Gemeinsam mit langem Atem 21.4.2021 Von Uta Atzpodien „Wer‘s glaubt“ leuchtete mir Anfang der Woche am Spätnachmittag entgegen. Neben den Täglich-Brot-Aktivitäten gehört der Blick über die Schultern von Kindern und Jugendlichen im Homeschooling für viele tagtäglich dazu. Unterrichtsmaterial meines Sohnes war ein Artikel von der Autorin Christiane Lutz im Magazin der Süddeutschen Zeitung. Im Spannungsfeld von Glauben und Wissenschaft geht sie der Frage nach, wie beide neben- und miteinander bestehen können, um mit Trost, Vertrauen, Zuversicht in die Zukunft gehen zu können. Besonders fasziniert haben mich die Worte, bei denen sie davon sprach, dass Glauben für sie in den Momenten des Berührtseins entsteht. Wer kennt sie nicht? Diese Momente, in denen die Zeit still zu stehen scheint, wir uns verbunden, tief beglückt und beschenkt fühlen. Für mich haben sie viel mit der Aura der analogen Begegnung, auch mit Kunst und Kultur zu tun, die uns allen wohl seit über einem Jahr fehlen. Uta Atzpodien - Foto: Ralf Silberkuhl Nicht erst die Gedenkfeier der Corona-Toten am letzten Wochenende, die alarmierende dritte Welle, die überlasteten Intensivstationen oder auch die unendlich wirkenden Grabreihen in Brasilien zeigen uns den fortwährenden Ernst der aktuellen pandemischen Situation. Doch wer tröstet da und steht zur Seite? Gemeinsam unterwegs im Konzert, Theater, Film: Mir persönlich haben Kunst- und Kulturerfahrungen schon über viele Herausforderungen in meinem Leben hinweggeholfen. Sie fehlen extrem. Klar, in Sachen Digitalisierung haben wir alle enorm dazugelernt. So inspirierend jedoch all die Konferenzen, Netzwerktreffen und digitalen Streams der letzten Monate waren und sind, zieht sich doch häufig ein Schleier wie ein Leitmotiv durch all diese Begegnungen. Was mich berührt hat in den letzten Tagen? Und was hilft mir, den Glauben an das Leben, an die Zukunft nicht zu verlieren? Das sind Gänsehaut-Momente wie folgende: die Choreographin Natica Gulich und der Musiker Björn Krüger beispielsweise, die bei dem digitalen Workspace #Chance Kultur am letzten Samstag über persönliche Statements von ihrer Arbeit mit Kindern und Jugendlichen berichtet haben. Körperlich spürbar wurde, dass genau hier, bei Kindern, Jugendlichen, in Kitas und Schulen unsere Zukunft beginnt, mit sinnlicher Erfahrung, mit Kunst und Kultur. Das kann nur gemeinsam und mit langem Atem entstehen, wie auch unsere aktuelle kulturelle Netzwerkarbeit, aus der eine so bewegende Veranstaltung, wie letzten Samstag erst erwachsen ist. Ganz nebenbei: Ein Gemeinsam und mit langem Atem wird für mich auch über die aktuelle Nachricht einer Kanzlerinkandidatur greifbar, die nicht über ein Gegeneinander, sondern aus einem Miteinander entsteht. Kann nicht genau so eine neue Kultur der Zukunft entstehen? Der gerade erschienene UN-Bericht für 2020 zeigt, dass der Klimawandel trotz Pandemie voranschreitet. Auch hier heißt es nun, solidarisch und mit langem Atem entgegenzusteuern und dabei die Erde einzubeziehen. Morgen, am 22. April, ist Erdtag: „Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will“, sagte Albert Schweitzer. Mehr Wertschätzung der Menschen, der lebendigen Natur und der begrenzten Erde brauchen wir für unsere Zukunft. Am kommenden Wochenende starten der für Wuppertals Urbane Gärten engagierte Michael Felstau, die iranische Künstlerin Mansa Sabaghian und ich unsere durch Wuppertal wandernde partizipative Kunst- und Umweltaktion mit einem digitalen Workshop, gerne mit Ihnen und Euch: kontakt@plan-e.earth. Was bedeutet für Sie und Dich die Erde? Wann wird der Flecken Erde zur Heimat? Ja, vor allem unsere Mutter Erde braucht von und mit uns allen einen gemeinsamen langen Atem. Anregungen und Kritik: kolumne@fnwk.de vorheriger Artikel Die Pandemie treibt Prozesse voran nächster Artikel Wo ist eigentlich vorne? Denkt das Unmögliche! 2426 Weitere Informationen WZ KolumneDiese Kolumne in der Westdeutschen Zeitung