres Bildschirmangebot erhalten.
Es gibt auch positive Wirkungen. „Ich finde, dass wir in der Politik ein ganzes Stück weitergekommen sind“, sagte Lukas Hegemann, der die „Börse“ leitet, im Hinblick auf die Netzwerkpotenziale digitaler Formate. Martina Sailer von „kunst kann‘s“ verriet: „Corona hat bei mir dazu geführt, dass ich mich für den Stadtrat habe aufstellen lassen.“
Und das Netzwerk wächst. Die Tanzstation Barmen und die Gedok Wuppertal sind zum Beispiel neu eingetreten. Es ist ein Austausch untereinander, ein gegenseitiges Unterstützen und Motivieren. „Es sind die Einzelpositionen mal benannt und vorgestellt worden. Ich glaube, das war total wichtig, weil die Leute hungrig sind nach Begegnungen. Das fehlt uns allen“, freute sich Uta Atzpodien.
Kunstschaffende sehen die Bedeutung oder besser das Potenzial im Austausch, in der Kommunikation und in der Vernetzung - bestes Beispiel dafür ist der Jour fixe des Freien Netzwerks Kultur.
)) Quelle – Westdeutsche Zeitung // 27. März 2021
Thusnelda Mercy und Pascal Merighi gründen einen Tanzraum in Wuppertal, um die Szene zu vernetzen und junge Künstler zu fördern
Von Bernadette Brutscheid
Noch ist es ruhig, doch im großen Saal des denkmalgeschützten Gebäudes des Barmer Bahnhofs laufen im Hintergrund schon die Vorbereitungen. Hier, zwischen Opernhaus und Bahnsteigen, entsteht ein auf Coworking ausgerichteter digitaler und analoger „Tanzraum plus“ für multidisziplinäres Co-kreatives Arbeiten, initiiert von Thusnelda Mercy und Pascal Merighi. Die beiden ehemaligen Ensemblemitglieder des Tanztheaters Pina Bausch gestalten einen Ort, der in Kooperation mit der nationalen und internationalen freien Tanzszene wachsen soll. „Wir sehen uns als die Impulsgeber und Säulen des Projekts, dessen Entwicklung auch für uns spannend sein wird.“ Interdisziplinär und spartenübergreifend sollen die Projekte sein. Musik, Schreiben, Ausstellungen, alles ist möglich. Daher haben sie sich auf Co-Creative-Work ausgerichtet. Für diesen gemeinschaftlichen Schöpfungsprozess finden lokale, nationale und internationale Akteure hier einen digitalen und analogen Raum. Unterschiedlichste Ausdrucksformen können so entwickelt werden. „Wir haben viele cross-over-Kontakte, die wir dafür nutzen können und auch schon informiert haben“, erzählt Mercy.
Die Verbundenheit zum Ort und zu Wuppertal zeigt sich bereits im Logo, das in Form und Gestaltung an die Bahnhofsuhr mit seinem Schriftzug erinnert. Auf den Raum aufmerksam wurden sie durch Thomas Leipoldt, Pächter des Kiosks im Gebäude und Bruder von Christiane Rydl, Ehefrau des Wiener Kammersängers Kurt Rydl, dem Besitzer des Bahnhofs. „Er stellt uns die Räume dankenswerterweise zur Verfügung“, so Mercy.
Unterstützt und gefördert durch „Tanzpakt Reconnect“ von Diehl+Ritter, einem internationalen Kulturbüro, kann man auf eine gute digitale Ausstattung setzen. „So wird es möglich sein, dass Künstler sich weltweit in Kooperation begeben können“, erklärt Merighi. Ein Lernprozess findet dabei auf beiden Seiten statt, ist sich das Gründerteam sicher. Es geht auch darum, Erfahrungen zu teilen, sich zu unterstützen und voneinander zu lernen. Ob sich die jeweiligen Akteure mit einem Trailer, einem Live-Stream oder einem Teaser an die Öffentlichkeit wenden, entscheiden sie. Denn als Veranstaltungsort ist der Raum eher nicht gedacht. Überlegt wird an Gesprächsrunden, zu denen man sich anmelden kann. Ein Einblick in die Geschehnisse dort soll möglich sein, vielleicht in Form von Tagen der offenen Tür. Auch Kooperationen mit anderen Orten wird es geben, mit dem Ada zum Beispiel. „Wir bereiten und präparieren das Feld und lassen dann wachsen. Natürlich sollen auch junge Künstler hier eine Chance belommen“, so Merighi.
Mit der Idee, eine Plattform für Vernetzung, Begegnung und Präsentation in analoger und digitaler Form zu schaffen, beschäftigten sich die beiden Künstler schon länger. „In diesen Zeiten erst recht“, findet Mercy. Experimentelle Outdoorformate können mit Workshops, Indoor Trainings oder Residenzen verbunden werden. Formate wie „Co-create“ (gemeinsames gestalten). „support train“ (aus Erfahrung lernen) oder „Streamworld“ (Shows, Internationale workhops) werden angeboten.
Thusnelda Mercy und Pascal Merighi gründeten 2014 ihre eigene Kompanie „merighi I mercy.“ Als Choreografen und Tänzer sind sie in der Tanzszene unterwegs. „Ein mit und über Tanz in der Welt sein, ein künstlerisches Erforschen, das – von Begegnungen geprägt – sich menschlichen Momenten des Alltags widmet“, definieren sie es.
Interessenten können sich melden unter presse[at]tanz-station.de oder mobil: 0173 7070640
)) Quelle – Westdeutsche Zeitung // 15. Januar 2021
)) Im Netz – Facebook – Tanz Station Barmer Bahnhof
Neue Wege für die Kunst
Die Corona-Krise verändert die gewohnte Welt, stellt nicht erst im zweiten Lockdown etablierte Formen der Kunst in Frage. Eine Chance sei das, ist sich Daniel Hoernemann sicher: „Dafür muss sich die Kunst aber bewegen und neue Wege finden“, appelliert der Künstler und Organisationsentwickler aus Bonn. Geht mit gutem Beispiel voran: Er hat sich neun Worte ausgesucht, die er an eine Fensterscheibe der „Zukunftsküche“ geschrieben hat. Worte, die im Vorbeigehen gelesen und bedacht werden können. Weil die Tür im Lockdown geschlossen bleiben muss, sendet die Einrichtung oberhalb des Wuppertal Instituts nach draußen Lebenszeichen.
Einen idealen „Möglichkeitsraum“ für Zusammentreffen von Kunst und Wissenschaft hatten die Kunstschaffenden Uta Atzpodien und Daniel Hoernemann in den ehemaligen Kantinenräumen des Wuppertal Instituts am Döppersberg für sich gefunden. Wollten hier eine „Zukunftsküche“ etablieren, deren Inhalte sie gemeinsam mit vielen Künstlern und Wissenschaftlern finden wollten. Die Coronakrise engte die Möglichkeiten ein, unterbindet nun jeden Besuch.
Also muss nach draußen gewirkt werden. „Die Veranstaltungen brechen weg, die Kunst ist still geworden, umso mehr freuen wir uns dank einer Förderung des Kulturbüros die Räume so bespielen zu können“, erzählt Atzpodien. Heißt: Per Zeitschaltuhr werden die Räume täglich von 17 bis 21 Uhr erhellt. Außerdem gestalten Künstler drei Fenster und eine Tür der verwaisten Restauranträume. Zu Anke Büttners Frau, die sie in stolzer und auffordernder Pose auf die Eingangstür gemalt hat, gesellen sich seit dieser Woche Arbeiten von Uta Atzpodien, Daniel Hoernemann und Marc Sieczkarek.
„Don’t be afraid“ ist ein Satz, den der Tänzer, Choreograph und Kostümbildner Sieczkarek aus Kurt Weills „Die sieben Todsünden“ entnommen und für seine Installation mit anderen Inhalten aufgeladen hat. Über ein Jahr hat der Wahl-Wuppertaler dafür grüne Schnapsfläschchen an der Schwebebahnstation Hauptbahnhof gesammelt. Hat „aus der Energie der Menschen“, die sie leer getrunken haben, „etwas Schönes“ gemacht, erklärt er den Upcyclingsgedanken. Zwei unterschiedlich hohe Pflanzengestelle dienen als Lampen. Ihr Äußeres und der Wintermantel einer Schaufensterpuppe hat er feinsäuberlich mit den Fläschchen umkleidet. Mantel und Lampen stammen aus dem Stück „The tired queens garden“, das Sieczkarek 2015 mit Pina Bausch-Tänzern realisierte. Die bemäntelte Puppe schaut auf ein Bild an der Wand. Die darauf gemalte Waldlandschaft ist zu zwei Drittel unter schwarzer Farbe verschwunden. Eine Anspielung auf die Klimakrise. Die mehrdeutige Szene lädt zum Nachdenken über die Krisen dieser Welt ein.
Uta Atzpodien greift auf ihre Netzwerk- und Dramaturgie-Knowhow zurück, projiziert mit einem Overheadprojektor ein pflanzliches Muster auf eine meist weiße Wand. Sie hat sie aus den Pappwürfeln gebaut, die ehedem der kreativen Gestaltung durch Besucher dienten. Auf einem hat Dieter Jandt ein Gedicht geschrieben, „Spuren hinterlassen“, freut sich Atzpodien.
Hoernemann wiederum spielt mit den Begriffen, die beschreiben, „was wir hier machen“: Wissen (Wuppertal Institut), Körper (Kantine), Kunst (kunstschaffende Mieter). Ergänzt das Trio um Verstehen, Nähren, Gestalten sowie Sicherheit, Liebe, Freiheit. Gibt mit auf den Weg, dass die Kunst gerade in der Krise helfen könne, weil sie die Fähigkeit habe, die Perspektive zu wechseln, Freiräume zu schaffen. Und weil, so kritisiert Atzpodien die aktuelle Politik, „die Kunst als Expertin im Umgang mit Unsicherheit eigentlich systemrelevant ist“.
Bis in den Januar hinein wird die „Schaufensterkunst“ bleiben, später soll auch drinnen wieder Leben einkehren können. Mit dem Wuppertal Institut sind die Kreativen im Dialog. Ideen kreisen um Austausch, Gastronomie (vor der Coronakrise waren schon Gespräche mit einem Caterer geführt worden) und den Wunsch nach Gemeinsamkeit. Unabhängig davon appellieren die Kunstschaffenden an Ladeninhaber, Schaufensteranteile gerade jetzt auch als Ausstellungsfläche bereitzustellen.
Info // Schau mal rein
Die „Zukunftsküche“ nahm im September ihre Arbeit in den verwaisten Räumen der Kantine des Wuppertal Instituts am Döppersberg auf. Schon damals konnte man Kunst von draußen durch eine Fenster- beziehungsweise Türscheibe sehen. Neben Anke Büttners Frauen-Bild war dies eine Installation des Lichtkünstlers Gregor Eisenmann mit der Aufforderung beschrieben „Schau mal rein“.
)) Quelle – Westdeutsche Zeitung // 2. Dezember 2020
Böll Forum 2020 / Düsseldorf
Podiumsgespräch über die Kunst in Zeiten der Pandemie. Frank N und Zara Gayk vertraten bei der Böll Stiftung NRW den Blick aus Wuppertal auf das Thema unserer Zeit.
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)) Böll Forum 2020 – PANDEMiC & ARTS
Kunst und Wissenschaft loten Schnittmengen aus
Das Restaurant hat schon bessere Tage gesehen. Die verschachtelt angelegten Räume mit Küche, Vorratskammern, Theke, Essensausgabe und -aufnahme sind schlichtweg verwaist. Und doch wieder nicht. Seit vier Wochen gehen Menschen ein und aus, verabreden sich, denken nach, hinterlassen Spuren. Etwa das Schild „Zukunftsküche“ über dem Eingang. „Wir wollen die Räume sukzessive auf ein höheres Energieniveau bringen“, sagt einer von ihnen.
Daniel Hoernemann ist Künstler und Organisationsentwickler. Begleitete als solcher im letzten Jahr auch den Ämtertausch von Opernintendant Schneider und Wuppertal Instituts-Präsident Schneidewind. Damals wie heute geht es darum, Schnittmengen von Kunst und Wissenschaft auszuloten, sich auszutauschen und in die Gesellschaft zu wirken.
Erster Schritt war das Buch „Die Große Transformation – Eine Einführung in die Kunst gesellschaftlichen Wandels“, mit dem das Wuppertal Institut, damals noch um seinen Präsidenten Uwe Schneidewind, den Begriff „Zukunftskunst“ einführte. Und das Institut auf dem Döppersberg für Ausstellungen und die Begegnung von Kunst, Kultur, Wissenschaft und Gesellschaft öffnete.
In diesem Geiste standen auch der Film „MenschUtopia“ 2016, der Ämtertausch 2019 oder die Bergischen Klimagespräche. Beim Ämtertausch wurden die leerstehenden Räume neben dem Dürer-Haus „entdeckt“, die ehedem dem Institut als Kantine gedient hatten.
Idealer „Möglichkeitsraum“ für weitere Zusammentreffen von Kunst und Wissenschaft, eine „Zukunftsküche“, finden die Kunstschaffenden Uta Atzpodien und Daniel Hoernemann. Eine Küche, in der man sich nicht gegenseitig in die Töpfe guckt, sondern der Frage nach einer zukünftigen Nutzung nachgeht.
Im vergangenen März wollten die Wuppertalerin und der Bonner vor Ort nach einer Antwort suchen. Die Coronakrise kam dazwischen. Seither warteten sie auf das Go, um die rund hundert Quadratmeter zusammen mit anderen zu „erobern“. Nun sind sie endlich da – mit Zugeständnissen an die Coronakrise: Nur wenige Künstler und Wissenschaftler kommen wirklich, viele treten virtuell in Kontakt. Außerdem präsentiert man sich noch nicht der Öffentlichkeit.
Wer an dem Gebäude vorbeigeht und genau hinschaut, kann natürlich doch etwas sehen: Anke Büttner und Gregor Eisenmann haben nach außen sichtbare Zeichen hinterlassen. Die Malerin hat auf die Eingangstür eine ihrer typischen Frauenfiguren aufgebracht, in stolzer und auffordernder Pose. Der Lichtkünstler hat eine seiner faszinierenden Installationen hinter ein Fenster gestellt. „Wenn du willst, kannst du aufmachen“, hat Büttner zudem auf den Boden des Eingangsbereichs und Eisenmann „Schau mal rein“ auf die Fensterscheibe geschrieben.
Aufforderungen zum Handeln und Denken. Und zum Besuch. Vertreter der Sommerakademie für eine klimagerechte Kulturpolitik, die vor kurzem in Wuppertal tagte, schauten vorbei. Und diese Woche der Internationale Beirat. „Es tut sich wirklich viel“, freut sich Dramaturgin Atzpodien, verweist auch auf die gerade fertiggestellte Stadtlandkarte „Zukunftslabor Kunst und Stadt“ (siehe Kasten) und das Prozesshafte des Projekts: „Das ist hier ein offener Reflexionsraum. Wir wollen einen Prozess anleiern, anregen, das ist fast wie bei der sozialen Plastik von Beuys.“
Absprachen darüber, wer was in den Räumen macht, gibt es keine: An einer Wand hängt eine ausgedruckte Studie über Arbeit, an einer anderen wurde gebrainstormt, wieder an einer anderen hängt eine Wuppertal-Karte mit der Aufschrift „autofreie Stadt“.
Überall finden sich Sprüche – von „gemeinsam statt einsam“ bis „slow statt fast“. Auf einem Kochfeld steht „Wissen ist Nahrung“ und der erdende Zusatz „wie viel Kalorien?“, auf einem anderen wird festgestellt, dass Kunst und Wissenschaft „auf kleiner Flamme kochen“, wird Transformation angemahnt.
Überall stehen weiße Pappwürfel bereit, die Menschen gestalten können. Einer ist mit konkreten Raumnutzungsideen beschriftet, als Ort für Gutes oder für Fahrradverleih, für Einzigkartigkeit oder Kitchendance, für Yoga oder Essen.
Die Kreativität solle nicht von oben verordnet, sondern durch das Mitmachen aller erreicht werden, sagt Annika Greven, die wissenschaftliche Mitarbeiterin des Wuppertal Instituts ist, sich als Sprachrohr von Kunst und Wissenschaft versteht und den Prozess wissenschaftlich begleitet.
Wann der endet, die „Besetzer“ die Küche wieder verlassen müssen, ist offen. Die Zukunft hat ja gerade erst begonnen.
Im Zukunftslabor Kunst & Stadt wollen das Freie Netzwerk Kultur und das Wuppertal Institut Transformationspotentiale in der Stadt erforschen. Das Kernteam besteht aus der Dramaturgin Uta Atzpodien, dem wissenschaftlichen Mitarbeiter des Wuppertal Instituts, Matthias Wanner, dem Kulturmanager Christian Koch und dem Graphiker Jens Robbers. Gerade wurde eine Stadtlandkarte fertiggestellt, die „13 inspirierende Orte und ihre Impulse für Kunst, Stadtentwicklung und Nachhaltigkeit für ein enkeltaugliches Wuppertal“ vorstellt, beispielsweise die Börse, die Kunststation, die Alte Feuerwache, Junior Uni oder das Loch.
)) Weitere Informationen zum Zukunftslabor
)) Quelle – Westdeutsche Zeitung // 4. Oktober 2020
Kultur-Austausch
Von Eike Birkmeier
Bei der bis zum 12. September laufenden Veranstaltung liegt der Schwerpunkt auf Mobilität und Klima. Die Fahrt sollte ein Zeichen der Solidarität sein und den Ideenaustausch zwischen Wuppertal und Köln fördern. Mit dabei waren die Dramaturgin Uta Atzpodien, der Mobilitätsaktivist Tobias Maria Freitag, der Musiker Karlo Alaska Wentzel sowie OB-Kandidat Uwe Schneidewind, als Mitinitiator und Schirmherr der Aktion.
Sie verstehen sich als Botschafter für Kultur, Mobilität und Stadtentwicklung. Eine Gruppe von Wuppertalern machte sich am Sonntag mit Lastenfahrrädern von Vohwinkel nach Köln auf. Ziel war das Hope-Festival im Deutzer Zentralwerk für schöne Künste.
Ein Vorbild für die Kölner ist die Utopiastadt „Wir freuen uns auf einen konstruktiven Dialog“, betont der Oberbürgermeisterkandidat, der das Kölner Projekt schon länger begleitet und dort Beiratsmitglied ist. Der Austausch finde auf Augenhöhe statt. So gehe es bei dem Vorhaben darum, das Deutzer Gelände zu einem Ort des urbanen Experimentierens zu machen. Ein Vorbild sei dabei die Wuppertaler Utopiastadt.
Um ihre Unterstützung zu betonen, hatte die Gruppe einige Kulturgüter aus dem Bergischen Land im Gepäck. Dazu gehörten unter anderem ein Engels-Gemälde des Wuppertaler Malers Christian von Grumbkow, Ausgaben des Kunstmagazins „Die Beste Zeit“ und die Skulptur „Der Junge Engels“ von Eckehard Lowisch. „Ich freue mich sehr darüber, zu dieser Aktion etwas beitragen zu können“, so Lowisch bei der Übergabe an der Vohwinkeler Kunststation. Seine Figur stehe für den Willen zur Veränderung und die Überwindung von Missständen. „Wir wollen diesen Geist der Transformation nach Köln bringen“, ergänzt Tobias Maria Freitag.
Die Fahrt mit den Lastenfahrrädern hatte allerdings eher symbolischen Charakter und führte nur vom Stadtteilzentrum zum Vohwinkeler Bahnhof. Von hier aus nahm die Gruppe den Zug nach Köln. „Aus Rücksicht auf die empfindlichen Kulturgüter und den Zeitplan war das nicht anders machbar“, erläutert Uta Atzopodien. Für sie liegt der Schlüssel in der Kombination der klimafreundlichen Mobilitätsvarianten. „Deshalb liegt uns die Solidarität mit dem Kölner Projekt am Herzen“, so Atzpodien.
Im Vohwinkeler Bahnhof stand für die Gruppe noch ein Besuch des „Future Now“-Festivals auf dem Programm. In dessen Rahmen gab es einen Auftritt der mongolesischen Sängerin Badamkhorol Samdandamba. Die besondere Akustik der Schalterhalle sorgte dabei für Gänsehautmomente.
)) Im Netz – HOPE: DIE KUNST DER TRANSFORMATION 15.08 -12.09.2020 – Raum 13
)) Im Netz – Future Now Festival
)) Quelle – Westdeutsche Zeitung // 24. August 2020
Andreas M. Wieses „offizielles“ Porträt ist zu Gast in Eckehard Lowischs Ausstellung „Engels 2020 Skulptur“
Zwei Künstler lassen nun ihre Engels-Bilder in einen Dialog treten: Andreas M. Wiese steuert das „offizielle“ Porträt bei, Eckehard Lowisch seine freie Skulpturvariante „Engels 2020“. In der Kunststation des Bildhauers im Bahnhof Vohwinkel treffen beide seit letztem Wochenende aufeinander.
Sich ein Bild von Engels machen – das ist in diesem Jahr in Wuppertal eine beliebte Aufgabe. Vor allem bei Kunstschaffenden. Schließlich jährt sich der Geburtstag des großen Barmer Sohns zum 200. Mal.
Auch das Engelsjubiläumsjahr hat unter der Coronakrise gelitten. Was für den Maler bedeutete, dass die Tournee seines Bildes durch die Stadt unterbrochen werden musste. Dabei braucht es die Meinung der Menschen, die Wiese akribisch mit einem neun Punkte umfassenden Fragebogen ermitteln will, um am Ende über sein Schicksal zu befinden, dabei auch ein Übermalen nicht ausschließen will. Was die Spannung bis zur Abschlusspräsentation im Neuen Kunstverein Anfang 2021 erhöhen dürfte.
Warum er das tut? Weil er seine Arbeit als Künstler machen, also malen und den Wert dieser Arbeit erfahren will, erklärt er, was sich im Ge- oder Missfallen ebenso ausdrücke wie in der Bereitschaft dafür zu bezahlen oder nicht. „Es geht nicht um das, was Künstler machen, sondern um das, was andere davon denken. Wir sind wie die Arbeiter vom Kapital abhängig“, sagt er und ergänzt, dass er als Vorlage nur deshalb ein Foto des älteren Engelskopfes gewählt habe, weil es die beste Auflösung habe: „Im Grunde kann jeder das offizielle Engels-Bild machen.“
Um den Wert künstlerischer Arbeit geht es auch Eckehard Lowisch, der aber einen anderen Ansatz verfolgt. Er fragt, ob die Digitalisierung den Wert von Kunst gefährdet, wenn diese von Robotern erzeugt wird und grenzenlos reproduzierbar ist. Damit knüpft er bewusst bei Engels an, in dessen Zeit der Wert der Arbeit durch die Erfindung der Webmaschine stark verändert wurde. Lowischs „Engels2020 Skulptur“ basiert auf einer Plastik, die er einst für seine Tochter schuf, und verzichtet auf Engels’ Attribute wie den Rauschebart. Die Coronakrise verhinderte die Teilnahme seines Projekts an der großen Engels-Ausstellung in der Barmer Kunsthalle. Erst jetzt wurde seine Ausstellung mit mannigfachen Größen und Ausführungen der Figur eröffnet. Lowisch ist auf die Reaktionen der Menschen gespannt, die er nicht mittels Fragebogen, sondern mittels Kaufinteresse messen will.
Das Engelsjahr hat beiden Künstlern neue Erkenntnisse über den historischen, vor allem den privaten Revolutionär gebracht. Sie wollen dazu beitragen, dass das Interesse der Menschen in der Stadt an Engels noch wächst, zumal, so Lowisch, dieser Wegweisendes zu den Themen Arbeit, Natur und Nachhaltigkeit geschrieben habe. Ihr Beitrag dazu: Wieses Engels, der Ähnlichkeiten mit diesem hat, ohne, so der Künstler, eine Botschaft daran zu knüpfen. Und Lowischs ganz und gar unähnlicher Engels, der Projektionsfläche für die Auseinandersetzung mit ihm sein will. Im Übrigen schätzen die Künstler die Arbeit des jeweils anderen – wegen deren Idee.
Der Dialog der beiden „Engels-Bilder“ geht am 22. und 23. August, 15 bis 18 Uhr, in der Kunststation, Bahnhof Vohwinkel weiter. Lowischs Ausstellung bleibt danach, Wieses Porträt wandert weiter (weitere Stationen: VHS, Wuppertal Institut, Loch).
)) Im Netz – Eckehard Lowisch: lowisch.de
)) Im Netz – Andreas M. Wiese: amwiese.de
)) Quelle – Westdeutsche Zeitung // 18. August 2020
Langsamer Kampf zurück in den Normalbetrieb
Der Arbeitstag von Lars Emrich ist seit einiger Zeit ziemlich voll. Das hat damit zu tun, dass die Coronakrise auch beim Kinder- und Jugendtheater Wuppertal alles durcheinander gewirbelt hat und damit, dass der künstlerische Leiter seit April auch die kaufmännischen Geschäfte des Hauses führt, nachdem Barbara Sydow nach Düsseldorf gegangen ist.
Dem 50-jährigen Jubiläum der Einrichtung freilich ist das egal: Es steht für die nächste Spielzeit an. An konkrete Planungen ist der obigen Gründe wegen noch nicht zu denken, „aber“, so der 52-Jährige, „wir sind ja kreative Menschen, und feiern wollen wir so ein tolles Ereignis auf jeden Fall“. Die Bühne war noch im letzten Sommer im Hauruckverfahren erneuert worden, was das Team glücklich machte, weil es neue Möglichkeiten gewonnen hat, dem Publikum aber gar nicht auffalle, lächelt Emrich. Weil die neue Bühne aber großen Einsatz finanzieller und arbeitstechnischer Natur erforderte und die Coronakrise die Einnahmen drückte, verschiebt das Theater den Gedanken an einen eigenen Vorhang – erstmal.
Das Kinder- und Jugendtheater Wuppertal wurde am 24. April 1971 geboren, als zum ersten Mal eine Premiere stattfand. Damals wie heute ohne Vorhang. Damals aber noch als Kindertheater, die „Jugend“ kam im Namen erst später hinzu. Das erste Stück war „Räuber Hotzenplotz“ nach dem Buch von Otfried Preußler. Gespielt wurde damals hauptsächlich im Haus der Jugend in Barmen und im „Mendelssohnsaal“ der Historischen Stadthalle in Elberfeld.
An den 50 Prozent selbst erwirtschafteten Etat-Anteil ist derzeit nicht zu denken, wenn auch die meisten bereits erworbenen Karten nur selten zurückgegeben wurden, die meisten Zuschauer ihre Reservierungen aufrechterhalten, „ihr Stück ja sehen wollen“. Zwar freut sich Emrich aktuell über eine großzügige Spende des Rotarierclubs Wuppertal, das Theater brauche aber weitere Zuwendungen. Die institutionelle Förderung durch Stadt und Land reiche nicht. Die vom Bund gewährte Coronasoforthilfe von 9000 Euro wurde geparkt, bis geklärt ist, wofür sie verwendet werden darf. Außerdem, so Emrich, wird geprüft, ob das Theater die vom Bund angekündigte Förderung „Neustart“ in Anspruch nehmen darf.
Die Premiere von „Zwei Monster“, nach dem Bilderbuch von David McKee ging Anfang März noch über die Bühne. Dann ging „von einem Tag auf den anderen“ nichts mehr. Zwei weitere Produktionen, acht von zehn Aufführungen wurden gecancelt. Dass die Pause drei Monate andauern würde, wurde dem Theaterteam erst allmählich bewusst. Es fuhr auf Sicht, spielte irgendwann verschiedene inhaltliche und finanzielle Szenarien durch, kämpfte und kämpft sich langsam zurück. Die sich immer wieder ändernden Coronaschutzverordnungen stets im Blick.
Seit Anfang Juni wird wieder gespielt. Als erstes fand ein Wochenende der Theaterschule mit vier Aufführungen und jeweils maximal 55 Zuschauern statt. Ein gelungener Testlauf mit einem erhebenden Moment für Emrich, als er wieder Publikum im Zuschauerraum begrüßen durfte. Außerdem wurde das Stück „Zwei Monster“ wieder gezeigt. Vor 60 Zuschauern pro Aufführung. Die Sommerferien werden mit einem ungewöhnlich großen Angebot der Theaterschule gefüllt, bevor im September die neue Spielzeit beginnt. Die holt die verschobene Produktion des Theaterclubs Lampenfieber „Jugend ohne Gott“ von Ödön von Horváth nach und Emrichs Stück über Cybermobbing im Smartphone-Zeitalter, „Das Internet findet dich überall“. Zu Weihnachten gibt es Michael Endes „Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch“. Und den Beitrag zum Engels-Jubiläumsjahr, ein Stück, das, so Autor Emrich, zum Nachdenken über die Jugendzeit des Revolutionärs anregen soll, wandert ins Frühjahr 2021. Um nicht im Herbst unterzugehen, wenn all die anderen Angebote nachgeholt werden. „Derzeit, gibt es einen ersten Entwurf. Das Stück soll aber mit seinen sechs Schauspielern in den Proben entwickelt werden“, benennt Emrich den Stand.
250 Plätze hat der Zuschauerraum des Theaters im Berufskolleg an der Bundesallee, jede zweite Reihe wurde rausgenommen, „damit die Zuschauer ein gutes und sicheres Gefühl haben, auch wenn die Abstandsgebote nicht mehr gelten“. Emrich will sie nach den Sommerferien weiter prüfen, die Auslastung gen 100 erhöhen, „um im Herbst langsam zur normalen Belegung zu gelangen“. Außerdem müssen die Besucher vorher angeben, mit welcher Gruppe sie kommen, so dass das Theater feste Plätze zuweisen und Rückverfolgbarkeit herstellen kann.
Ein großes Fragezeichen steht derzeit noch hinter den Angeboten für Kindergärten und Schulklassen, die wie die Kartengeschenke, die Unternehmen ihren Mitarbeitern zu Weihnachten machen, wichtige Einnahmequellen des Theaters sind. Einnahmen, die vielleicht auch einen eigenen Theatervorhang ermöglichen könnten.
)) Infos, auch zu Spielplan und Kartenreservierung, im Netz: kinder-jugendtheater.de
)) Quelle – Westdeutsche Zeitung // 23. Juli 2020
Ralf Silberkuhl filmt und fotografiert seit vielen Jahren und ist aktuell mit Engels unterwegs
Seine Motive findet er überall, in der Welt und in Wuppertal, dieser „verrückt kratzigen Stadt“, in der er geboren wurde. Die der Filmemacher und Fotograf nie wirklich verlassen hat. Ihr und ihrer Schwebebahn setzte er mehrfach filmisch ein Denkmal – etwa in „Wuppertal - die ungeschminkte Stadt“. In diesem Jahr wird Ralf Silberkuhl 60 Jahre alt und beschäftigt sich wieder mit einem anderen Sohn seiner Heimatstadt: Er dokumentiert das Engels-Projekt „when robots make art“ des Bildhauers Eckehard Lowisch. Aktuell stehen die Schnittarbeiten an. Außerdem geht die Engelsfigur auf Tournee durch die Stadt.
Die Coronakrise stoppte alle Jobs, die mit Veranstaltungen zu tun haben. Und brachte neue Film-Aufgaben. Streamingarbeiten, eine Ausstellung in Remscheid, die nicht analog besucht werden konnte, ein Auftrag eines Herstellers von Beschichtungsmitteln, die Griffe haftungsresistent, auch gegen Viren, machen. Beim Engels-Projekt verhinderte die Pandemie Aufnahmen an der englischen Südküste, dort, wo die Asche von Friedrich Engels auf eigenen Wunsch im Herbst 1895 im Meer verstreut worden war. Also schneidet Silberkuhl die anderen Filme, die in Wuppertal – zum Beispiel in den Kalkwerken Oetelshofen, in Manchester und im Industriemuseum Textilfabrik Cromford in Ratingen – gedreht wurden. In seinem Unternehmen „6tant“, das er 1999 zusammen mit Lutz Martin Rieder gründet hatte.
Die Agentur „6tant“ erinnert mit ihrem Namen an den Sextanten, der dem Seefahrer half, seine Position zu bestimmen und sein Ziel zu finden. Entsprechend will das Team um Ralf Silberkuhl und Lutz Martin Rieder im Kommunkationsbereich arbeiten.
Das Projekt „when robots make art“ um Eckehard Lowischs Engelsfigur stand vor der Coronakrise im Zusammenhang mit der großen Engelsausstellung in der Kunsthalle Barmen. Nun soll die Figur Teil einer Ausstellung im Lichthof des Barmer Rathauses ab 3. August sein.
Mit zwölf Jahren begann das Interesse am Fotografieren, zunächst mit einem „Ritschratschapparat“, später nahm der 15-/16-Jährige eine Spielgereflexkamera zur Hand, entwickelte die Fotos in seiner flexiblen Dunkelkammer, die er im heimischen Keller auf- und abbaute. „Es faszienierte mich, dokumentarisch zu arbeiten, Partys festzuhalten, ohne sie in Szene zu setzen“, erinnert Silberkuhl, der den Menschen als Lieblingsmotiv benennt, „selbst wenn er gar nicht zu sehen ist, aber eingewirkt, seine Spuren hinterlassen hat“. Aufnahmen die wachsen, sich fügen, nicht vorgeplant werden.
Nach der Schule und mehreren Jobs sowie ausgiebiger Lehrstellensuche ließ sich Silberkuhl in Porträtstudios in Langenberg, Essen und Wanneeickel zum Fotografen ausbilden. Er interessierte sich fürs Videografieren, das in den 80er Jahren aufkam. Drehte erste Kurzfilme – aber analog, weil das von der Ästhetik schöner, wenn auch technisch aufwendiger sei.
Heute bevorzugt der Wuppertaler beim Filmen die digitale, beim Fotografieren die analoge Technik. Ein wiederkehrendes Genre dabei ist der Tanz, für den er eine eigene Leidenschaft entwickelte. Er drehte mit Robert Sturm vom Tanztheater Wuppertal oder mit dem ehemaligen Pina Bausch-Tänzer Jean Laurent Sasportes. Wurde Teil des Tanztheaterprojekts von Barbara Rüdiger. Die Professorin für Stochastik an der Bergischen Universität analysierte Bewegungen in Pina Bausch-Stücken und machte daraus ein eigenes Stück.
Auch wenn die Videoanfänge „mit Riesenkameras und grottenschlechter Qualität“ verbunden waren, blieb Silberkuhl dran, probierte aus. Das Experimentieren sei so etwas wie sein Stil, erklärt der Filmemacher, der nach absolvierter Lehre, Jobs in zwei Fotostudios und 13 Jahren als Leiter der Abteilung audiovisuelle Medien der Stadtwerke, in denen er sich auch zum Meister ausbilden ließ, seit 21 Jahren selbstständig arbeitet.Seine Agentur für Medien und Kommunikation deckt Foto, Print und Film ab, dreht hauptsächlich Industriefilme, Unternehmensporträts, Produktpräsentationen. Silberkuhl schätzt die breite Palette der Tätigkeiten, die Arbeit im Team. Malt oder bildhauert mit seinen Mitteln. Er versteht sich mehr als Handwerker und künstlerisch Forschender. Ein Handwerk, das er beherrscht und doch ständig perfektioniert.
Als Mitglied des freien Netzwerks Kultur kennt er Lowisch, bespielte letztes Jahr im Rahmen der Woga einen Raum in dessen Kunststation im Bürgerbahnhof Vohwinkel. Über eine große LED-Leinwand flimmerten Videos, darunter natürlich auch ein Tanzfilm. Silberkuhl zeigt seine Filme gerne als Installation, über Monitore in Schaufenstern, Unterführungen, Hauswänden. Denkt auch über eine Zusammenarbeit mit dem Wuppertaler Lichtinstallatiionskünstler Gregor Eisenmann nach.
Das Fotografieren vergisst er darüber nicht, will manche Techniken wie etwa die Großbildfotografie oder das Edeldruckverfahren vor dem Aussterben bewahren. Bei der Jahresschau 1999 war er mit drei Akten vertreten, die er als Fotogramme schuf. Denn, so ist Silberkuhl überzeugt, die Digitalisierung werde das analoge Arbeiten gänzlich verdrängen.
)) Info – Ralf Silberkuhl
)) Info – Eckehard Lowisch
)) Quelle – Westdeutsche Zeitung // 21. Juli 2020
Im Ada-Gebäude an der Wiesenstraße finden erste Kurse statt. Der Verein INSEL renoviert das Obergeschoss und plant Veranstaltungen
Torsten Krug ist voller Tatendrang: „Wir wären doch keine INSEL, wenn wir keinen geschützten Raum anböten“, sagt der INSEL (Ada)-Vorsitzende. Die Coronakrise hat der im Oktober gegründete Verein genutzt, um im Obergeschoss des Hauses Wiesenstraße 6, direkt über dem Café Ada, klar Schiff zu machen. Sein Ziel: Eine Heimstatt für die verschiedensten kulturellen Aktivitäten, ein „offener Ort auch für Projekte, die woanders nicht funktionieren“. Etwa für die Salsa-Kurse, die wieder im Haus stattfinden und eine alte Tradition im Ada fortführen.
Die Coronakrise traf den Verein in seinen Anfängen. Noch im Februar hatte man mit großem Enthusiasmus in dem 360 Quadratmeter großen Raum im Ada-Gebäude zur Probe gewohnt, hatte Pläne für Renovierung und Programm geschmiedet und Kontakte zum kreativen Umfeld geknüpft, allen voran zu Mehmet Dok vom Café Ada im Erdgeschoss. Hatte fasziniert den tänzerischen und performativen Aktivitäten des Choreografen Matias Tripodi im Haus zugeschaut. Der Lockdown fuhr jäh dazwischen.
Während sich Regisseur Krug mit dem Gedanken tröstete, dass noch nichts unterschrieben war, also keine finanziellen Verbindlichkeiten bestanden, empfand Zara Zoë Gayk vom Vorstand „totalen Frust“: „Ich sah mich allein zuhause mit meiner Malerei ohne einen einzigen Menschen“, erinnert sich die Künstlerin. Doch rasch entwickelte sich eine rege Kommunikation im digitalen Raum, die sie bis heute in Atem hält. Ein „Mietvertrag unter Coronabedingungen“ wurde geschlossen, mit Luft für einen durchdachten Anfang: „Wir können es uns leisten, langsam vorzugehen, können gerade in einer Zeit der Stagnation vorankommen“, freut sich Krug.
Auf 25 Menschen ist der Verein angewachsen. Darunter viele Künstler, die sich für die Magie des Ortes erwärmen, eine Magie, die auch die Umgebung erreicht, weshalb „plötzlich von überall her Leute auftauchen und helfen“, so Gayk. Gerade erst beim Ausräumen des Dachbodens, bei dem so manches Schätzchen geborgen werden konnte – ein altes Blechschild des Cafés oder Plakate des Tanztheaters Pina Bausch, das das Ada ehedem für sich entdeckt und bekannt gemacht hatte. Inventur- und Streicharbeiten wurden erledigt, die Lampen von der Decke geholt. Der Raum soll wie eine Blackbox genutzt werden können, weshalb neue angeschafft werden sollen. Um mehr Tageslicht reinzulassen, wurden die Fenster hinter der Theke geöffnet, Gleiches könnte mit denen hinter der Bühne geschehen. Noch auf der Agenda steht das Thema sanitäre Anlagen.
Fortschritte macht auch die Finanzierung: Der Verein erhält institutionelle Förderung von der Stadt, Förder-Anträge bei „Neustart“ des Bundes und als Startup bei der Wirtschaftsförderung Wuppertals werden vorbereitet. Bei „Gut für Wuppertal“ wird um Gelder für die Sanierung des Flügels geworben.
Mitte Juni kehrte der Tanz ins Haus zurück. Salsa und Bachata, in Kooperation mit Mehmet Dok und unter strengen Sicherheitsauflagen. Nicht als offene Veranstaltung, sondern als Kurse, die sowohl im Erd- als auch im Obergeschoss stattfinden. Mit freischaffenden Lehrern und festen Paaren, die auf vier erlaubten und auf dem Boden mit Klebebändern markierten Quadratmetern üben. Mit Personalienangabe, um eine Nachverfolgung im Infektionsfall zu ermöglichen.
Mitte August sollen auch Tangokurse angeboten werden. Der soziale Tanz lebe eigentlich vom Partnertausch und von den Milongas, erzählt Gayk. Kontaktsport mit bis zu 30 Personen sei auch wieder erlaubt, so Krug. Aber man wolle langsam vorgehen, ohne die Menschen zu gefährden: Der Tangokurs sei erst mal mit festem Partner gedacht, die Milongas wohl erst 2021 wieder denkbar.
Andere Termine stehen fest: ein Konzert mit Lesungen am Antikriegstag, 1. September, das die Armin T. Wegner Gesellschaft gemeinsam mit dem Schriftstellerverband (VS) organisiert. Am 28. August startet wieder die „Literatur auf der INSEL“-Reihe. Verena Güntner kommt ins Café und bringt ihren Roman „Power“ mit. Im Rahmen der verkleinerten Literaturbiennale im Herbst ist eine Veranstaltung mit regionaler Literatur im Ada geplant. Nicht zu vergessen die weiteren Angebote von Theater über klassische Musik, Ausstellungen, Kurse bis hin zu Schulungen, die der Verein anbieten will. Der Kalender fülle sich für den Herbst, freuen sich Gayk und Krug: „Die Leute sind so glücklich, dass es wieder losgeht, denn sie haben Hunger nach Kultur.“
Info // INSEL Verein
Der gemeinnützige Verein INSEL wurde im Oktober 2019 gegründet. Er will auch die Geschichte des Hauses Wiesenstraße 6 erforschen. Deshalb freut er sich über Fotos, Geschichten und Informationen. Der Internet-Auftritt des Vereins ist in Arbeit, er ist aber auf Facebook vertreten.
)) Neue INSEL Website – insel.news
)) Aktuelles auf Facebook – facebook.com/inselnews
)) Quelle – Westdeutsche Zeitung // 15. Juli 2020
„Out and about – Kunst geht raus“ wird verlängert – auf analogen und digitalen Plakatwänden im Stadtgebiet
von Monika Werner Staude
Von Anfang an gingen sie ihr Ziel „wir helfen uns selber“ auf zwei Wegen an: Akquirierten Gelder für den Solidarfonds „Eintopf“ und schufen zugleich Arbeit. „Wenn wir keine Jobs haben, machen wir uns welche“, fasst Frank N kurz zusammen.
Der Wuppertaler Film- und Fotokünstler hat derzeit einen Fulltimejob, der zwar nicht unbedingt den Mindestlohn einfahre, aber auch keine Selbstausbeutung sei, sagt er. Frank N ist das Herz des Projekts „Out and about - Kunst geht raus“, das seit Ende April die Stadt in eine temporäre Galerie verwandelt. Indem es freie Plakatwände der Firma Ströer nutzt. Diese Woche wurden in einer fünften Runde 30 Bilder geklebt.
Am Anfang waren sie zu viert, im Juni machten 100 Künstler mit, nun kamen acht weitere hinzu, eine weitere Warteliste bildet sich bereits. Zeitweise hingen über 170 Arbeiten aus, einige davon seit April. Zahlen, die die Wandlungsfähigkeit des Vorhabens spiegeln. Das setzte der Lähmung durch den Lockdown der Coronakrise zunächst die Wahrnehmung des „wir sind noch da“ entgegen, wurde im Juni zur beeindruckenden Kunstdemonstration des „wir sind da und wir sind viele“. Seit kurzem heißt es auch Kunst goes digital: 20 ausgewählte Arbeiten flimmern über riesige Infoscreens, die Ströer im Stadtgebiet aufgestellt hat. Das Vermarktungs-Unternehmen hatte den Künstlern das attraktive Angebot gemacht, ihre Bilder auch hier zu präsentieren. Ein Tag Mehrarbeit für Frank N, der die dafür nötigen Filme von den Kunstwerken anfertigte.
Die Resonanz sei nach wie vor gut, Zerstörungen gebe es kaum, Überklebungen finden natürlich immer wieder statt, berichtet der Filmemacher. Einmal heftete ein Unbekannter einen kleinen Zettel mit einer Schlüsselbundsuche auf ein Bild von Birgit Parduhn, ein andermal verschwanden zwei Arbeiten von Andrea Raak und Uwe Becker samt Plakatwänden. Der vermeintliche Kunstraub beschäftigte tagelang die Sozialen Medien, bis herauskam, dass die Reparaturabteilung von Ströer die baufälligen Wände abgebaut hatte, nicht wissend, dass diese gerade für die Ausstellung genutzt wurden. Mittlerweile hängen die Bilder wieder. „Wir fahren die Stationen ab, können natürlich nicht alles im Blick haben“, erzählt Frank N. Mit der Kontrolle wird die Website aktuell gehalten, die über die Kunstwerke informiert und Interessierten sagt, wo sie diese finden können.
Knapp über 4000 Euro sind mittlweile für den „Eintopf“ zusammengekommen, mehr als 800 Euro davon durch Anmeldegebühren der dritten Runde, 3200 Euro durch Bilderverkauf. Weitere Spenden nicht ausgeschlossen. In den Ferien sollen einige Minirunden folgen, um in Erinnerung zu bleiben, man werde weniger, ohne einfach zu verschwinden. Überlegungen kreisen um eine große finale Runde mit allen Teilnehmern im Herbst. Die aber hänge von vielem ab, so Frank N – von Ströer, von externer Unterstützung, um Künstler und Organisatoren zu entlasten. Geliebäugelt wird auch mit einer Publikation, die das Projekt festhält, mit attraktiven Bildern und Informationen. „Da müssten dann alle rein, das wären mindestens 200 Seiten“, überlegt der Künstler und sagt: „Über die Finanzierung denken wir nach, wenn wir für uns klar sind.“
)) Mehr über „Out and about – Kunst geht raus“
)) Weiter zum EinTopf Solidarfonds
)) Quelle Westdeutsche Zeitung // 8. Juli 2020
Stadtsparkasse Wuppertal
Stadt Wuppertal / Kulturbüro
Lars Emrich // 1. Vorsitzender Zara Gayk // 2. Vorsitzende Beide sind einzeln vertretungsbefugt und bilden laut § 26 BGB den Vorstand des Vereins.
Uta Atzpodien // Vorstand
Vereinsregister – Amtsgericht Wuppertal: VR 30873 Finanzamt Wuppertal-Elberfeld: 132/5901/5166
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Zara Gayk