Kreativ Verantwortung übernehmen Was den brennenden Amazonas mit der Wuppertaler Innenstadt verbindet. Eine Frau ist zu sehen mit schwarzen Zöpfen. Ihre Augen sind geschlossen, auf dem ebenso bunt wie dunkel gemaltem Bild. Ihr Körper leuchtet grün und blau. Unter ihren verästelten Lungen lodern gelb-orange Flammen. Schwarzer Qualm steigt auf beiden Seiten auf. Es schmerzt, denn es brennt, auch in unserer Küche: Sinnlich berührend sehe ich den brennenden Amazonas vor mir, bedrohte Menschen, Tiere, Pflanzen, die grüne Lunge unserer Welt. Diese weibliche Figur, die von Lateinamerika aus durchs Netz wandert, steht für uns alle. Der Lebensraum der indigenen Bevölkerung, die Artenvielfalt und das Klima weltweit sind gefährdet. Ja, die Erderwärmung existiert. Nur jetzt wird sie durch die Politik der rechtsextremen Regierung Brasiliens noch weiter geschürt: Mit ihren Reden hat sie der Abholzung eine Art Freifahrtschein ausgestellt, ignoriert wesentliche Zusammenhänge und Kreisläufe unseres Planeten und verletzt menschliche Werte. Uta Atzpodien - Foto: Ralf Silberkuhl Was tun? Seit Monaten schon weisen indigene Gruppen aus Brasilien, Lateinamerika oder auch Indonesien in ihren Reden, bunt bemalt und häufig in Gruppenkonstellationen tanzend, auf diese Notlage hin. Künstlerinnen und Künstler haben sich mit ihnen verbunden: Ein 10-minütiger Filmclip wanderte schon vor einem halben Jahr durch Netz, der mit Bossa Nova-Klängen, poetisch aufrüttelnden Worten und bewegenden Bilder auf die alarmierende ökologische und menschliche Schieflage aufmerksam machte. Die internationale Politik scheint all dies nur zu erreichen, wenn wir alle – wie momentan – mit einem Kontinent in Flammen schon mitten im Desaster sind. Ein klares Umdenken von Politik und Wirtschaft mit konsequentem Handeln ist das Freihandelsabkommen nicht, auch wenn die auf dem G7-Gipfel beschlossenen Hilfsmaßnahmen notwendig sind. Die Zusammenhänge von Mensch und Natur, wie sie für die Indios in ihrer Verbundenheit so offensichtlich und schmerzlich greifbar sind, erkennen wir alle noch viel zu wenig. Was tun lokal, vor der eigenen Haustür? Im August gründete sich in Wuppertal eine Extinction Rebellion-Gruppe, die mit kreativen Aktionen, wie Flashmobs zum „friedlichen Ungehorsam gegen den drohenden Klimakollaps, das Artensterben und die Klimakatastrophe“ aufruft. Bei der in den Medien sehr präsenten Blockade von Londoner Brücken im Frühjahr 2019 und auch in vielen nachfolgenden bundesweiten Aktionen geht es um friedlich-kreative Zeichen, um gemeinsam etwas zu verändern, Politik zu bewegen, zum Handeln für eine lebenswerte Welt anzuregen. Wie sehen kreative Aktionen aus? Ob mit oder ohne Extinction Rebellion: Bürgerinnen und Bürger in Wuppertal können bewegende Zeichen für eine nachhaltige Zukunft, eine nicht auto-, sondern menschengerechte Stadt, frische Luft und mehr Pflanzen setzen. Der September steht im Zeichen der Mobilitätswende. Am Freitag, 20. Oktober, lädt beispielsweise der Parking Day ein, übrigens international schon seit fünf Jahren. Parkplätze können ganz anders aussehen, mit Pflanzen, Wiese oder Rollrasen, um dort zu picknicken, zu spielen, zu tanzen, zu musizieren oder das zu tun, was auch immer den öffentlichen Raum lebenswerter und menschlicher macht. Kreativ Verantwortung übernehmen kann Laune machen, Menschen zusammenbringen und zeigen, wie eine wahrhaft lebenswerte Stadt aussehen kann. Das Flammeninferno wird im Herzen und im Hinterkopf bleiben. Der Neustart nach den Ferien bietet sich an, um uns gemeinsam auf die Lust am Gestalten einzulassen. Wie können wir Mutter Erde und damit auch uns selbst, mit ein wenig mehr Wissen, Weisheit und Weitblick behandeln? vorheriger Artikel Die geballte Energie engagierter Frauen 4719 Weitere Informationen WZ KolumneDiese Kolumne in der Westdeutschen Zeitung