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Kultur ist, was sich sieht

Von Max Christian Graeff

Heute ist einer dieser Tage, an denen die Kolumnen mit „Eigentlich …“ beginnen, weil zwar ein Thema im Kopf kursierte, das Weltgeschehen allerdings jedem Kulturplan entgegen strebt. Um den Darstellungsdrang selbstverlegen(d)er AutorInnen sollte es gehen, um fehlende Achtung vor dem Niveau und der Lesenszeit des Publikums, um Egomarketing, Überheblichkeit und Minderwertigkeitskomplexe, um den Spagat zwischen Über- und Unterschätzung, zwischen Geld und Geltung, und eigentlich sollte an plakativer Stelle der Ausruf platziert sein: „Lassen Sie mich durch, ich bin Dichter!“

Max Christian Graeff - Foto: C. Paravicini
Max Christian Graeff - Foto: C. Paravicini

Dann aber fielen mir mehrere vorweihnachtliche Gespräche ein, mit aus dem Erwerbsleben geworfenen Passanten, die um Hilfe baten und erzählten, wie schwer es sei, an kalten Abenden und in der Genusssucht des großen Gebimmels etwas Aufmerksamkeit und ein paar Münzen zu bekommen. Freiberufler, darunter auch Künstler, geben anscheinend – je nach aktuellem Wasserstand in der Tasche – mehr, denn sie haben selbst eine Vorstellung vom ungesicherten, prekären Leben und von der Frage, wer sie denn eigentlich brauche. Dabei braucht die Gesellschaft uns alle: die Scheiternden und Erfolglosen als beispielhafte Druckmittel für den seriös erfolgreichen Lebensgang, „etwas zu werden“, die unklaren, ungewissen Geister ebenso (Hauptsache, sie konsumieren), und die künstlerisch Tätigen zumindest als Zierrat, manchmal auch als Leistungsträger des Kulturlebens, das hinter den Kulissen auch gehörigen Umsatz und bare Münze schafft. Es liegt mir fern, Not und Freiheit unangemessen zu verbrüdern und lebensfremde Idyllen des Randständigen zu schaffen. Es geht hier nur um den häufigen Fingerzeig für die Kinder: „Werde bloß nicht wie die!“

Vor drei Tagen eröffnete die uralte Stadt Plowdiw in Bulgarien ihr Jahr als „europäische Kulturhauptstadt“, unter dem Motto „Zusammen“, was sowohl ethnisch als auch ethisch gemeint ist. Plowdiw hat die Einwohnerzahl von Wuppertal und trägt ebenfalls viele historische Merkmale, in Wirtschaft, Forschung und Kultur Vorreiterrollen gespielt zu haben. Dass Kultur kein Beiwerk ist, sondern ein heute angegriffenes Europa stärkt und mehr Solidarität als verquere Identität schafft, klingt deutlich hervor. Die zweite europäische Kulturhauptstadt 2019 ist das vor kurzem noch total desolate Matera in Süditalien, in dem Carlo Levi sein Buch „Christus kam nur bis Eboli“ schrieb. In Elberfeld schrieb Lisa Kristwald 1977 das famose Hörstück „Jesus kam nicht bis zum Ölberg“.

Ob man noch an besagte Figur glaubt oder nicht, spielt keine Rolle; das kulturelle Gleichnis stimmt bis heute. In Wuppertal ist nur der Schein heilig. Unsere Stadt hätte vieles von dem, was den Titel „europäische Kulturhauptstadt“ berechtigt, doch der Weg zur (theoretischen) Bewerbung ist undenkbar weit. Ein „Zusammen“ nicht nur auszurufen, sondern zu leben, fängt mit der Straßenmünze an und hört in der Stadthalle längst nicht auf. Die freie Kulturszene und jene, die am Rand stehen, sind längst aufgebrochen. Wer kommt mit?

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