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Für Livekultur gibt es keine Abwrackprämie

Für die Kultur steht die längste Nacht der dunklen Nächte wohl noch bevor // 24. Juni 2020

Von Max Christian Graeff

Endlich lärmen sie wieder, draußen auf der Straße: Manche der Kinder sind zurück in der Schule und besprechen auf den Wegen dahin und daher fleißig ihre Welt. Ihr Quietschen, Prahlen und Gluckern hat tatsächlich gefehlt; es täuscht so angenehm den Fortgang der Dinge vor. Vorhin sagte einer auf dem Heimweg: „Ich leg mich auf die Sonne!“ Das ist ein idealer Zeitpunkt, denn gerade eben war Sonnenstillstand und seit vier Tagen sinken wir langsam wieder in die nach Lebkuchen riechende Finsternis … – Im Ersten lief am Sonntag ab Mitternacht die „lange Nacht der Kultur trotz Corona“ bis fast zu den Frühnachrichten, nett gemeint und symbolisch dafür, dass dem Veranstaltungsbetrieb die lange Nacht erst noch bevorsteht. In jener kurzen auf Dienstag folgte wiederum die „Night of Light“, in der tausende Veranstaltungs- und Auftrittsorte im Land in rotem Licht erstrahlten, damit man sie bemerke.

Max Christian Graeff - Foto: C. Paravicini
Max Christian Graeff - Foto: C. Paravicini

Tatsächlich waren die Zahlen bisher wenig bekannt: Mehr als 2,5 Millionen Beschäftigte in der Veranstaltungswirtschaft inklusive Unterhaltung und Kultur sorgen mitsamt der Business-Veranstaltungen mit mehr als 400 Millionen Teilnehmenden für einen Jahresumsatz von 130 Milliarden Euro, und die Hälfte der Branche ist zum Herbst hin von Insolvenz bedroht. Sie werden dies ja sicher genau so aufmerksam gelesen haben wie die Berichte aus der Autoindustrie. Kulturveranstaltungen machen mit 6,6 Milliarden Umsatz lediglich einen kleinen Teil des Kuchens aus, aber da viele Künstler noch kunstferne Brotjobs in der Branche haben, ist die Grauzone groß und der nötige lange Atem bei eingeschränktem Lungenvolumen definitiv nicht verfügbar. Vielen von uns geht ganz einfach die Puste aus – und ständig darüber nachdenken, davon sprechen und schreiben zu müssen ist (in aller Ratlosigkeit) wahrlich kein Vergnügen. Geld ist schließlich das dreckigste Kulturgut, das wir haben, neben Sprengstoff und Öl. Da war die lange Kulturnacht mit rührenden Versuchen der Unverdrossenheit tatsächlich eine kleine Erholung. Doch dann kamen die Frühnachrichten: der waffenpolitische Rückfall in die Zeit vor der Kubakrise, die virale Kunst der Fleischzerlegung, Faktoren und Friktionen, 80 Millionen Flüchtende, und ein Gutscheindrucker hat sich ein paar Milliarden Luftgeld dazuerfunden … Und da beklagt sich die Kunst, dass die Soforthilfe verdampft? Sie haben recht, das ist nur noch ulkig! Das Geld ist ja nicht weg, es war einfach nie da. Im kurzen Traum nach der langen Nacht flüstern all jene zu mir, die mich schon früher vor der Literatur gewarnt haben: „Siehste – hättest du stattdessen was Ordentliches gelernt, dann könntest du jetzt schön auf Kosten anderer leben.“ So ist es wohl, „mit überwiegender Wahrscheinlichkeit“ – wie es bei Wirecard heißt.

Auch der Bachmann-Preis sendete Wahrscheinlichkeiten, feinsensorische und grobjurorische; ich mag aber kaum noch von meinem Wohnzimmer aus in andere Wohnzimmer hineinschauen. Es fehlt dieses gemeinsam andere Verhalten des Kulturmoments auf nichteigenem Grund. Doch was wird uns noch anderes bleiben? Wenn die Veranstaltungen wieder sein dürfen, werden viele nicht mehr sein können, weil die Orte fehlen: des Alltags Löcher, die die Welt bedeuten. Auch dem mehrfach preisgekrönten zukunftsrelevanten Kunstclub Loch geht bald die Puste aus. Bitte spenden Sie etwas, auf gut-fuer-wuppertal.de; dort finden Sie natürlich auch noch andere Orte in Not. Warten Sie nicht, bis die Sonne sinkt, denn dann umfängt uns die tatsächlich lange Nacht unserer gemeinsamen Kultur.

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