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Die Kunst als Lagerfeuer

Über die Bedeutung von Kulturorten.

Von Torsten Krug

In meiner Eigenschaft als Jurymitglied für den Deutschen Kinderhörspielpreis der ARD und der Film- und Medienstiftung NRW durfte ich vergangene Woche wieder zu den jährlichen Hörspieltagen nach Karlsruhe reisen und dort Erstaunliches erleben: Viele Menschen sitzen in einem Raum und hören gemeinsam ein Hörspiel. Danach lauschen sie der Diskussion der Jury (einer anderen, nicht der meinen) und den Gesprächen mit Macherinnen und Machern. Ich sitze dann da und frage mich: Hättest du das zu Hause, am Laptop oder live im Radio auch so gehört? Abgesehen von den Diskussionen natürlich: Hätte Dich diese Arbeit so erreicht wie hier und jetzt in diesem abgedunkelten Saal im Zentrum für Kunst und Medien in Karlsruhe?

Torsten Krug - Foto: Andreas Fischer
Torsten Krug - Foto: Andreas Fischer

Die Rolle von Kunst und Kultur als Lagerfeuer, an dem wir zueinander finden, an dem wir uns Geschichten erzählen, uns zuhören, ab und zu sinnierend ins Feuer blicken und die Ewigkeit oder unser aller Vergänglichkeit spüren – diese uralte Rolle wird heute, meine ich, immer wichtiger. Im gemeinschaftlichen Erleben kann ich so sehr bei mir sein wie selten, und teile dieses „bei mir Sein“ gleichzeitig mit mir unbekannten Menschen. Während die Schauspielerin einen Satz sagt, der in mir etwas an seinen einzig richtigen Platz fallen lässt, beobachte ich einen anderen Menschen, wie er vor mir sitzt, die Wangen in die Hände stützt, die Ellbogen auf den Knien, die Augen geschlossen. Ich bin Teil einer menschlichen Wahrnehmung, atme die Reaktionen im Raum, teile, was nicht nur mich, sondern offenbar viele betrifft.

Szenenwechsel: Die Eröffnung der Duisburger Filmwoche, ebenso vergangener Woche. Nach einleitenden Reden der erste Film: „Hambi – Der Kampf um den Hambacher Wald“ (aktuell zu sehen in der ZDF Mediathek). Vor über einem Jahr habe ich eine Kolumne rund um diese kreative Besetzung eines Restwaldes geschrieben, darin vorkommend ein Videoschnipsel, den man bis heute auf YouTube sehen kann: Eine junge Frau, eben von der Polizei gewaltsam von den Bäumen gepflückt, festgenommen, richtet unter Tränen einen Appell an alle und spricht von der „besten Zeit ihres Lebens“. Jetzt plötzlich taucht diese Szene aus anderer Perspektive auf der Kinoleinwand auf. Und ich sitze da, mit 192 anderen Menschen, die sich berühren lassen, die diese Bilder aggressiv machen, die sich fragen, was das für eine Welt ist. Und wieder frage ich mich: Was ist der Unterschied? Auch an meinem Laptop zu Hause, allein, kann ich zutiefst berührt, aufgerüttelt sein. Doch hier bin ich Teil einer Gemeinschaft, die – bewusst oder unbewusst – in jeder Sekunde über ihre Werte verhandelt, sich justiert, wächst, Lebensräume öffnet. Nach dem Film blicke ich Einigen in die Augen oder sehe, wie sie schnell weg wollen: Zu sehr beschäftigt sie etwas, wollen sie verarbeiten, was sie soeben erschüttert hat. Im grellen Licht der Realität ducken sie sich weg und verschwinden in die Nacht unter Straßenlaternen.

In Zeiten des Internets, in denen uns nahezu alles im großen Archiv verfügbar ist, möchte ich hinaus in die Stadt, zu den anderen. Ich möchte wissen, was sie denken und fühlen. Ich möchte Teil einer Gemeinschaft sein, die darüber entscheidet, wie es weiter geht. Dafür brauchen wir Kulturorte, Inseln, mehr denn je. Eine Stadt, eine Gesellschaft, die diesen Sehnsüchten keinen Raum gibt, stirbt. Diktaturen wissen darum und schätzen das. Wuppertal hat diese Räume. Hier kommen wir zu uns.

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