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New Biedermeier in postnormalen Zeiten

Das romantisch Ideale ist als Ausweg zurück // 19. Oktober 2022

Von Tine Lowisch​

Es scheint, als kehre die Idylle in die bildende Kunst zurück. Beziehungsweise der Wunsch danach. Da wird in künstlerischen Aussagen zurzeit wieder das romantisch Ideale als Ausweg herbeigesehnt. Bei Werken, die in den letzten Jahren entstanden sind, fällt mir auf, dass sie wieder auftauchen – die vermeintlich guten Sachen. Zum Beispiel die farbenfrohen, floralen Motive oder auch die Ornamente. Vermehrt dargestellt werden auch wieder die natürlichen Elemente. Erde, Wasser, Feuer, Luft in „schöner“ ausbalancierter Stimmung.

Tine Lowisch - Foto: Claudia Scheer van Erp
Tine Lowisch - Foto: Claudia Scheer van Erp

Die Frage, die in vielen Köpfen leise wie Hintergrundmusik spielt, klingt bei der Betrachtung dieser Kunst wohl nicht mehr so streng: Gefällt mir das? Eher vielleicht sehnsüchtig: Wann wird es wieder besser? Allerdings, der Mensch als Motiv fehlt oft. Hat er sich auch aus den Bildern oder aus dem Gebildeten ins Private zurückgezogen oder wurde er von Künstlerinnen und Künstlern bewusst ausgespart, weil das Interpretieren seines dargestellten Verhaltens das Erinnern an die Zukunft stört?

In diesem New Biedermeier in postnormalen Zeiten ist der Mensch als Motiv auf jeden Fall nicht mehr zentral. Viele Malereien sind genauso wie auch viele Kunst- und Kulturorte in den Städten und auf dem Land zurzeit menschenleer. Warum der Mensch als Publikum in die Ausstellungen kaum mehr zurückkehrt? Die Suche nach den Gründen ist in vollem Gange. An dieser Schnittstelle arbeitet die Kunststation schon einige Zeit. Wir könnten also ein paar Gründe nennen, wenn jetzt Kulturpolitiker und Kulturpolitikerinnen genau analysieren und evaluieren, welche neuen Formen der Ansprache und auch welche neuen Angebote zukünftig Sinn machen, um diesem Phänomen zu begegnen.

Anfang der Woche hat die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien, Claudia Roth, vorgeschlagen, Kultur als Staatsziel im Grundgesetz zu verankern, „da Kultur ganz klar kein Luxusgut sei, das man sich nur in guten Zeiten leistet“. Als „entscheidenden Grund“ für geringe Auslastungszahlen bei Kulturveranstaltungen nennt Roth unter anderem den Umstand, dass vielen Menschen durch die erhöhten Kosten weniger Geld zur Verfügung steht: „Da müssen wir in der Kulturpolitik schauen, wie wir dem entgegenwirken können.“ Sie möchte, „dass Museen, Theater, Konzerthäuser, Kinos und Clubs auch Räume sind, die den Menschen Bildung, Kommunikation und soziale Wärme ermöglichen.“ Genau, denn all dies Schöne, vor allem eine emphatische Kommunikation, die soziale Wärme erzeugt, ist der Ausweg, das Zaubermittel - am besten bei freiem Eintritt, wie bei uns … während die zerbrechliche Gegenwart im Moment durch das dramatisch dystopische Zusammenspiel komplexer Krisen zerfällt. Das Schöne und natürlich auch die Dankbarkeit.

Deshalb von mir an dieser Stelle zuallererst ein ganz herzliches Dankeschön an alle, die die Kunststation im Bahnhof Vohwinkel bisher besucht haben. Zuletzt noch am vergangenen Sonntag bei der Eröffnung der Ausstellung: meino feat.ddms bei wunderschönem Ausflugswetter. Eine Ausstellung, bei der der Künstler Meino mit den Kollegen, den Alten Meistern der Düsseldorfer Malerschule, wie er sagt: „Gemeinsam malt“. Ebenso danken wir dem Bürgerverein Vohwinkel e. V., der unseren ehrenamtlich geleiteten Kunstraum schon lange stützt.

Und „last but not least“ geht aber natürlich unser ganz besonders herzliches Dankeschön an die Deutsche Bahn, die im Herzen von Wuppertal Vohwinkel der Kultur und dem konstruktiven Miteinander seit Jahren Raum gibt. Alle Beteiligten sind und bleiben da im Dialog, denn: Die Kunst muss weiter gehen.

Anregungen oder Kritik: kolumne@fnwk.de

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