Sammeln für den guten Zweck Von Tine Lowisch Es sieht so aus, als wäre es eine gute Sache. Ein übergroßer, nachgebauter Scheck, der oft eine verhältnismäßig überschaubare Summe ausweist, wird in die Kamera gehalten. Das monetäre Ergebnis einer aufwendigen Aktion tröpfelt nach unten. Dieser kurze Moment wird meist überdeckt von Applaus, der Ablass ist bezahlt und die allgemeine Lage entspannt sich. So weit so vergnüglich. Das Geben und Nehmen, verkleidet als Gewinnspiel mit Zusatzchance. Und es ist ganz offensichtlich, dass es gute Chancen für die Beteiligten dieser Illusion gibt. Die Organisatoren eines Charity Events sind nachweislich über lange Strecken gut und sinnvoll beschäftigt. Tine Lowisch - Foto: Claudia Scheer van Erp Im Vorfeld dieser Ereignisse wird das Gruppengefühl der Akteure intensiv gestärkt, einige glänzen mit ihrem Organisationstalent, andere beeindrucken durchaus mit ihren weitreichenden Kontakten. Die Veranstaltung wird begleitet von fiebriger Hochstimmung — die gute Laune ist ansteckend, zusammenführend und zum Glück sehr gesund. Wer zum Beispiel seinen guterhaltenen Hausrat auf einem angesagten Stadtfest trödelt, um Platz in den Schränken für neuen Konsum zu machen, wer die ganze Nacht lang ausgelassen bei hohen Eintrittspreisen in guter Gesellschaft tanzt oder begeistert als Amateur Theater spielt und dann die immerhin niedrigen Eintrittsgelder eins zu eins an die Straße abgibt, ist legitimiert, es wird applaudiert und gratuliert. Wozu eigentlich? Wir leben in einer Zeit, die signifikante Unverhältnismäßigkeiten aufweist und da ist die Tatsache, dass zum Beispiel das Geld, das eigentlich dazu gedacht ist, ein zutiefst demokratisches Mittel zu sein, sich nicht mehr eignet, um Werte darzustellen oder zu schaffen. Denn dazu müsste es sich noch ein bisschen mehr bewegen und sich nicht still auf einigen wenigen Konten stapeln. Jeder weiß, dass man es nicht essen kann. Obwohl — es ist und bleibt ein Substitut, ein Ersatzstoff, den man eintauschen möchte, meinetwegen gegen Brot. Wenn man es eintauscht gegen Kunst, ist besondere Einsicht der Beteiligten geboten, denn dieser Deal funktioniert nicht immer. Eigentlich nur, wenn verantwortungsvoll im Sinne der Kunst gehandelt wird. Einige wenige Kunstwerke haben aus vielerlei Gründen einen sehr hohen Wiederverkaufswert, andere haben schon bei ihrer Entstehung Kosten verursacht, die sie nie wieder einspielen werden, was sie ja auch nicht unbedingt müssen. Und irgendwo dazwischen liegen die Antworten auf die Fragen, die wir uns stellen sollten. Ich kenne viele, die Kunst können und ich weiß, dass mir Kunst und dass ich mich zu Hause damit umgebe, hilft. Ich kenne noch nicht so viele, die Kunst kaufen, dabei ist dieser leidenschaftliche Impuls, Kunst zu sammeln und zu besitzen, glaubt man den Geschichten herausragender Sammlerpersönlichkeiten, wohl schon immer ein Alleinstellungsmerkmal dieser wunderbaren Stadt gewesen, die eine lange Tradition hat, der Kunst und denen, die sie hervorbringen zu vertrauen. Also, liebe Zeitgenossen, werdet euch selbst bewusst, kommt eurer Verantwortung nach. Erweitert nach eurem Geschmack die Sammlungen eurer Eltern, meinetwegen sehr gerne im Rahmen einer kunstkaritativen Aktion. Denn wenn diese Formate eines Tages dazu führen, dass Künstler in dieser Stadt von ihrer Kunst leben können und sie den Erlös nicht auch noch spenden müssen, um eine zündende Idee vorzuleben, wäre das gut für eure Identifikation mit der eigenen Stadt. Es wäre gut für den Zweck: Wuppertal. 2513 Weitere Informationen WZ KolumneDiese Kolumne in der Westdeutschen Zeitung